Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
Schuhe waren weiß mit roten Streifen, Als Davy uns erreichte, drehte er sie um und zeigte uns etwas. »Sehen Sie das hier?« Er deutete grinsend auf das Fersenteil der Schuhe, wo zwei kleine Markierungen mit schwarzem Filzschreiber zu sehen waren. »Eines Tages ist Bill mit ein paar seiner Bowlingfreunde hier runtergekommen. Als er seine Schuhe aus der Kiste holen wollte, haben einige seiner Berater dies gesehen.« Er deutete wieder darauf. Auf einem Schuh stand ein L, auf dem anderen ein R.
»Da waren sie nun, wollten über Weltpolitik diskutieren, und seine Mitarbeiter waren plötzlich in Sorge, wie er darauf 551
reagieren würde, dass jemand seine Bowlingschuhe
gekennzeichnet hatte …
Nun, Bill hat sie rausgeholt, und danach hat erst mal Schweigen geherrscht …« Man merkte, dass Davy Boy diese Geschichte schon sehr, sehr oft erzählt hatte, denn die Kunstpausen kamen an den genau richtigen Stellen. »… da stand er nun, der Präsident der Vereinigten Staaten, der mächtigste Mann der Welt, und jemand hatte einen
Filzschreiber genommen und ihm diesen Streich gespielt!
Niemand wusste so recht, wie Bill darauf reagieren würde. Er stand da, sah sich die Schuhe an und fing plötzlich an zu lachen. ›Ich will euch was sagen, Jungs, genau das hab ich gebraucht … diese Dinger können einen echt verwirren, weil sie gar keine richtigen Schuhe sind.‹«
Davy begann zu lachen. Ich war mir nicht sicher, ob seine Geschichte wirklich so witzig war, und Sarah schien es ebenfalls nicht zu wissen. Aber ich folgte Davys Beispiel und fiel in sein Lachen ein. Sarah, die schräg hinter mir stand, lachte ebenfalls mit.
Das Lachen verstummte allmählich, und Davy, der von
unserer Reaktion angetan war, fuhr grinsend fort: »Und deshalb stehen die beiden Buchstaben noch immer drauf.
Angeblich behauptet Bill, dass sie seine Vorbereitungszeit halbieren, sodass ihm mehr Spielzeit bleibt.«
Er wollte die Schuhe zurückstellen. Er wandte sich ab und machte zwei Schritte. Dann war ein dumpfer Schlag zu hören.
Bills Schuhe fielen Davy aus der Hand. Zunächst war kein Blut zu sehen, bis er zusammenbrach und nach vorn aufs Gesicht fiel. Dann strömte es dick und dunkelrot aus seinem Kopf. Ich warf mich herum.
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Sarah stand in vorbildlicher Schussposition da: schräg zu Davy, mit ausgestreckter rechter Hand, in der sie die Pistole mit Schalldämpfer hielt, und mit ihrer linken Hand als Stütze unter dem rechten Handgelenk. Sie wirkte so ruhig und gelassen wie auf dem Schießstand.
»Scheiße, was machst du?«, rief ich entsetzt. Eine dämliche Frage; schließlich sah ich genau, was sie machte.
»Verdammt, wir waren uns darüber einig, dass keiner mehr umgebracht wird!«, sagte ich halb schreiend, halb flüsternd, als sie die Pistole sinken ließ. »Wieso hast du das Scheißding mitgebracht? Wir brauchen keine Waffe!«
Sarah gab keine Antwort; sie schien sich in einer anderen Welt zu befinden, als sie die Pistole gelassen in ihren Hosenbund zurücksteckte.
Diese Sache war außer Kontrolle geraten. Unabhängig
davon, was jetzt noch alles passierte, steckten wir tief in der Scheiße, und ich hatte keine Ahnung, nach wessen Regeln hier gespielt wurde.
Ich bewegte mich in Richtung Tür.
Sie warf mir einen fragenden Blick zu. »Wohin willst du?«
»Ich sperre die Tür ab – oder glaubst du etwa, dass ich alle Welt reinlassen will? Wir sitzen in der Scheiße, Sarah. Weißt du überhaupt, was du getan hast? Damit verhinderst du nichts, sondern machst alles nur noch schlimmer.«
Ich erreichte die Tür und drückte den Knopf im Türgriff hinein, um sie zu verriegeln. Davy war nicht mehr zu helfen, das stand fest. Er gab keinen Ton von sich, und aus seinem Mund quoll dunkles, sauerstoffarmes Blut.
Ich blieb in der Nähe der Tür stehen und schüttelte
ungläubig den Kopf. »Verdammt noch mal, Sarah, wir haben 553
alles unter Kontrolle gehabt. Wir wollten mittags zur Pressekonferenz – hast du das vergessen? Und jetzt dieser Scheiß! Was hast du dir dabei gedacht?«
Sarah kam auf die Tür zu. Ich breitete die Arme aus und verstellte ihr den Weg. »Halt, keinen Schritt weiter! Mit diesem Alleingang ist jetzt Schluss; wir brauchen
Unterstützung von außen. Und du kannst schon mal anfangen, dir eine verdammt gute Geschichte auszudenken!«
Ich zeigte auf Davy, während ich mich nochmals halb zur Tür umdrehte. Warum hatte sie das getan? Ich brauchte ungefähr zwei Sekunden, um den Grund dafür zu erkennen.
Sie hatte
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