Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
Two, die neben dem
Jungen hinter mir stand, war sauer wegen der Bemerkung des Kassierers und auf mich, weil ich ihr zugestimmt hatte. »Seht euch bloß sein Gesicht an, Jungs!« flüsterte sie laut. »Was hat Sie gebissen, Mister?« Der Junge lachte schallend.
Daddy war offenbar recht großzügig, auch wenn sie das Gegenteil behauptete. Ich sah einen dicken Packen Dollarscheine und genügend Karten für eine Partie Whist. Die beiden anderen jungen Leute hinter mir hatten die Arme voller Bierdosen aus dem Kühlschrank und kicherten. Ich verließ den Verkaufsraum.
Unsere Wagen standen sich an den Zapfsäulen
gegenüber. Am Steuer des Cherokee saß der zweite junge Mann, der mit dem Tanken fertig war und jetzt den Takt zu irgendwelchem Scheiß schlug, der von einer CD kam.
Kelly lag auf dem Rücksitz. Ich trat an ihr Fenster, duckte mich und klopfte dann an die Scheibe. Als Kelly 392
sich aufsetzte, hielt ich ihre Coladose hoch.
Die jungen Leute kamen aus dem Verkaufsraum.
Clueless Two war noch immer sauer. »Verdammtes
Arschloch!« hörte ich sie kreischen, als die drei einstiegen. »Meinst du das schwarze Arschloch oder das weiße?« fragte ihre Freundin, bevor sie laut lachend die Türen zuknallten.
Ich setzte mich ans Steuer und fuhr den Dodge zur Seite, um den Reifendruck zu prüfen. Die drei erzählten ihre Story jetzt dem Fahrer, und ich sah, wie sich alle darüber aufregten. Die Jungs mußten beweisen, wie hart sie waren, und den Mädchen gefiel es nicht, daß sich jemand vor ihren Verehrern über sie amüsiert hatte.
Drüben in dem Grand Cherokee war die Luft jetzt sicher hormongeschwängert.
Als der Geländewagen aus der Tankstelle fuhr,
erfaßten mich die Scheinwerfer, wie ich mit Kelly schwatzte, während ich den Reifendruck prüfte. Der Fahrer nahm den Fuß vom Gas, und alle sahen zu uns herüber. Clueless One schien eine witzige Bemerkung über mein Aussehen gemacht zu haben, denn sie lachten alle, und der Junge am Steuer zeigte mir den
Stinkefinger, um vor den Mädchen gut dazustehen, bevor er in die Dunkelheit davonrauschte.
Ich wartete eine Minute, bevor ich zurückstieß und hinterherfuhr.
Ich wollte es nicht auf der Interstate machen, wenn sich das vermeiden ließ. Aber vermutlich würden sie
irgendwann von der Autobahn abbiegen, um ihr Bier 393
außer Sichtweite der Verkehrspolizei trinken und
vielleicht ein paar Decken auf dem Boden ausbreiten zu können.
Nach etwa fünf Meilen folgte ich dem großen Jeep auf eine mit Schlaglöchern übersäte Makadamstraße, die geradewegs ins Nichts zu führen schien.
»Kelly, siehst du den Wagen dort vorn? Ich muß ihn anhalten und die Leute etwas fragen. Du bleibst
inzwischen im Auto, okay?«
»Okay.« Sie interessierte sich mehr für ihre zweite Coladose.
Ich wollte den Geländewagen nicht von der Straße
abdrängen oder zu sonstigen drastischen Mitteln greifen.
Für den Fall, daß ein anderes Auto vorbeikam, mußte das Ganze völlig harmlos wirken.
Wir kamen an einem Laden an der Straße vorbei, der natürlich geschlossen war, passierten einen Lkw-Parkplatz und eine Wohnwagensiedlung, fuhren wieder durch unbebautes Gelände und kamen dann an einem
alleinstehenden Haus vorbei. Ich war schon kurz davor, mein Vorhaben aufzugeben, als sich endlich eine
Gelegenheit bot. Als ein paar hundert Meter vor uns ein Stoppschild auftauchte, gab ich Gas, um den Jeep
einzuholen.
Ich setzte mich links neben den Grand Cherokee. Dann hupte ich kurz, schwenkte mit erhobener Hand den
Autoatlas und grinste dabei freundlich. Alle vier blickten zu mir herüber, und da ich meine Innenbeleuchtung eingeschaltet hatte, sahen sie erst mich und dann Kelly, die hinten döste. Ihre sorgenvollen Mienen
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verschwanden, als sie das weiße Arschloch erkannten.
Jemand machte eine witzige Bemerkung, und sie setzten ihre rasch versteckten Bierdosen wieder an die Lippen.
Beide Wagen hielten, und ich stieg aus. Die Grillen waren hier viel lauter als an der Tankstelle. Ich lächelte weiter freundlich, als ich zu dem Jeep ging. Der
Autoatlas in meiner Hand enthielt nur Karten von
Washington und Umgebung, aber das konnten sie nicht wissen, und wenn sie Lunte rochen, war es längst zu spät.
Der Fahrer sagte etwas, das allgemeine Heiterkeit auslöste; vermutlich hatte er laut überlegt, ob er anfahren sollte, sobald ich die Tür erreichte.
»Hi!« sagte ich. »Können Sie mir vielleicht helfen? Ich möchte nach Raleigh.« Das war ein Ortsname, den ich in North
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