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Nick Adams Stories

Nick Adams Stories

Titel: Nick Adams Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Haut.»
    «Komm, wir holen uns ’ne Flasche Wein, und dann pennen wir uns in einem Rettungsboot aus.»
    «Komm.»
    Sie blieben im Rauchsalon an der Bar stehen, und Nick kaufte eine Flasche Rotwein. Leon lehnte an der Bar. Er wirkte sehr groß in seiner französischen Uniform. Im Rauchsalon waren zwei rauschende Pokerpartien im Gang. Nick hätte gern gespielt, aber nicht am letzten Abend. Alle Welt spielte. Es war rauchig und heiß, weil sämtliche Bullaugen geschlossen und abgedunkelt waren. Nick sah Leon an.
    «Willst du spielen?»
    «Nein. Laß uns den Wein trinken und reden.»
    «Dann nehmen wir lieber zwei Flaschen.»
    Sie gingen mit den zwei Flaschen aus dem stickigen Raum hinaus auf das Deck. Es war nicht schwer, in eines der Rettungsboote zu gelangen, aber Nick hatte Angst, aufs Wasser hinunterzuschauen, als er über die Davits hinauskletterte. Drinnen im Boot bauten sie sich eine Rückenlehne aus Schwimmwesten, die sie gegen die Ducht lehnten, und machten es sich bequem. Es war ein Gefühl, als schwebte man zwischen Himmel und Meer. Als wären sie nicht mehr an Bord des großen, vibrierenden Schiffes.
    «Schön ist das», sagte Nick.
    «Ich schlafe jede Nacht in einem von den Dingern.»
    «Da hätte ich Angst vor dem Schlafwandeln», sagte Nick. Er entkorkte gerade eine Flasche. «Ich schlafe an Deck.» Er reichte Leon die Flasche.
    «Behalt sie», sagte der Pole. «Mach mir die andere auf.»
    «Nimm doch», sagte Nick. Er zog den Kork aus der zweiten Flasche und ließ sie im Dunkeln gegen die von Leon klirren. Sie tranken.
    «In Frankreich wirst du ’n besseren Wein kriegen», sagte Leon.
    «Ich komme nicht nach Frankreich.»
    «Ach ja, hab ich ganz vergessen. Ich wollte, wir kämen zum gleichen Haufen.»
    «Ich würde nicht viel taugen», sagte Nick. Er blickte über den Bootsrand auf das dunkle Wasser unter ihnen. Er hatte sich gefürchtet, über die Davits hinauszuklettern.
    «Ich bin gespannt, ob ich Angst haben werde», sagte er.
    «Nein», sagte Leon. «Glaub ich nicht.»
    «Wird ja Spaß machen, all die Flugzeuge zu sehen und so.»
    «Ja», sagte Leon. «Sobald ich mich versetzen lassen kann, geh ich zur Fliegerei.»
    «Also, das könnte ich nicht.»
    «Warum nicht?»
    «Ich weiß nicht.»
    «Das mit der Angst, da mußt du einfach nicht daran denken.»
    «Tu ich auch nicht. Nein, wirklich, da mach ich mir keine Gedanken darüber. Ich komme nur darauf, weil ich eben so ein komisches Gefühl hatte, beim Rausklettern ins Boot.»
    Leon legte sich auf die Seite, die Flasche senkrecht neben seinem Kopf.
    «Wir brauchen uns keine Gedanken darum zu machen, ob wir Angst haben werden», sagte er. «Wir sind nicht von der Sorte.»
    «Der Carper, der hat Angst», sagte Nick.
    «Ja. Galinski hat’s mir gesagt.»
    «Deswegen haben sie ihn nach Hause geschickt. Deswegen ist er die ganze Zeit besoffen.»
    «Er ist anders als wir», sagte Leon. «Weißt du, Nick, du und ich, wir haben irgendwas in uns …»
    «Ich weiß. Ich spür das auch. Andere Leute, die können fallen, aber ich nicht. Das spür ich ganz stark.»
    «Das ist es, ja. Das, was wir in uns haben.»
    «Ich wollte in die kanadische Armee, aber sie haben mich nicht genommen.»
    «Ich weiß. Hast du mir erzählt.»
    Sie tranken. Nick legte sich zurück und betrachtete die Rauchwolke des Schornsteins gegen den Himmel. Der Himmel begann heller zu werden. Vielleicht ging der Mond bald auf.
    «Hast du ein Mädchen, Leon?»
    «Nein.»
    «Überhaupt kein Mädchen?»
    «Nein.»
    «Ich hab ein Mädchen», sagte Nick.
    «Lebt ihr zusammen?»
    «Wir sind verlobt.»
    «Ich hab noch nie mit einem Mädchen geschlafen.»
    «Ich schon. Im Puff.»
    Leon nahm einen Schluck. Steil und schwarz stand die Flasche über seinem Mund gegen den Himmel.
    «Das meine ich nicht. Das hab ich auch schon. Da mach ich mir nichts daraus. Ich meine, die ganze Nacht mit einer schlafen, die du liebst.»
    «Mein Mädchen hätte mit mir geschlafen.»
    «Klar. Wenn sie dich liebt, dann würde sie mit dir schlafen.»
    «Wir wollen heiraten.»

«Nick saß an die Mauer gelehnt …»
    Nick saß an die Mauer der Kirche gelehnt, wohin man ihn geschleift hatte, damit er aus dem Bereich des Maschinengewehrfeuers auf der Straße heraus war. Beide Beine unbeholfen von sich gestreckt. Er war ins Rückgrat getroffen worden. Sein Gesicht war verschwitzt und schmutzig. Die Sonne schien ihm ins Gesicht. Es war ein sehr heißer Tag. Rinaldi lag breitschultrig, seine Ausrüstung um sich verstreut, das

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