Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
Wirklichkeit ungefähr vier Felder weit vorauslas. Ich füllte auch eine Karte für meinen Wagen aus, gab ein erfundenes Kennzeichen aus Virginia an und trug als Anzahl der Insassen zwei Erwachsene und ein Kind ein.
Sie gab mir die Kreditkarte zurück. »Bitte sehr, Mr. Stamford - Sie haben Zimmer zwo-zwo-vier. Wo steht Ihr Wagen?«
»Gleich dort drüben.« Ich deutete vage in Richtung Hotelparkplatz.
»Okay, wenn Sie an dem Aufgang parken, an dem zwei Cola- und Eisautomaten stehen, gehen Sie die Treppe hinauf und haben Nummer zwo-zwo-vier links vor sich. Einen recht schönen Tag noch!«
Ich hätte unser Zimmer beschreiben können, noch bevor ich die Codekarte ins Schloß steckte und die Tür öffnete - Fernseher, zwei Doppelbetten, vier Sessel und die typische Vorliebe amerikanischer Hoteldesigner für dunkle Holzfurniere.
Ich wollte, daß Kelly sich hier rasch heimisch fühlte, damit ich telefonieren konnte. Ich schaltete den Fernseher mit der Fernbedienung ein und suchte die Kanäle ab, weil ich hoffte, irgendwo Nickelodeon zu finden. Schließlich fand ich eine Sendung mit Zeichentrickfilmen. »Ah, den kenne ich, der ist gut - wollen wir ihn uns miteinander ansehen?«
Kelly saß auf dem Bett und starrte mich an. Ihr Gesichtsausdruck ließ erkennen, daß ihr dieser Ausflug nicht sonderlich gefiel, und ich konnte ihr das nicht verübeln.
»Kelly«, sagte ich, »ich lasse dich jetzt für ein paar Minuten allein, weil ich telefonieren muß. Ich bringe auch etwas zu trinken mit. Was willst du? Cola? Mountain Dew? Oder möchtest du etwas Süßes?«
Als sie nicht reagierte, sprach ich einfach weiter. »Ich sperre die Tür ab, und du machst keinem Menschen auf, verstanden? Ich habe den Schlüssel, mit dem ich mir selbst aufschließen kann. Du bleibst hier und siehst dir den Zeichentrickfilm an. Ich bin in spätestens fünf Minuten wieder da.«
Noch immer keine Reaktion. Ich hängte das Schild Bitte nicht stören außen über den Türknopf, überzeugte mich davon, daß ich meine Codekarte für die Zimmertür eingesteckt hatte, und ging.
Ich wollte zu den Telefonzellen, die ich an der Straße gesehen hatte, weil Kelly das Gespräch, das ich führen würde, nicht mithören sollte. Ich verstand nicht viel von Kindern, aber ich wußte noch, daß mir mit sieben Jahren nichts entgangen war, was in unserem Haus passierte. Obwohl Kevs Mobiltelefon vermutlich nicht ohne PIN funktionierte, nahm ich das Telefon aus seiner Jackentasche und schaltete es ein. Als es die PIN verlangte, versuchte ich es mit der üblichen Fabrikeinstellung 0-0-0-0 und dann mit 1-2-3-4. Nichts. Mehr Versuche hatte ich nicht, denn bei vielen Telefonen brauchte man nach drei Falscheingaben eine Super-PIN, die ich erst recht nicht hatte. Ich schaltete es aus und steckte es ein. Vielleicht konnte mir Kelly später dabei helfen.
Ich ging über den Parkplatz zur Straße zurück, wo die Telefonzellen standen. Nachdem ich mir zurechtgelegt hatte, was ich sagen würde, rief ich London an.
In verschleierter Sprache sagte ich: »Ich bin eben mit der Arbeit fertig und jetzt in Washington, um einen alten Freund zu besuchen. Ich habe vor zehn Jahren mit ihm zusammengearbeitet. Er ist hier bei einer staatlichen Dienststelle.« Ich schilderte das entstandene Problem und erläuterte, daß Kelly und ich dringend Hilfe brauchten.
Verschleierte Sprache ist kein Zaubertrick; man versucht nur anzudeuten, was sich ereignet hat, ohne einem zufälligen Lauscher deutliche Hinweise zu geben. Professionelle Abhörer sind dadurch nicht zu täuschen - dafür gibt es Codes. Einmal-Schlüssel und dergleichen mehr. Aber die Firma brauchte nur zu wissen, daß ich in der Scheiße saß, Kevs Tochter hatte und schnellstens Hilfe brauchte.
»Gut, ich gebe Ihre Mitteilung weiter. Haben Sie eine Telefonnummer?«
»Nein. Ich rufe in einer Stunde wieder an.«
»Okay. Goodbye.«
Diese Frauen verblüfften mich jedesmal wieder. Sie regten sich nie über irgend etwas auf. Es mußte Schwerstarbeit sein, an einem Samstagabend ihr Ehemann zu sein.
Ich hängte den Hörer ein und fühlte mich merklich erleichtert, als ich zur benachbarten Tankstelle hinüberschlenderte. Ich wußte, daß die Firma alles in Ordnung bringen würde. Unter Umständen mußte sie in den Staaten ein paar große Gefälligkeiten einfordern, aber wozu hat man schließlich Freunde? London würde alles menschenmögliche tun - nicht so sehr, um mich loszueisen, sondern um sicherzustellen, daß mein gegenwärtiger
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