Nichts ist endlich - Miller, K: Nichts ist endlich - The eternal ones - What if love refused to die: Jugendroman
Oberfläche brodeln zu lassen. »Mir ging’s nie besser. Also, wie findest du es?«
Sie riss das Laken von dem bodenlangen Spiegel, damit die kurvige Blondine sich in ihrem neuen Kleid bewundern konnte. Smaragdgrün war nicht gerade die Farbe, die Haven für sie ausgesucht hätte, aber Morgan bekam nun mal immer ihren Willen. Sie hatte ebenfalls auf einem Ausschnitt bestanden, der ein kleines bisschen mehr von ihrem Dekolletee enthüllte, als es bei Abschlussbällen der Blue Mountain Highschool üblich war. Aber für die vierhundert Dollar, die Morgan ihnen zahlte, hätte Haven ihr auch einen paillettenbesetzten Bikini geschneidert.
Ohne auf Morgans Oohs und Aahs einzugehen, warf Haven einen Blick auf ihr eigenes blasses Spiegelbild. Sie hatte sich an diesem Morgen nicht die Mühe gemacht, ihre schwarzen Locken zu bändigen. Die Ringe unter ihren Augen hatten mittlerweile die Farbe einer Aubergine, und die Sommersprossen auf ihrer Nase erinnerten eher an irgendeine seltene Hautkrankheit. Dieses Gesicht hatte sich nie so richtig wie ihr eigenes angefühlt, und jetzt wusste Haven auch, warum. Sie wandte sich zum Fenster und versuchte das Feuer, das noch immer durch ihre Gedanken toste, aus ihrem Kopf zu verbannen. Draußen vor dem Fenster hatten gerade die Kinder aus der benachbarten Grundschule Pause. Haven beobachtete, wie kleine orangefarbene Staubwölkchen aufwirbelten, als sie kreuz und quer über den trockenen Boden flitzten.
»Weißt du was, Beau? Bradley hat gesagt, in Unicoi gibt es einen Typen, der so ist wie du«, hörte sie Morgan sagen.
»Wie ich?«, fragte Beau und steckte noch ein paar Nadeln in die Rückseite des Kleids.
»Na, du weißt schon«, kicherte Morgan. »Homosexuell. Vielleicht solltet ihr zwei mal miteinander ausgehen. Aua! War das eine Nadel?«
»Oh, ja, tut mir leid. Bin abgerutscht«, sagte Beau. »Ich will gerade gar keinen Freund, Morgan. Und selbst wenn, würde ich mir bestimmt keinen in Unicoi suchen. Ich stehe eher auf Männer, die noch alle ihre Zähne im Mund haben.«
»Hat das was mit irgendwelchen Sexspielchen zu tun?«, fragte Morgan anzüglich, als Mrs Buchanan mit einem Kuchentablett, das sie auf einer ihrer plumpen Hände balancierte, das Klassenzimmer betrat.
Früher hatte die Hauswirtschaftsdiva der Blue Mountain Highschool nie besonders viel für Haven und Beau übriggehabt, darum waren sie beide ziemlich überrascht gewesen, als sie ihnen eines Tages nach Schulschluss aus heiterem Himmel den Hauswirtschaftsraum für ihre Anproben anbot. Ihr plötzlicher Sinneswandel fiel mit dem kurzen Aufenthalt ihres Mannes im Krankenhaus von Johnson City zusammen. Sie hatte ihm mit dem Luftgewehr eine Ladung Blei in den Hintern gejagt, nachdem sie ihn bei einem Schäferstündchen mit ihrer Cousine Cheryl erwischt hatte. Ihr Mann erstattete zwar keine Anzeige, aber nachdem Mrs Buchanan einmal selbst Mittelpunkt des Kleinstadttratschs gewesen war, stand sie Menschen wie Haven und Beau etwas nachsichtiger gegenüber – auch wenn keiner von beiden erwartete, dass dieser Stimmungsumschwung von Dauer war.
»Meinst du nicht, dass dieses Kleid ein bisschen gewagt ist, Morgan?« Mrs Buchanan setzte sich hinter ihren Schreibtisch und fing an, den mitgebrachten Kuchen mit zartrosa Zuckerrosen zu dekorieren. »Du kennst ja das Sprichwort: Keiner kauft eine Kuh, wenn er die Milch umsonst bekommt.«
Morgan lächelte die korpulente, züchtig gekleidete Frau gelassen an. »Ach, da sind Sie aber ein bisschen altmodisch, Mrs Buchanan. So was gehört heute nun mal dazu, wenn man nicht will, dass einem der Mann wegläuft.«
»Wir haben es extra schlicht gehalten«, schaltete Haven sich schnell ein, bevor Mrs Buchanan die Gelegenheit hatte, zu verstehen, was Morgan meinte. »Damit Morgan es nach dem Schulabschluss auch noch zur Arbeit anziehen kann.«
Beau kicherte in sich hinein und Morgan blickte verwirrt. »Das kapier ich nicht«, sagte sie. »Ich heirate schließlich Bradley. Wozu brauche ich denn da einen Job?«
»Das war’s, Morgan!«, verkündete Beau und beendete damit abrupt das Gespräch. »Wir nehmen heute Abend nur noch ein paar kleine Änderungen vor, und morgen früh bekommst du dein Kleid.«
»Danke, Leute«, zwitscherte Morgan, während sie hinter dem Wandschirm verschwand, um sich umzuziehen. »Mann, ich bin so froh, dass ihr auch hier zur Schule geht! Alle anderen sind ja so schrecklich normal .« In enger Jeans und Trägertop kam sie wieder hervor. Sie klimperte mit den
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