Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
werden kann. Welches Kontrollzentrum die Koordinierung übernimmt, hängt davon ab, wo der Vorfall sich ereignet.«
Sarah und ich waren ganz Ohr, während wir die Bildschirme betrachteten – vor allem den, der den Raum für
Pressekonferenzen zeigte. Dort hatte sich nicht viel getan.
Trotzdem behielt ich ihn im Auge.
TC übernahm die weiteren Erklärungen, nachdem er wieder Platz genommen hatte. »›Krise vier‹ käme beispielsweise zum Einsatz, wenn oben ein Sprengsatz hochginge – dann würden der Präsident und die First Lady hier runter in den sicheren Raum gebracht. Der dient zugleich als Luftschutzbunker. Und für VIPs gibt’s dahinter einen hübschen Raum.« Er zeigte auf einen der Bildschirme. »Das ist der Saal für Staatsbankette.
Der ist natürlich schöner.«
Es sah nicht so aus, als sollte dort heute ein Mittagessen serviert werden. Auf dem langen dunklen Holztisch standen nur silberne Kerzenleuchter – alle exakt auf der Mittellinie.
Ansonsten war der Tisch leer. Sarah betrachtete den
Bildschirm, als vergleiche sie Details, die sie aus Abbildungen kannte. Ich dagegen behielt den Raum für Pressekonferenzen im Auge.
»Ist das der Salon für Diplomatenempfänge?« Sarah deutete auf einen Monitor links von mir, auf dem eine hohe
zweiflügelige Tür zu sehen war. Auf dem Bildschirm war auch ein Teil des Hauptkorridors mit den braunen Wandschirmen und dem ERT-Mann zu sehen, der weiter die CNN-Techniker 546
überwachte, die noch immer an ihren Kabeln herummachten.
TC nickte zustimmend. »Genau! Jetzt müssten jeden
Augenblick die Großen Drei auftauchen und dort reingehen.
Vorläufig sind sie noch gegenüber in der Bibliothek.«
Während ich auf den Bildschirm sah und in Abständen von wenigen Sekunden wieder den Raum für Pressekonferenzen kontrollierte, kam unser freundlicher Ober aus dem Salon und schob seinen jetzt leeren Servierwagen auf die Wandschirme zu. Ich konnte mithören, was aus TCs Kopfhörer kam: »Der Kaffee ist da, jetzt brauchen wir bloß noch die Leute, die ihn trinken.« Der ERT-Mann fing an, die CNN-Techniker aus dem Korridor hinter die Wandschirme und zu ihrem
Übertragungswagen zurückzudrängen.
Ich sah wieder zu dem anderen Monitor hinüber. Scheiße!
Bill Gates war im Raum für Pressekonferenzen. Jedenfalls sahen Haar und Brille so aus, wie ich mir den Kerl vorstellte.
Er war eben reingekommen und schien sich bloß mal umsehen zu wollen. Ich brauchte Sarahs Bestätigung, aber sie war durch Davy von mir getrennt, während wir alle hinter TCs Stuhl standen. Ich starrte sie an, damit sie endlich meinen Blick erwiderte. Sagen durfte ich noch nichts, weil ich mich irren konnte. Warum behielt sie diesen Monitor nicht ebenfalls im Auge? Stattdessen konzentrierte sie sich auf einen Bildschirm, der vier Secret-Service-Agenten am anderen Ende des
Hauptkorridors zeigte.
Ich hörte wieder, was aus TCs Kopfhörer kam. »Da sind sie endlich …«
Sekunden später traten die drei Spitzenpolitiker auf den Korridor hinaus und wandten sich der Kamera zu. Sie gingen ziemlich langsam, damit auch Arafat mitkam. Ich kontrollierte 547
wieder, was Bill Gates machte. Er hatte sich hingesetzt und schrieb etwas. Ich starrte wieder zu Sarah hinüber. Los, los, mach schon, sieh mich an, sieh auf den Bildschirm, tu irgendwas! Aber sie hatte nur Augen für die drei Prominenten, denen ihre Berater folgten, die Aktenordner an sich gedrückt hielten und einander zunickten, während sie sich unterhielten.
»Hey, ihr könnt gern mal reinhören, Leute.« TC beugte sich über die Konsole und betätigte einen Kippschalter. Ein Lautsprecher vor uns erwachte zum Leben. Eine sehr schnell, aber ruhig sprechende New Yorker Stimme erteilte über Funk Anweisungen, die ebenso schnell und ruhig bestätigt wurden.
Das Ganze klang wie das Kontrollzentrum in Houston. Vor drei Mikrofonen auf der Konsole leuchteten jetzt kleine rote Tasten. Ich kontrollierte nochmals, was Bill Gates machte. Er hatte sich nicht gerührt.
Die drei – Clinton in der Mitte zwischen Arafat und
Netanjahu – kamen ein kurzes Stück den Korridor entlang.
Noch ein paar Schritte, dann verschwanden sie im Salon.
Ich sah wieder zu Sarah hinüber. Sie schaute auf die grünlich leuchtende Digitaluhr an der Wand links neben der Konsole. Es war 10.57 Uhr; die drei hielten ihren Zeitplan genau ein. »Hey, Sarah, ist das nicht Gatesby? Du weißt schon, der Reporter, den du kennst?« Mir fiel in der Eile nichts anderes ein. Ich zeigte
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