Nichts ist endlich - Miller, K: Nichts ist endlich - The eternal ones - What if love refused to die: Jugendroman
Rüschenkleidchen, das sie als Blumenkind zur Hochzeit einer Cousine getragen hatte, durch das Haus ihrer Eltern hüpfte. Jedes Mal, wenn sie Verkleiden gespielt hatten, wollte Morgan unbedingt eine Braut sein. Als sie in der vierten Klasse waren, wusste sie bereits, dass sie in ihrem Brautstrauß rosa Pfingstrosen haben wollte, ein Kleid mit einer drei Meter langen Schleppe und einen gutaussehenden Bräutigam, der bereitwillig für alles zahlte, was ihr Herz begehrte.
Über die Jahre hatte Haven begonnen, Mädchen wie Morgan zu verachten – Mädchen, deren Fantasie in einem Kitschroman festzustecken schien. An der Blue Mountain Highschool gab es unzählige von Morgans Sorte. Diese Mädchen übten auf der Rückseite ihres Spiralblocks ihre Unterschrift mit dem Nachnamen ihres zukünftigen Mannes und nahmen an den Computern in der Bibliothek an imaginären Internet-brautpartys teil. Liebe war für sie nicht mehr als ein harmloses Spiel – ein nettes kleines Märchen, das einfach ihrer Unterhaltung diente. Haven hatte diese Mädchen schon immer für ziemlich blöd gehalten. Und jetzt, nach dem Gespräch mit ihrer Mutter, wusste sie, dass so eine Einstellung regelrecht gefährlich sein konnte.
Haven hatte sich immer vorgestellt, dass man bloß seinem Herzen folgen musste, um die große Liebe zu finden. Nie war sie auf die Idee gekommen, dass ein Herz seinen Besitzer fehlleiten könnte. Mae Moore war überzeugt gewesen, ihren Seelenverwandten gefunden zu haben. Und dieser Irrtum hatte beinahe ihr Leben zerstört. Nun lief Haven Gefahr, den Fehler ihrer Mutter zu wiederholen. Sie wusste, dass sie nichts überstürzen durfte – und genau hinsehen musste, bevor sie sich irgendjemandem in die Arme warf.
»Haven!«, rief ihre Großmutter vom unteren Ende der Treppe. »Haven!«
Haven öffnete die Tür und schrie durch den Spalt. »Was?«
»Komm runter! Dr. Tidmore ist am Telefon. Er möchte dich sprechen.«
Haven riss den Hörer des schnurlosen Telefons von der Halterung an der Küchenwand. Die Bilder, die sie auf dem Dachboden gefunden hatte, lagen noch immer auf der Arbeitsplatte, wo sie sie hatte liegen lassen.
»Hallo?«
»Hallo, Haven«, sagte Dr. Tidmore, der für einen Mann Gottes eine Spur zu ungezwungen klang. »Ich hoffe, ich störe dich nicht bei irgendetwas. Ich wollte nur mal hören, wie es meinem Mädchen so geht.«
Haven erschauderte. Als Kind hatte sie es gemocht, wenn er sie so nannte. Mit siebzehn aber fand sie das Ganze langsam etwas befremdlich. »Nein, Sie stören nicht«, erwiderte sie.
»Stimmt irgendwas nicht, Haven?«, wollte Dr. Tidmore wissen. »Du klingst gar nicht nach dir.«
»Mir geht’s gut«, versicherte Haven ihm und legte eine Portion gekünstelte Fröhlichkeit in ihre Stimme.
»Das freut mich zu hören. Ich rufe an, um zu fragen, ob es bei unserem Termin morgen Nachmittag nach der Schule bleibt.«
»Morgen Nachmittag?«, wiederholte Haven, während sie gedankenverloren durch die Bilder vom Dachboden blätterte. Bei einer Zeichnung, die eine Reihe kleiner Häuser zeigte, verharrte sie, und ihr Herz begann schneller zu schlagen. In der Mitte des Bilds war ein weißes Haus mit einer roten Tür zu sehen. Vor den Fenstern im ersten Stock hingen grüne Samtvorhänge.
»Deine Großmutter hat doch mit mir vereinbart, dass wir uns ab jetzt jeden Mittwoch sehen. Der erste Termin ist morgen um vier«, erinnerte Tidmore sie. »Wir wollten über deine Visionen sprechen.«
»Vier«, murmelte Haven geistesabwesend, während sie sich vorbeugte, um das Bild eingehender zu betrachten. Sie war sicher, dass dies das Haus war, in dem Constance Ethan geküsst hatte. Das Haus, in dem sie beide gestorben waren. Haven wusste, dass sie es schon einmal gesehen hatte. Und zwar nicht in einem anderen Leben.
»Haven, bist du noch dran?«, fragte Dr. Tidmore.
»Tut mir leid, Sir«, entschuldigte sich Haven. »Was hatten Sie gerade gefragt?«
»Du musst lernen, besser zuzuhören, bevor du nach New York gehst«, stellte Dr. Tidmore verärgert fest. Dann wurde sein Tonfall wieder etwas sanfter. »Aber gut. Darüber reden wir dann morgen. Also, darf ich dich morgen um vier Uhr in meinem Büro erwarten?«
»Ja, Sir«, sagte Haven. »Dann bis morgen.« Bevor der Pastor die Gelegenheit hatte, noch etwas zu sagen, legte sie auf und rannte nach oben zum Schlafzimmer ihrer Mutter.
Eine Stunde später ging Havens Zimmertür auf.
»Verdammt, Imogene, ich hab dir doch gesagt, dass du klopfen sollst!«,
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