Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
die Bowlingbahn?«
27
Als wir durch die Brandschutztür weitergingen, betraten wir einen ungefähr dreißig Meter langen, weiß gestrichenen Korridor, von dem auf beiden Seiten weiße Türen in etwas tiefer in die Wände hineingesetzten Zargen wegführten. Hier wirkte alles sehr nüchtern und funktional. Erhellt wurde der Korridor durch ein Lichtband an der Decke, in das in regelmäßigen Abständen die kastenförmigen Leuchten einer Notbeleuchtung, die sich bei Brand oder Stromausfall automatisch einschaltete, eingelassen waren. Dieser Korridor, auf dem es nach Bohnerwachs und frischer Farbe roch, war menschenleer. Das Echo unserer auf den Fliesen quietschenden Schritte hallte von den Wänden wider.
Wir kamen an einem Stapel Pappkartons und prall gefüllten Müllsäcken vorbei. »Bei uns geht’s zu wie in jedem anderen Haus«, meinte Davy grinsend. »Der ganze Müll fliegt in den Keller.«
Nach einem halben Dutzend weißer Türen erreichten wir eine graue Stahltür, über der eine rote Leuchte langsam blinkte. Davy blieb davor stehen. »Mal sehen, wer gerade 543
Dienst hat.« Er führte seinen Dienstausweis durch das elektronische Schloss und sagte: »Willkommen in ›Krise vier‹.«
Er öffnete die Tür und ließ uns den Vortritt. Ich folgte Sarah in einen abgedunkelten Raum, in dem mindestens zwanzig Überwachungsbildschirme in Dreiergruppen in die Wand eingelassen waren. Jeder zeigte ein anderes farbiges Bild mit einer eingeblendeten Uhr in der rechten unteren Ecke. Die Kameras erfassten große, luxuriös eingerichtete Räume und endlos lange Korridore und Säulengänge. Vor dieser
Bildschirmwand standen auf einer langen Konsole, die durch abgeschirmte Leuchten schwach erhellt wurde, Reihen von Telefonen und Mikrofonen zwischen Kaffeebechern und
Schreibbrettern.
Wir traten zur Seite, damit Josh ebenfalls hereinkommen konnte. In diesem Raum war es angenehm kühl; über unseren Köpfen war das gleichmäßige Summen der Klimaanlage zu hören. Vor der Konsole standen vier Drehstühle auf Rollen.
Auf einem davon saß der Wachhabende, der hier allein war, in ERT-Schwarz. Der Widerschein der Bildschirme beleuchtete seine Baseballmütze, während er etwas in ein Telefon murmelte.
Ich sah zu Sarah hinüber. Ihre Augen glitzerten, als sie wie gebannt die Bildschirme anstarrte.
Der Wachhabende legte auf. »Hey, Top Cat!«, rief Josh ihm zu. »Wie geht’s immer?«
TC drehte sich mit seinem Stuhl um und hob beide Arme.
»Hey, Alter! Mir geht’s gut. Schön, dass du dich mal wieder blicken lässt!« Er war ein Weißer Mitte dreißig, der einen eleganten, sehr gepflegten Schnurrbart trug.
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Die beiden schüttelten sich die Hand, und Josh machte uns miteinander bekannt. »Das hier ist mein Freund Nick, und das ist Sarah, beide aus England. Freunde von mir. Und dies ist TC.« Sarah und ich gingen zu ihm hinüber, und der ERT-Mann stand auf, um uns die Hand zu schütteln. Er war etwas über einen Meter achtzig groß und trug sein dunkelbraunes Haar unter der schwarzen Baseballmütze ziemlich kurz.
TCs fester Händedruck stand in gewissem Gegensatz zu seinem weichen Südstaatenakzent, aber aus beidem sprach großes Selbstvertrauen. »Was haben Sie bisher gesehen?«
»Josh hat uns gezeigt, was hier beim letzten Besuch der Briten passiert ist.«
Sarah wandte sich an Davy. »Glauben Sie, dass es möglich wäre, den Saal für Staatsbankette zu besichtigen? Ich bin nämlich ein großer Fan von Jackie Kennedy, und …«
Davy sah zu TC hinüber, der bedauernd mit den Schultern zuckte. »Tut mir Leid, Leute, aber heute darf niemand nach oben.«
Josh hatte das Bedürfnis, uns den Grund dafür zu erklären.
»Ob Besucher zugelassen werden, hängt davon ab, was gerade los ist. Praktisch jeder andere Tag wäre besser gewesen. Hey, an den meisten Tagen besichtigen Tausende von Besuchern das Weiße Haus; es gehört zu den größten Sehenswürdigkeiten Washingtons.«
Sarah und ich beeilten uns, Variationen desselben Themas vorzubringen: »Oh, kein Problem; es ist wunderbar, überhaupt hier zu sein. Dieser Besuch macht wirklich Spaß.«
Dann schien Davy etwas einzufallen. »Wissen Sie was, von hier aus können Sie ohnehin alles sehen.« Er deutete auf die Bildschirme und setzte zu einer kurzen Erklärung an. »Wie ich 545
bereits gesagt habe, heißt dieser Raum ›Krise vier‹. Er gehört zu den Kontrollzentren, von denen aus jeder Vorfall im Weißen Haus oder auf dem Gelände überwacht und unter Kontrolle gebracht
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