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Nichts bleibt verborgen

Nichts bleibt verborgen

Titel: Nichts bleibt verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Krueger
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dann solltet ihr Torkelsen mal umgehend auf den Zahn fühlen«, sagte die Dezernatsleiterin.
    »Wird gemacht«, entgegnete Ohlsen und bedankte sich im Stillen bei Alexander für den guten Tipp.

Kapitel 20
    Sie fuhren auf der E6 in Richtung Jessheim, wo Torkelsen angeblich auf einem heruntergewirtschafteten Bauernhof lebte. Frisch gefallener Schnee hatte die Landschaft mit einer dünnen weißen Decke überzogen. Jetzt blinkte erstmals die Sonne durch die Wolken und ließ die Schneeflächen grell aufleuchten. Wie auf Kommando griffen beide Kommissare zu ihren Sonnenbrillen.
    »Man könnte glauben, wir fahren zusammen in den Skiurlaub«, sagte Ohlsen.
    »Gott bewahre«, entgegnete Gustavsen. »Der einzige Sport, den ich mir unter Umständen vorstellen könnte, wäre Dart.«
    »Hast du’s schon mal versucht?«
    »Ja, in einer Kneipe mit meinem Schwager. Aber die Scheibe war entschieden zu klein.«
    »In fünfzig Metern rechts abbiegen«, sagte die Stimme des Navigationssystems.
    Ohlsen setzte den Blinker und gehorchte. Sie hielten sich für ein paar Minuten auf einer schnurgeraden Landstraße, ehe sie erneut abbogen und über einen unebenen Feldweg rumpelten.
    »Da vorne, das muss er sein«, sagte Ohlsen, als kurz darauf ein düsterer, mit grauen Schindeln gedeckter Bauernhof, der einsam und verlassen in der Landschaft stand, in den Blick kam. Dass der Hof schon lange nicht mehr bewirtschaftet wurde, sah man sofort. Die Zäune, die ihn von den umliegenden Weiden trennten, waren teils ramponiert, teils gar nicht mehr vorhanden. Aus der Wand eines Stalls waren einige Latten herausgebrochen. Ein klappriger Ford Fiesta stand auf dem Vorplatz. Ohlsen stellte seinen Volvo daneben ab.
    Die beiden Polizeibeamten steckten ihre Sonnenbrillen ein und stiegen aus. Sie gingen zum Eingang und drückten auf die Klingel, die einen altersschwachen Laut von sich gab. Niemand öffnete. Zweiter Versuch. Absolute Stille. Gustavsen hielt sein Ohr an die Tür und lauschte. Dann schüttelte den Kopf. »Ich glaube, wir sind umsonst gekommen.«
    »Abwarten«, sagte Ohlsen und ließ seinen Blick über den Hof schweifen.
    Sie schlenderten zu einer verfallenen Scheune und zogen das knarrende Tor auf. Der muffige Geruch von verfaultem Stroh schlug ihnen entgegen. Ohlsen machte zwei Schritte in das Zwielicht hinein und wandte sich nach rechts, als sich plötzlich ein harter Gegenstand in seinen Rücken bohrte. Er wusste sofort, dass es ein Gewehrlauf war.
    »Was wollt ihr hier?«, raunzte eine wohlbekannte raue Stimme.
    »Mit Ihnen reden«, antwortete Ohlsen mit erzwungener Ruhe. »Nehmen Sie das Gewehr runter, Torkelsen, oder haben Sie Sehnsucht nach Ihrer Zelle?«
    »Wer zum Teufel …« Torkelsen schien zu ahnen, dass er einen Fehler gemacht hatte, und ließ die Schrotflinte sinken.
    »Kripo Oslo.« Gustavsen zückte seinen Dienstausweis. »Sie erinnern sich doch bestimmt an Hauptkommissar Ohlsen.« Der Hauptkommissar drehte sich zu Torkelsen um, der ein paar Sekunden zu brauchen schien, um seine Erinnerung zu sortieren. Er kniff seine Augen zusammen, fuhr sich mit einer Hand über seinen stoppeligen Bart und öffnete ein wenig seine rissigen Lippen. »So sieht man sich wieder …« Er nickte und stieß hörbar die Luft aus. »Sorry für den Empfang«, fuhr er ohne das geringste Anzeichen eines Bedauern fort, »aber man kann in dieser Gegend nicht vorsichtig genug sein.«
    Sie traten ins Freie. Auch für Ohlsen, der den notorischen Brandstifter einst festgenommen hatte, war es das erste Wiedersehen nach vielen Jahren. Torkelsens misstrauische Schweinsäuglein hatten sich im Laufe der Zeit noch tiefer in ihre Höhlen verkrochen. Zwei senkrechte Furchen zerteilten sein Gesicht, an seinen Mundwinkeln schienen unsichtbare Gewichte zu hängen. Sein Teint sah gelblich und ungesund aus.
    »Fühlen Sie sich etwa verfolgt?«, fragte der Hauptkommissar.
    »Den Leuten in dieser Gegend gefällt es nicht, dass ich hier wohne. Besonders die jungen Kerle trauen sich was.« Er spuckte verächtlich aus. »Neulich haben die mir eine Scheibe eingeworfen.« Er zeigte auf ein Fenster im ersten Stock, das von einem Klebeband notdürftig zusammengehalten wurde. »Aber die sollen sich verdammt noch mal vorsehen.«
    »Herr Torkelsen, können Sie uns sagen, wo Sie in der Nacht vom 4. zum 5. November waren?«
    »In der Nacht?« Torkelsen lachte bitter auf. »Da war ich hier auf dem Hof, so wie jede Nacht. Oder glauben Sie etwa, ich gehe zum Kartenspielen ins

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