Nichts bleibt verborgen
aussehen tut’s ja nicht gerade.«
»Stimmt genau, da kannst du als Nachwuchsermittler mal sehen, wie sehr der erste Eindruck täuschen kann.«
»Das sagt der Richtige.«
»Vergiss jetzt mal das Armband. Bei Ermittlungen geht es prinzipiell darum, den wahrscheinlichsten Ablauf des Tathergangs zu rekonstruieren, und zwar mittels Indizien und Beweisen. Außerdem muss man die möglichen Motive eines Verdächtigen ergrün den.«
»Und was sollte Magnus für ein Motiv haben?«
»Jugendlicher Übermut, Geltungsdrang, Einsamkeit, Langeweile, solche Sachen.«
»Und was ist mit Torkelsen?«
»Wieso Torkelsen?«
»Na, dieser Brandstifter, von dem du mir neulich beim Joggen erzählt hast. Der hat doch alle Orte abfackelt, an die er schlimme Kindheitserinnerungen hatte.«
»Ich muss schon sagen, du hast wirklich ein außergewöhnlich gutes Gedächtnis. Aber worauf willst du hinaus?«
»Der ist doch erst neulich aus dem Knast entlassen worden. Hast du schon überprüft, auf welche Schule der Typ gegangen ist?«
»Klar, bin ja nicht von vorgestern.«
»Und?«
Statt zu antworteten, trank Ohlsen einen Schluck Wein und drehte seelenruhig ein paar Spaghetti um seine Gabel.
»Jetzt sag schon.«
»Auf die Elisenbergschule.«
Alexander breitete lachend die Arme aus. »Dann kommt doch genauso gut dieser Torkelsen infrage.«
Ohlsen winkte ab. »Glaub ich nicht.«
»Und warum nicht?«
»Weil Torkelsen gleich die ganze Schule abgefackelt hätte.«
»Woher willst du das wissen?«
»Das sagt mir meine Nase.«
»Dieser Zinken?«
»Vorsicht!«
»Ich dachte, es ginge nicht um Nasen, sondern um Motive, Indizien und Beweise.«
So kabbelten sie sich noch eine ganze Weile, und Alexander dachte, dass eine Männer- WG zweier Ermittler doch eine großartige Sache war. Den abgebrannten Schuppen, in dem sich eine Leiche befunden hatte, betrachtete er von nun an als ihren gemeinsamen Fall.
Wollen doch mal sehen, dachte er, wer hier den besseren Riecher hat.
Kapitel 18
Mit einem dumpfen Klack flog ein einzelner Pin zur Seite. Neun Kegel blieben unbeeindruckt von Elias’ Bowlingkünsten stehen. Auf der elektronischen Anzeige erschien die Zeichentrickfigur eines rothaarigen Jungen, der traurig den Kopf schüttelte.
Håkon brach in frenetischen Beifall aus. »Super, Kumpel, mach uns fertig!«
Elias ignorierte den Spott seines Freundes, griff sich eine knallrote Kugel und strich konzentriert über deren glatte Oberfläche. Dann nahm er zwei Schritte Anlauf, holte weit aus, vergaß jedoch, in die Knie zu gehen. Die Kugel schlug krachend auf der lackierten Holzbahn auf und kullerte ein wenig am linken Rand entlang, ehe sie in die Rinne plumpste. Die Comicfigur auf dem Monitor raufte sich die Haare.
Jetzt fielen auch Lukas und Alexander in Håkons Jubel ein, während Franziska sich bereits auf ihren Wurf vorbereitete.
»Vielleicht sollte ich mir die Kugeln besser aussuchen«, sagte Elias, als er sich neben Lukas auf den Sitz fallen ließ. »Hätte fast die Finger nicht mehr rausgekriegt.«
»Was passiert eigentlich, wenn man die Finger nicht rechtzeitig rauskriegt?«, fragte Lukas und nippte an seiner Cola.
»Ist ja wohl klar, dann fliegst du mit der Kugel über die Bahn«, antwortete Håkon grinsend. »Und … strike!«
Franziska hatte sich inzwischen ihre Lieblingskugel geschnappt, die aussah, als wäre sie aus grünem Marmor. Für zwei, drei Sekunden stellte sie sich kerzengerade hin, drückte den Rücken durch und die Fersen gegeneinander. So hatte sie das bei den Profis beobachtet. Dann machte sie vier schnelle Schritte, ging elegant in die Knie und schickte die Kugel auf die Reise. Diese beschrieb eine formvollendete Kurve, die jeden Mathelehrer entzückt hätte, und räumte Sekunden später sämtliche Pins ab.
STRIKE !!! blinkte es auf dem Monitor, worauf die Comicfigur einen Luftsprung machte. Franziska schlenderte lässig zu ihrem Platz zurück und warf den anderen einen koketten Na-Jungs-wie-war-ich-Blick zu.
Alexander schaute bewundernd zu ihr auf, als Elias plötzlich sagte: »Wusstet ihr eigentlich, dass Bowling nur erfunden wurde, weil in Amerika früher das Kegeln verboten war?«
Vierfaches Kopfschütteln. Natürlich wusste das keiner. So was war sozusagen typisches Elias-Wissen. Alles, was in der Schule verlangt wurde, gehörte definitiv nicht dazu. Gleichungen mit mehreren Unbekannten oder unregelmäßige Verben waren also kein Elias-Wissen. Doch wenn niemand damit rechnete, brillierte er plötzlich mit
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