Nichts
ungläubig die Hand. Er greift sie, nicht ohne mich unvermittelt kräftig zu umarmen. Etwas unbeholfen lasse ich diese Zeremonie über mich ergehen.
„Mensch alter Junge! Lass dich anschauen.“, freut er sich ganz offensichtlich mich zu sehen.
Er tritt einen Schritt zurück und mustert mich von oben bis unten - was mir ehrlich gesagt etwas peinlich ist, denn ich muss aussehen wie ein Penner. Zudem komplett eingesaut mit Sand und Gestrüpp.
„Gut siehst du aus. Hast ja mächtig abgenommen! Und…“, er überlegt einen Moment um dann aus Höflichkeit über seinen Schatten zu springen, „…die langen Haare und der Bart stehen dir irgendwie ganz gut.“
„Siehst auch nicht übel aus…, für einen Mittsechziger!“ grinse ich.
Kann es noch immer nicht fassen. Hätte niemals erwartet dem Kerl irgendwann noch mal zu begegnen. Den letzten Kontakt hatten wir vor über einem Jahr in Chicago.
„Wo ist Julie?“, fragt er und dreht sich dabei um die eigene Achse. „Hab’ das gute Mädchen nämlich weit mehr vermisst als dich!“
„Nun… denke wenn ich nicht bald Entwarnung gebe, wird sie dir ein Loch in den Schädel schießen.“, warne ich ihn.
Die Frauen müssten aufgrund des 'Angriffs' längst die Kinder geschnappt und im Haus verschwunden sein. So ist’s besprochen. Beide beherrschen die Ramington 870 und die Ruger 77 mittlerweile recht gut. Die Pumpgun sowie das Leichtgewehr sind hervorragende Waffen um nötigen Respekt einzufordern. Bin mir sicher, dass im Moment beide Gewehre auf George und seine Begleiter gerichtet sind.
Um die zweifelsohne nervösen Finger meiner Mädels zu beruhigen, trete ich etwas zur Seite und winke mit einer ausladenden Handbewegung.
„Alles okay!“, entwarne ich so laut es geht.
„Es ist George… Willson!“
Sa. 06. August 2016 12:58 Uhr
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U nsere überraschend eingeflogenen Gäste sind allesamt begeistert von Julies Gemüseeintopf. Obwohl wir für vier weitere Personen Geschirr- sowie Stuhltechnisch nicht eingerichtet sind, in all der Aufregung hatte ich vorhin den Piloten nicht mitgezählt, finden trotzdem alle auf der Terrasse irgendwo ein bequemes Plätzchen. Die drei jungen Männer teilen sich, völlig unkompliziert, einen Teller und löffeln den Eintopf entweder im Stehen oder auf der Treppe brütend. Wir anderen sitzen wie gewöhnlich am Gartentisch. Ohne großen Appetit. Außer George. Er genießt die kalte Zitronenlimonade in großen Zügen und stellt fest:
„Gut warm hier!“
„Arizona!“, antworte ich knapp.
Wir sind alle irgendwie leicht verlegen. Vor allem aber Julie und Leann. Frauen wollen auf Besucher vorbereitet sein. Etwas frisch machen, Haare richten, schön anziehen und so’n Zeug. Dafür war aber keine Zeit. George ist buchstäblich vom Himmel gefallen und, was die Sache noch schlimmer macht, er selbst kommt daher wie aus dem Ei gepellt. Ein Hahn eben.
Hahn!
George liebte es schon immer, im Rampenlicht zu stehen. Er unterhält Freunde, trifft neue Leute und ist ein charmanter Gesellschafter auch in unüblichen Situationen. Sein Äußeres ist grundsätzlich perfekt, und in Sachen Erscheinungsbild sich selbst und andern gegenüber sehr kritisch. Julie weiß das, weshalb sie sich nun deutlich im Hintergrund hält. George liebt die unverbindliche Unterhaltung mehr als tiefe philosophische Gespräche. Hinter der sorglosen Fassade steckt allerdings ein scharfer Verstand. Ich habe ihn einmal als Exhibitionist kritisiert - und er gab mir Recht. Er hat einen starken, unabhängigen Geist und nimmt nicht gerne Ratschläge an – hält sich für den Besten.
Physiker halt!
Wie schon früher bevorzugt er auch heute saloppe, aber teure Kleidung. So wirkt er, trotz seinem Alter und dem spärlichen, kurzem Haar, immer noch recht sportlich. Zudem trägt er ein fruchtiges Eau de Toilette, was mich alleine schon, mehr als in den Schatten stellt. Er passt alles in allem so gar nicht in eine Welt, von der wir gehört haben, sie würde kollabieren. Auch seine Begleiter. Gut, der Pilot trägt einen olivgrünen Overall, auf dessen Ärmeln und der Brusttasche so etwas wie militärische Symbole aufgestickt sind. Vielleicht auch nur ganz normale Pilotenabzeichen. Kenne mich da nicht aus. Jedenfalls wirkt auch er äußerst gepflegt. Kurzer Haarschnitt, saubere
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