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Nichts gegen Engländer

Nichts gegen Engländer

Titel: Nichts gegen Engländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Sotscheck
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Jahrhundert als seine
Privatresidenz nach der Invasion Englands auswählte.
    Gar
nicht weit von der Eurotunneleinfahrt führt an den Shakespeare-Klippen in Dover
ein weiterer Tunnel unter den Ärmelkanal, endet jedoch abrupt nach anderthalb
Kilometern. Es war Baumeister William Low, der das ambitionierte Projekt 1867
begonnen hatte. Manchen war der Ärmelkanal dagegen schon damals zu schmal. So
antwortete Lord Palmerston 1867, als ihn der französische Bauingenieur Thome de
Gamond um eine finanzielle Beteiligung am Tunnelprojekt bat: »Was! Sie wollen,
dass ich mich an einem Unternehmen beteilige, das eine Entfernung noch weiter
verkürzen soll, die für uns ohnehin schon zu kurz ist?« Fünfzehn Jahre später
warnte die Sunday
Times, dass nach dem Bau eines Kanaltunnels »Nihilisten und
Internationalisten« ins Vereinigte Königreich einfallen würden. Im selben Jahr
blies Königin Viktoria das Unternehmen ab. Die englischen Armeeoffiziere hatten
befürchtet, die französischen Soldaten könnten durch den Tunnel nach England
einmarschieren.
    Der
Schriftsteller George Orwell stellte fest, wie wenig der normale englische
Soldat über fremde Kulturen wusste, sondern statt dessen seine Vorurteile
pflegte. Das lag auch an Soldatenzeitschriften wie The Gern und The Magnet, in denen ein Frank Richards klischeehafte Geschichten schrieb, in denen
Ausländer stets als komische und merkwürdige Gesellen vorkamen. Orwell hasste
das und schrieb einen kritischen Artikel darüber. Richards, der in Wirklichkeit
Charles Harold St. John Hamilton hieß, antwortete: »Was die komischen Ausländer
betrifft, so muss ich Herrn Orwell leider mitteilen, dass Ausländer tatsächlich
komisch sind. Ihnen fehlt der Sinn für Humor, mit dem unsere auserwählte Nation
gesegnet ist. Und Menschen ohne Sinn für Humor sind immer unbewusst komisch.«
    Doch
selbst die direkten Nachbarn auf den britischen Inseln finden in englischen
Augen keine Gnade. 1997 schrieb der Fernsehkritiker der Sunday Times: »Wales erfreut sich einer großen Bandbreite von Vorurteilen. Wir alle wissen
doch, dass die Waliser geschwätzige Heuchler, unmoralische Lügner,
unterentwickelte, eifernde, finstere, hässliche, streitsüchtige kleine Trolle
sind.« Sie seien eben nur das Kleingeld des Vereinigten Königreiches.
    Die
Schotten gelten als geizig, schwermütig, rauflustig und trunksüchtig.
»Schottland ist sicherlich die Senkgrube der Welt«, sagte ein englischer
Adliger, und Samuel Johnson meinte etwas milder: »Wenn ich Schottland sehe,
sehe ich lediglich ein schlechteres England.« Die Iren brauchten sogar
Jahrhunderte, um von den Engländern überhaupt als Menschen anerkannt zu
werden. In englischen Zeitschriften wurden sie bis weit ins 20. Jahrhundert als
Affen dargestellt, das Magazin Punch behauptete, das fehlende
Bindeglied in der menschlichen Evolution gefunden zu haben: den irischen
Rohling. Noch heute benimmt sich so mancher englische Tourist in Irland entsprechend
diesen Vorurteilen.
    Umgekehrt
ist es immer wieder ein Erlebnis, ein Fußball-Länderspiel mit englischer
Beteiligung in einem walisischen, schottischen oder irischen Pub am Fernseher
zu erleben. Es spielt keine Rolle, gegen wen England spielt - die
Wirtshausbesucher feuern garantiert den Gegner an. Ein Bekannter sagte bei
einer solchen Gelegenheit einmal: »Ich bin neutral bei Spielen des englischen
Teams: Es ist mir vollkommen egal, wer die Engländer schlägt.«
    Die
einzigen Ausländer, die der Engländer mag, sind US-Amerikaner. »Die Engländer
halten Amerikaner für Engländer, die durch ein unglückliches Missverständnis
zu etwas anderem geworden sind«, schreiben Antony Miall und David Milsted in
ihrem Buch »The Xenophobe's Guide To The English«. »Sie wären viel
zufriedener, wenn sie zu Verstand kämen und sich zurückverwandelten. Dann
würden sie auch wieder anständiges Englisch sprechen.«
    Der
britischen Elektrokonzern Hoover wollte die Reiselust und die US-Freundlichkeit
der Engländer ausnutzen. Er ersann eine Werbekampagne, der zunächst Erfolg auf
der ganzen Linie beschieden war: Die Fließbänder in den Fabriken liefen rund um
die Uhr und spuckten einen Staubsauger nach dem anderen aus. Dennoch konnte das
Unternehmen kaum mit den Bestellungen des Einzelhandels mithalten. War
plötzlich eine ganze Nation dem Reinlichkeitswahn verfallen? Nichts
dergleichen: Hoover hatte jedem Kunden, der ein Produkt der Firma für
mindestens hundert Pfund erwarb, zwei Gratis-Flüge in die USA

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