Nichts ist endlich - Miller, K: Nichts ist endlich - The eternal ones - What if love refused to die: Jugendroman
ließ kurz ein Stück blasser Haut aufleuchten. Den ganzen Abend stand dieser Mann nun schon dort und beobachtete ihr Haus vom gegenüberliegenden Eingang aus. Sie hatte sich seit Stunden kaum von der Stelle gerührt.
Wieder wünschte sie, dass Ethan bei ihr wäre. Seit Dr. Stricklands Tod waren ihm die Reporter auf den Fersen, und sie hatten keine Nacht mehr zusammen verbracht. Ethan hatte sie gewarnt, dass die eine oder andere Zeitung vielleicht auch jemanden auf das Haus in den Washington Mews ansetzen würde. Doch irgendetwas sagte ihr, dass der Mann im Hauseingang nicht für die Presse arbeitete.
Im Kopf ging sie noch einmal ihre Checkliste durch. Die Tür unten war verschlossen, die Fenster waren verriegelt. Es gab keinen anderen Weg ins Haus. Sie lehnte sich in dem Stuhl zurück, den sie sich ans Fenster gezogen hatte, und wartete darauf, dass es hell wurde.
KAPITEL 37
D en Großteil des Rückflugs nach New York über tat Haven so, als würde sie schlafen. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken – Zeit, um herauszufinden, wie sie mit all dem, was sie erfahren hatte, umgehen sollte. Und mit heruntergezogener Fensterblende und dem Gesicht im Kissen war es leichter, ihre Tränen zu verbergen.
Für Haven gab es nun keinen Zweifel mehr daran, dass Iain Morrow nicht der Mensch war, den sie sich erhofft hatte. Seine Lügen mochten mit etwas so Unwichtigem wie einem Handy begonnen haben, aber wer wusste schon, wie weit er noch gegangen wäre? Am meisten Angst aber machte ihr nicht, wie leicht Iain die Wahrheit vor ihr hatte geheim halten können, sondern wie bereitwillig sie ihm geglaubt hatte. Sie wusste genau, was ihre Großmutter dazu sagen würde – dass Haven genau wie ihre Mutter sei. Dass die Wollust ihren gesunden Menschenverstand verwirrt habe. Und auf gewisse Weise hätte Imogene damit sogar recht gehabt. Haven war auf dieselben mädchenhaften Fantasien hereingefallen, von denen sich auch Mae Moore hatte verführen lassen – dem Traum von wahrer Liebe und Seelenverwandtschaft, von Glück und Zufriedenheit bis ans Ende ihrer Tage.
Die Visionen von Constances Leben mochten sie zu Iain geführt haben, aber vielleicht war es ja gar nicht Liebe, die sie dort hatte finden sollen. Als das Flugzeug zum Sinkflug durch die Wolken ansetzte, beschloss Haven, weiter nach den Antworten zu suchen, die ihr fehlten. Sie würde sich nicht von einem gebrochenen Herzen davon abhalten lassen.
Es war zwei Uhr nachmittags, als das Flugzeug landete, und drei Uhr, als sie schließlich in dem kleinen Haus in der Nähe des Washington Square Park ankamen. Die Straße war glücklicherweise menschenleer. Iains Fahrer trug ihre Koffer ins Haus und blieb dann an der Tür stehen, um auf weitere Anweisungen zu warten. Iain rannte nach oben ins Schlafzimmer und kehrte nur Augenblicke später mit einer schwarzen Umhängetasche über der Schulter zurück.
»Ich muss eine Weile weg«, informierte er Haven. »Bis zum Abendessen bin ich aber wieder da. Wahrscheinlich ist es keine gute Idee, wenn du in der Zwischenzeit weggehst. James bleibt hier bei dir. Wenn du irgendwas brauchst, sag ihm einfach Bescheid, er kümmert sich drum.«
Der Chauffeur, ein massiger Mann mit einem Bulldoggengesicht, nickte und trat ins Wohnzimmer. Haven suchte verzweifelt nach Worten, um ihrem Entsetzen Luft zu machen.
»Ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst«, zischte sie.
»Vertrau mir«, entgegnete Iain und beugte sich vor, um ihr einen Kuss auf den Kopf zu geben. »Das tust du. Diese Stadt ist gefährlich, und dir geht es nicht gut.«
»Gefährlich? Ich habe zwanzig Jahre lang hier gelebt!«, protestierte Haven.
»Ja, und du bist auch hier gestorben. Das soll nicht wieder passieren. Was, wenn du in Ohnmacht fällst, wenn du allein unterwegs bist? Hast du irgendeine Ahnung, was dir an einem Ort wie Manhattan alles passieren kann?«
»Mir passiert schon nichts!«
»Ganz genau«, erwiderte Iain entschlossen.
Kurz nachdem die Tür hinter Iain ins Schloss gefallen war, setzte sich Haven an den Schreibtisch im Wohnzimmer und klappte den Laptop auf, der dort stand. In den nächsten Minuten fluchte sie gedämpft vor sich hin, während sie so tat, als surfte sie im Internet. James saß auf dem Sofa und starrte auf einen unbestimmten Punkt in der Luft, als versuchte er, ein Tor zu einem anderen Universum zu öffnen. Haven wusste, dass sie einen Plan brauchte. Sie musste hier raus. Schon allein um ihrer geistigen Gesundheit und ihrer Selbstachtung
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