Nichts ist endlich - Miller, K: Nichts ist endlich - The eternal ones - What if love refused to die: Jugendroman
und die untergehende Sonne auf einem purpurroten Gipfel zu balancieren schien. »Warum war diese Frau bei ihm, als er gestorben ist?«
Mae Moore versuchte zu lächeln, aber es gelang ihr nicht. »Auf diese Frage suche ich schon seit langer Zeit eine Antwort«, gestand sie. »Aber es läuft immer wieder auf das Offensichtliche hinaus.«
Haven spürte, wie sich in ihrem Inneren ein Druck aufbaute, als hätte sich ein schweres Gewicht auf ihre Brust gelegt. »Dann hatten sie also wirklich eine Affäre?«
Mae Moore nickte. »Die Leute hatten ja schon eine Weile darüber getratscht, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Weißt du, wenn man jemandem zu nahe ist, kann man manchmal einfach nicht mehr erkennen, was für ein Mensch er wirklich ist. Dein Vater hat mir geschworen, dass er mir immer treu gewesen ist, und ich habe ihm geglaubt. Aber wie es aussieht, hatte er mich die ganze Zeit belogen.«
»Das verstehe ich nicht«, stieß Haven hervor. »Wie konnte er so was tun? Und die ganzen Geschichten, die du mir erzählt hast? Wie ihr euch kennengelernt und geheiratet habt? Du hast geglaubt, ihr zwei wärt füreinander bestimmt gewesen!«
»Ja, diese Geschichten …« Die Falten auf Maes Stirn vertieften sich, und sie schien ein Stück in sich zusammenzusacken, als drückte ihr Kummer sie nieder. »Ich hatte fast gehofft, du hättest sie mittlerweile vergessen. Ich komme mir so dumm vor. Ich habe mich damals wohl ein bisschen hinreißen lassen.«
»Was soll das heißen, hinreißen lassen?« Die Schärfe kehrte in Havens Stimme zurück. »Hast du das alles etwa nur erfunden? Hast du mich angelogen?«
Mae Moore nahm das alles hin, ohne mit der Wimper zu zucken. Haven konnte ihr ansehen, dass sie sich schon seit Jahren auf dieses Gespräch vorbereitet hatte. »Ich habe nicht gelogen. Manchmal, wenn man sehr verliebt ist, dann sind die Tatsachen mehr so etwas wie eine Grundlage, aus der man schöne Geschichten spinnt. Aber das kann gefährlich sein – denn eines Tages, ob es einem nun gefällt oder nicht, muss man die Welt sehen, wie sie wirklich ist. Man findet heraus, dass die Menschen nicht immer so sind, wie man sie gern hätte. Und wenn man für die Wahrheit nicht bereit ist … nun ja, sagen wir, dann kann sie ein ziemlicher Schock sein.«
»Warst du deswegen im Krankenhaus damals?«, fragte Haven.
»Das war kein Krankenhaus, Haven«, erwiderte Mae.
»Ich weiß«, sagte Haven und kratzte an einem Fleck auf der Tischplatte.
»Es tut mir leid. Für dich muss das sehr schwer gewesen sein. Aber vielleicht kannst du zumindest versuchen, mich zu verstehen. Zusammen mit deinem Vater sind all meine Träume gestorben. Alles, an das ich aus tiefstem Herzen geglaubt habe, stellte sich als falsch heraus. Deine Großmutter hat alles getan, um mich zu warnen, aber ich wollte nicht auf sie hören. Ich war jung und dumm, und dafür musste ich teuer bezahlen. Wenn du nicht gewesen wärst, Haven …«
»Also hatte Imogene die ganze Zeit recht, was Daddy anging«, murmelte Haven.
Mae Moore senkte die Stimme und beugte sich über den Tisch zu Haven. »Deine Großmutter hat nicht dieses Alter erreicht, ohne dabei ein oder zwei Dinge zu lernen. Sie sieht die Welt so, wie sie ist. Und ich jetzt auch, schätze ich.«
»Du meinst, du glaubst nicht mehr daran, dass Leute füreinander bestimmt sind?«
Mae lehnte sich wieder zurück und musterte ihre Tochter. Haven spürte, wie ihre Wangen brannten. »Hat deine Frage zufällig etwas mit Ethan zu tun und der Schachtel, die ich dir gegeben habe?«, fragte sie.
Haven antwortete nicht.
»Ich würde unheimlich gern glauben, dass das Schicksal manche Menschen füreinander vorgesehen hat.« Es war, als hätte Mae Moore ihr letztes Fünkchen Hoffnung sorgfältig aufbewahrt, um es nun ihrer Tochter zu schenken. »Und wer weiß? Vielleicht gab es dort draußen ja jemanden für mich – und ich habe ihn bloß nicht gefunden. Aber du solltest dich durch mein Pech nicht vom Suchen abhalten lassen. Du sprichst schon von Ethan, seit du ein kleines Mädchen warst, Haven. Wenn er wirklich irgendwo da draußen ist, dann finde ich, du bist es dir selbst schuldig, eines Tages nach ihm zu suchen.«
KAPITEL 14
H aven setzte sich auf den Boden und lehnte sich an ihre verschlossene Zimmertür. Sie vergrub den Kopf in den Händen, doch sie dachte weder an ihre Mutter noch an Ethan Evans. Stattdessen schweiften ihre Gedanken zu Morgan Murphy, wie sie als Zehnjährige in einem weißen
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