Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
Rückseite des Gebäudes installiert. Sonstige vorhandene Einbruchsmelder waren vermutlich telefonisch mit der Polizei oder einem Bewachungsunternehmen verbunden.
Ich erreichte das Ende der Ball Street, bog rechts ab und ging ins Hotel zurück.
Unser Zimmer glich einer Sauna. Kellys Haare standen wirr vom Kopf ab, und sie hatte Schlaf in den Augen. Ihr Gesicht war zerknittert und mit Krümeln behaftet, als sei sie eingeschlafen, bevor sie den letzten Keks aufessen konnte.
Als ich meine Einkäufe aufs zweite Bett warf, fragte sie mißmutig: »Wo bist du gewesen?«
»Ich habe Unmengen Zeug mitgebracht.« Ich fing an, in die Tragetaschen zu greifen und die Sachen herauszuziehen. »Ich habe dir ein Buch mit Abenteuergeschichten gekauft, ein paar Malbücher, Buntstifte .«
Ich breitete die Sachen auf dem Bett aus, trat zurück und erwartete ein anerkennendes Wort. Statt dessen musterte sie mich, als sei ich übergeschnappt.
»Die hab’ ich schon ausgemalt.«
Das hatte ich nicht gewußt. Ich hatte angenommen, ein Malbuch sei ein Malbuch. Mir hatte die Aufgabe, Punkte zu einem Bild zu verbinden, richtig Spaß gemacht. »Macht nichts, ich habe Sandwiches und ein Coke mitgebracht, und du mußt jetzt möglichst viel trinken, weil ich die Flasche für etwas brauche.«
»Gehen wir nicht weg, um irgendwo was zu essen?«
»Da drin sind noch mehr Kekse . « Ich deutete auf eine der Tragetüten.
»Ich will keine Kekse mehr. Ich hab’s satt, immer hier drinnen zu sein.«
»Heute müssen wir im Hotel bleiben. Denk daran, im Augenblick suchen Leute nach uns, und ich will nicht, daß sie uns finden. Aber damit ist bald Schluß.«
Scheiße, was ist, wenn sie die Telefonnummer ihrer
Eltern kennt und zu telefonieren anfängt? dachte ich plötzlich. Während Kelly sich ein Glas Cola einschenkte, wobei sie die im Vergleich zu ihr riesige Flasche mit beiden Händen festhielt, beugte ich mich über den Nachttisch zwischen den beiden Betten und zog den Telefonstecker raus.
Ich sah auf meine Armbanduhr. Gleich halb vier; noch über fünf Stunden, bis Pat sich wieder melden würde. Ich wollte meine Kamera installieren. Sie sollte ab morgen früh einsatzbereit sein; vielleicht konnte ich sie sogar anschließend noch eine Stunde arbeiten lassen, bevor es zu dunkel wurde.
Kelly stand auf und sah aus dem Fenster: ein gelangweiltes kleines Mädchen, das sich eingesperrt fühlte.
Ich goß mir ein Glas Cola ein und fragte: »Willst du noch was, bevor ich das Zeug wegkippe? Ich brauche die Flasche.«
Sie schüttelte den Kopf. Ich ging ins Bad, ließ den Inhalt der Flasche ins Waschbecken gluckern und riß das Etikett ab. Mit meiner neuen Schere schnitt ich den obersten Teil ab. Danach trennte ich den Boden ab, so daß ein Zylinder übrigblieb, den ich aufschnitt und flachdrückte. Aus diesem Material schnitt ich ein kreisrundes Stück aus, indem ich erst die Ecken des Rechtecks abrundete und dann die Kreisform herausarbeitete. Damit hatte ich mein Einbrecherwerkzeug.
Ich kam ins Zimmer zurück, überprüfte das Zuleitungskabel und machte die Kamera für Netz- oder
Akkubetrieb einsatzbereit.
»Was willst du mit der Kamera, Nick?«
Obwohl ich wider besseres Wissen gehofft hatte, daß Kelly das nicht fragen würde, hatte ich eine Lüge parat. »Ich will einen Videofilm machen, damit du hallo zu Mummy, Daddy und Aida sagen kannst, weil du gejammert hast, daß du dich langweilst. Also, sag schon hallo.«
Ich hob die Kamera ans Auge.
»Hallo, Mommy, Daddy und Aida«, sagte sie in die Kamera. »Wir sind in einem Hotel und warten darauf, daß ich wieder nach Hause darf. Hoffentlich wirst du schnell wieder gesund, Daddy.«
»Erzähl ihnen von deinen neuen Anziehsachen«, forderte ich sie auf.
»O ja!« Sie trat an die Wandnische, die als Kleiderschrank diente. »Das ist mein neuer blauer Mantel. Nick hat mir auch einen rosa Mantel gekauft. Er weiß, daß meine Lieblingsfarben Blau und Rosa sind.«
»Der Film ist gleich aus, Kelly. Du mußt dich jetzt verabschieden.«
Kelly winkte in die Kamera. »Bye, Mommy; bye, Daddy; bye, Aida. Ich liebe euch.«
Sie kam herangehüpft. »Kann ich die Aufnahme sehen?«
Noch eine Lüge. »Ich habe nicht das richtige Verbindungskabel zum Fernseher. Aber ich bin bald wieder mit Pat zusammen; vielleicht kann er mir eines besorgen.«
Sie setzte sich glücklich und zufrieden an den Tisch, auf dem noch ihr Colaglas stand. Sie griff nach den Buntstiften, schlug eines der Malbücher auf und war bald in ein
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