Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
Auftrag geheim blieb.
Ich versuchte also, die Dinge von der positiven Seite zu sehen, obwohl das Wetter nicht dazu beitrug, meine Stimmung zu heben. Das Nieseln, bei dem ich das Hotel verlassen hatte, war jetzt in einen leichten Regen übergegangen. Mit etwas Glück würde die Firma uns bereits heute abend abholen lassen. Kelly würde zu Verwandten gebracht werden, und ich würde nach London zurückfliegen, wo mich eine weitere Unterredung ohne Kaffee und Biskuits erwartete.
In der Tankstelle kaufte ich Getränke und alle möglichen Snacks, damit wir im Zimmer bleiben konnten und uns nicht in der Öffentlichkeit zeigen mußten, und etwas Lesestoff, damit Kelly sich nicht langweilte. Dann ging ich im Regen ins Hotel zurück. Am Cola-Automaten stieg ich die Außentreppe hinauf, wandte mich nach links und klopfte an die Tür.
Während ich sie öffnete, sagte ich: »Ich habe alles mögliche mitgebracht - Süßigkeiten, Sandwiches, Chips und für dich sogar ein Goosebumps-Buch.«
Ich hielt es für besser, einen Haufen Zeug zu kaufen, das sie ablenken konnte, als zu versuchen, sie in den Arm zu nehmen und zu trösten; dabei wäre mir selbst unbehaglich zumute gewesen.
Kelly lag noch genauso auf dem Bett, wie ich sie verlassen hatte: Sie starrte mit glanzlosem Blick in Richtung Fernseher, ohne wirklich wahrzunehmen, was über den Bildschirm lief.
Während ich die Sachen auf das andere Bett legte, sagte ich: »Okay, was du jetzt brauchst, ist ein schönes heißes Bad. Siehst du, ich habe dir sogar ein Schaumbad der Marke Buzz Lightyear mitgebracht.«
Auf diese Weise war sie beschäftigt, und ein entspannendes Bad würde vielleicht sogar dazu beitragen, ihre gegenwärtige Starre zu lösen. Außerdem würde es bei der Übergabe an die Firma beweisen, daß ich mich um die Kleine bemüht hatte, um sie gepflegt und sauber abliefern zu können. Schließlich war sie die Tochter eines Kumpels.
Ich ließ ihr Badewasser einlaufen und rief ins Zimmer hinaus: »Komm, zieh dich schon mal aus!«
Sie gab keine Antwort. Ich ging ins Zimmer zurück, setzte mich auf die Bettkante und fing an, sie auszuziehen. Ich hatte befürchtet, sie würde sich sträuben, aber sie saß untätig da, während ich ihr Jeanshemd und Unterhemd über den Kopf zog. »So, deine Jeans kannst du selbst ausziehen.« Kelly war erst sieben, aber es wäre mir peinlich gewesen, ihr dabei zu helfen. »Komm, zieh den Reißverschluß auf.« Zuletzt mußte ich es doch selbst machen, weil sie völlig untätig auf der Bettkante hockte.
Ich trug sie ins Bad. Der gute alte Buzz hatte seine Schuldigkeit getan, und der Schaum reichte halb bis zur Decke. Ich prüfte die Wassertemperatur, bevor ich Kelly in die Wanne hob. Sie setzte sich wortlos hin.
»Seife und Shampoo sind reichlich da«, sagte ich. »Soll ich dir beim Haarewaschen helfen?«
Sie saß stocksteif in der Badewanne. Ich gab ihr die Seife, die sie jedoch nur anstarrte.
Inzwischen war es fast wieder Zeit, London anzurufen. Zumindest würde ich nicht wieder zur Telefonzelle gehen müssen; in der Badewanne war Kelly außer Hörweite. Sicherheitshalber ließ ich den Fernseher eingeschaltet.
Im Fernsehen lief eine eigenartige Serie, die ich wunderbar fand - mit vier Kerlen in Jeans, halb Menschen, halb Haie, die Ausdrücke wie »Fin-tastic!« und »Shark-time!« benutzten und anderen Leuten offenbar nicht in den Hintern, sondern in ihre Rückenflossen traten. The Street Sharks. Während der Nachspann lief, rief ich London an.
Ich hörte sofort: »Ihre PIN bitte.«
Ich gab sie an. »Augenblick«, sagte die Frauenstimme.
Sekunden später wurde die Verbindung unterbrochen.
Das war seltsam. Ich gab nochmals meine PIN an und wurde erneut abgeschnitten.
Was zum Teufel hatte das zu bedeuten? Ich versuchte mir einzureden, das sei lediglich eine technische Panne gewesen. In meinem Innersten wußte ich jedoch, was wirklich geschehen war. Das mußte Absicht gewesen sein. Oder vielleicht war die Verbindung nach Übersee gestört. Es war sinnlos, lange darüber nachzudenken. Ich mußte etwas unternehmen.
Ich ging ins Bad zurück. »Das Telefon funktioniert nicht«, erklärte ich Kelly. »Ich gehe nur kurz zur Telefonzelle hinunter. Brauchen wir noch irgend etwas aus den Läden? Oder paß auf - wir gehen später gemeinsam einkaufen.«
Ihr Blick blieb starr auf die geflieste Wand am Fußende der Wanne gerichtet.
Ich hob sie heraus und wickelte sie in ein flauschiges Badetuch. »Du bist schon ein großes Mädchen. Du
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