Nichts ist endlich - Miller, K: Nichts ist endlich - The eternal ones - What if love refused to die: Jugendroman
Er ist echt. «
»O Gott.« Haven blickte ihre Mutter an. In diesem Augenblick wurde ihr klar, wie viel Mae Moore hier riskierte.
»Er hat alles aufgeschrieben«, flüsterte Mae. »Jedes Wort von dir. Er hat nie geglaubt, dass mit dir irgendwas nicht stimmt.«
»Und du?«, drängte Haven ihre Mutter. »Glaubst du, mit mir stimmt was nicht?«
Mae Moore sah hinunter auf ihre Hände, die verkrampft in ihrem Schoß lagen. »Nein«, bekannte sie. »Das glaube ich nicht. Und du vielleicht auch nicht mehr, wenn du dir das alles angesehen hast.«
Haven schaute schweigend zu, wie ihre Mutter aufstand, um zu gehen.
»Es tut mir leid, Haven«, sagte Mae, bevor sie das Zimmer verließ. »Ich hätte dir das schon viel früher zeigen sollen.«
Die Tür schloss sich hinter ihr. Havens Blick kehrte zurück zu der Schachtel in ihrem Schoß, und sie nahm sich einen weiteren Packen Papier heraus. Und schon bald kehrte all das zu ihr zurück, was sie versucht hatte zu vergessen.
KAPITEL 10
[Briefentwurf vom 7. Dezember 2001]
An die Ouroboros-Gesellschaft
17 Gramercy Park South
New York, NY 10003
Sehr geehrte Damen und Herren,
Zuallererst möchte ich erklären, dass ich christlich erzogen wurde und darum in den ersten achtundzwanzig Jahren meines Lebens nicht allzu oft über das Thema Wiedergeburt nachgedacht habe. Aber ich bin nicht der Typ Mensch, der Dinge ignoriert, die sich direkt vor seiner Nase abspielen.
Schon als sie winzig klein war, erzählte meine Tochter (mittlerweile ist sie neun Jahre alt) immer wieder von jemandem namens Ethan. Das erste Mal habe ich es zufällig mitbekommen, als ich gerade an ihrem Zimmer vorbeiging. Die Tür stand einen Spaltbreit offen, und ich hörte sie flüstern. Ich weiß noch genau, wie sie da zwischen ihren Puppen auf dem Boden saß und mit jemandem redete, den ich nicht sehen konnte. Ihre Augen waren ganz glasig, so als befände sie sich in einer Art Trance. Sie sagte:
»Weißt du noch, wie du mich am Brunnen geküsst hast?«
»Was hast du gesagt?«, fragte ich und Haven zuckte zusammen, als hätte ich sie bei etwas Verbotenem erwischt. »Mit wem redest du denn da?«
»Mit Ethan.«
»Wer von denen ist Ethan?« Ich dachte, sie meinte eine von ihren Puppen. Sie lachte.
»Ethan ist keine Puppe. Er ist echt .«
»Ja, aber wenn er echt ist, wo ist er denn dann?«
»Tot«, antwortete sie.
Wie Sie sich sicherlich vorstellen können, hat mich das ganz schön verwirrt. Aber Haven ist schon immer ein bisschen eigen gewesen, darum dachte ich mir, sie hätte eben einen imaginären Freund, bis ich ihr eines Tages noch mal ein paar Fragen stellte. Das Erste, was sie mir bei dieser Gelegenheit erzählte, war, dass sie diesen Jungen namens Ethan unbedingt finden müsse. Als ich sie fragte, wo er denn ihrer Meinung nach sein könnte, erklärte sie mir voller Überzeugung, er sei in New York. Sie sagte, er warte dort auf sie, und als sie weiterredete, merkte ich, dass sie eine ganze Menge Dinge wusste, die sie eigentlich gar nicht wissen konnte, wie zum Beispiel die Namen von verschiedenen Bezirken in Manhattan. Niemand aus unserer Familie war jemals auch nur in der Nähe Ihrer Stadt, aber als ich mir im Internet eine Karte ansah, wurde mir klar, dass sie mit allem recht hatte. Zuerst fragte ich mich, ob sie wohl einfach zu viel ferngesehen hatte. Aber einige der Geschäfte und Restaurants aus ihren Erzählungen gab es schon seit den Zwanzigern nicht mehr. Sie konnte sie also auf keinen Fall aus irgendeiner Fernsehsendung kennen.
Da kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass Haven sich vielleicht an ein vergangenes Leben erinnert. Ich habe die Gespräche mit ihr aufgeschrieben, so gut es ging. Sehr viele hat es bisher allerdings noch nicht gegeben. Haven kann ziemlich stur sein und antwortet nicht immer auf meine Fragen. Aber ich habe angefangen …
An dieser Stelle endete der Text. Der Rest des Briefs fehlte.
[Auf der Rückseite einer Rechnung über neun Dollar von Cope’s Tankstelle und Minisupermarkt notiert]
»Wann hast du deinen Freund Ethan denn kennengelernt?«
»Vor langer Zeit, als ich groß war.«
»Erwachsen, meinst du?«
»Ja.«
»Und wo hast du ihn kennengelernt?«
»Auf der Piazza Navona.«
»Ist das in Italien?«
»In Rom. Ich hatte mich verlaufen. Meine Mutter und ich haben uns die Brunnen angeguckt und dann hab ich den Weg zurück zum Hotel nicht mehr gefunden.«
»Deine Mama Mae?«
»Nein, du Dummi, meine andere Mama. Die von vorher.«
»Wie hieß sie
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