Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
mich reingelegt. »Verdammte Schlampe!« Ich wollte mich wieder zu ihr umdrehen.
Im selben Augenblick fühlte ich Schmerzen in meinem
Bauch explodieren. Als ich auf die Knie sank, entwich die Atemluft stoßartig aus meiner Lunge. Ich spürte ein äußerst schmerzhaftes Brennen in der linken Bauchseite.
Meine linke Stirnhälfte knallte aufs Linoleum, dann folgte meine Nase. Vor meinen Augen tanzten Sterne. Im Mund hatte ich einen widerlichen Blutgeschmack. Dies war der erste Schuss, den ich abbekommen hatte.
Sarah konnte ich nicht sehen. Ich war zu sehr damit
beschäftigt, mich in fetaler Haltung zusammenzurollen, während ich versuchte, die Schmerzen unter Kontrolle zu bekommen.
Ich begann wider Willen leise zu stöhnen und drehte dabei langsam, ganz langsam den Kopf zur Seite, um sie zu finden.
Sarah stand über Davy gebeugt. Sein Dienstausweis hing jetzt an der Nylonkordel um ihren Hals; sah jemand nur flüchtig hin, würde er sie für eine Mitarbeiterin des Weißen Hauses 554
halten. Dann umkreisten ihre Slipper Davy auf Zehenspitzen, um nicht in die Blutlache zu treten, und sie zog ihm die Pistole aus dem Halfter und die beiden Reservemagazine aus der Gürteltasche.
Sarah sollte nicht wissen, dass ich noch lebte. Ich lag so still da, wie ich nur konnte, hielt die Augen geschlossen und versuchte mein Stöhnen zu unterdrücken. Aber das gelang mir nicht.
Nach einem Blick auf ihre Uhr sah sie zu mir herüber. Die Waffe hob sich, bis ihre Augen mich über den Schalldämpfer hinweg anvisierten. Zum ersten Mal in meinem Leben
überlegte ich mir, wer mir fehlen würde, und beschloss, mein letzter Gedanke solle Kelly gelten. Ich starrte Sarah an und wartete. Es gab eine Verzögerung, aber keine Gefühlsregung, keine Erklärung. Dann sagte sie: »Du hast jetzt ein Kind.
Hoffentlich lebst du lange genug, um die Kleine wieder zu sehen.« Sie ließ die Pistole sinken und sah nochmals auf die Uhr, als sie an mir vorbeiging.
Der Türknopf wurde gedreht, und die Tür öffnete sich. Ich versuchte zu schreien, brachte aber nicht viel heraus. Der einzige Ton war ein heiseres Krächzen. »Fuck you!«, stieß ich mit schmerzverzerrtem Gesicht hervor. Sarah blickte mit ausdrucksloser Miene auf mich herab.
Nun folgte eine Pause, während sie kontrollierte, ob die Luft rein war; dann wurde die Tür leise geschlossen.
Sie war fort.
Die Schmerzen wurden stärker. Ich sah mich verzweifelt nach einem Alarmknopf oder einem Telefon um, aber mein Sehvermögen verschlechterte sich immer mehr, und ich sah alles nur noch verschwommen. Zwei weitere Attentäter?
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Unsinn, sie war die ganze Zeit die einzige Attentäterin gewesen. Wie zum Teufel hatte mir das entgehen können?
Hier zu einer Kugel zusammengerollt auf dem
Linoleumboden zu liegen, konnte weder mir noch den VIPs nützen. Ich musste irgendwas unternehmen, selbst wenn ich damit keinen Erfolg hatte. Wenn ich dann starb, würde ich wenigstens die Gewissheit haben, mein Bestes versucht zu haben, um mein Versagen wettzumachen.
Vor meinen Augen verschwamm alles immer mehr. Ich
atmete hechelnd, und meine Bauchmuskeln schienen sich von selbst krampfhaft anzuspannen. Ich tastete mit der rechten Hand meinen Bauch ab, entdeckte eine Einschusswunde von der Größe eines Quarters und verstopfte sie mit meinem Daumen. Wenigstens brauchte ich mir keine Sorgen wegen einer Austrittswunde zu machen: Die chinesische Pistole mit Schalldämpfer verschoss Munition mit geringer
Durchschlagskraft. Die Kugel würde noch irgendwo in
meinem Körper stecken.
Ich schleppte mich zur Tür – durch eine Lache aus Davys Blut, die sich langsam über den Fußboden ausbreitete – und wollte mich eben hochziehen, um sie zu öffnen, als sie aufflog und gegen meinen Schädel knallte. Während ich wieder Sterne vor den Augen sah und mich vor Schmerzen erneut
zusammenrollte, bekam ich gerade noch mit, dass mein Körper verhinderte, dass die Tür ganz geöffnet wurde.
Aber jemand wollte mit Gewalt herein. Als man Widerstand spürte, warf man sich mit dem ganzen Gewicht gegen die Tür und stieß sie gewaltsam auf. Ich wurde zur Seite geschoben, bis man hereinkonnte.
Sarah war zurückgekommen. Sie sagte kein Wort, schloss 556
nur die Tür hinter sich. Dann packte sie mich an den Füßen, wobei sie darauf achtete, kein Blut auf ihren Hosenanzug zu bekommen, fing an, mich auf dem Bauch liegend quer durch den Raum zu schleifen, und ächzte dabei vor Anstrengung.
Ich hatte das Gefühl, in meinem Magen
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