Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
dadurch könnten laufende Unternehmen
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kompromittiert und einzelne Mitarbeiter in reale Lebensgefahr gebracht werden.«
Jetzt grinste ich nicht mehr. »Woher wollen Sie wissen, dass Sarah im Stande wäre, laufende Unternehmen zu gefährden?«
»Das«, sagte Elizabeth, »brauchen Sie nicht zu wissen.« Ich merkte ihr an, dass es ihr Spaß machte, das zu sagen. »Aber ich will Ihnen an einem Beispiel erläutern, vor welchem Problem wir stehen. Die Informationen, die Sarah Greenwood aus Syrien beschafft hat – durch ein Unternehmen, an dem Sie beteiligt waren, nicht wahr? –, das uns übergebene Material war in Wirklichkeit fehlerhaft. Wir haben den Verdacht, sie habe Informationen, von denen sie wusste, dass sie für uns und die Amerikaner wichtig waren, absichtlich verfälscht.«
Das eigentliche Ziel des Unternehmens waren also die in den Computern gespeicherten Informationen gewesen. Und ich war wieder einmal völlig ahnungslos gewesen.
Elizabeth war jetzt groß in Fahrt. »Dass der Mann mit dem Decknamen ›Quelle‹ erschossen wurde, ist höchst bedauerlich
– schließlich wäre es Ihre Aufgabe gewesen, ihn lebend mitzubringen. Wir wissen noch immer nicht, welche
Erkenntnisse das syrische Unternehmen hätte liefern können
… weil Sie die Computer an Ort und Stelle vernichtet haben, wenn ich recht unterrichtet bin.«
Das klang so, als hätte ich das alles aus purem Mutwillen getan. Ich ließ sie weiterreden, musste mich aber gewaltig beherrschen, um ihr keinen Kinnhaken zu verpassen.
»Die Amerikaner sind mit dem Ergebnis nicht zufrieden gewesen, und ich muss zugeben, dass das nicht gerade eine unserer Sternstunden war.«
Ich war entschlossen, mich nicht noch mehr von ihr
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aufbringen zu lassen. Wir hatten jahrelang Aufträge für die Amerikaner durchgeführt, die ihr Kongress niemals genehmigt hätte oder die gegen das 1974 von dem damaligen Präsidenten ausgesprochene Verbot einer Beteiligung an Attentaten verstießen. Der fragliche Einsatz war als israelisches Unternehmen ausgegeben worden, weil die Amerikaner es nicht riskieren durften, in Syrien einzufallen und einen internationalen Finanzier zu entführen, selbst wenn er die rechte Hand eines der gefährlichsten Terroristen der Welt war.
Stellten wir den Einsatz jedoch als Gemeinschaftsunternehmen von israelischem Militär und Mossad hin, würde es nur Gewinner geben: Die Amerikaner würden Quelle bekommen, die Firma hatte die Befriedigung, einen schwierigen Auftrag glänzend gemeistert zu haben, und die Israelis konnten die Anerkennung einheimsen. Sie hatten zwar nichts von dem geplanten Unternehmen gewusst, aber sie würden sich den Erfolg trotzdem an ihre Fahnen heften.
Ich erinnerte mich an Syrien, an Sarahs hektische Arbeit am Laptop … und an die Tatsache, dass sie Quelle erschossen hatte. Bei der Besprechung nach dem Einsatz hatte Sarah sehr überzeugend argumentiert, und für mich war die Sache damit erledigt gewesen. Was seither geschehen war, brauchte mir keine Sorgen zu machen; es würde mein Leben nicht
verändern. Nun, jetzt vielleicht doch.
Elizabeth fuhr fort: »Sie hätte eine Umorientierung unserer Außenpolitik bewirken können, die sich voraussichtlich äußerst nachteilig auf unsere Zahlungsbilanz und den angloamerikanischen Einfluss im Nahen Osten ausgewirkt hätte …«
Sie redete lauter Scheiß. Ich konnte mir denken, dass sie 102
sauer war, weil Clinton vor kurzem eine »letale
Präsidentenweisung« gegen Bin Laden unterzeichnet hatte.
Damit hatte er im Voraus ein aggressives Unternehmen zu seiner Verhaftung gebilligt, falls sich eine Gelegenheit dazu ergab, wobei er billigend in Kauf nahm, dass es dabei auch Tote geben konnte. Clinton hatte keine Möglichkeit gefunden, das für Amerikaner geltende strikte Attentatsverbot zu umgehen, und die Firma musste damit rechnen, dadurch einige lohnende Aufträge zu verlieren. Mir war klar, dass Sarahs Verhalten unter diesen Umständen noch weniger Begeisterung auslösen musste.
Ich wartete auf den Teil, den Elizabeth zu unterstreichen vergessen hatte. Kommen die Auftraggeber endlich zur Sache, umfasst eine Einsatzbesprechung im Allgemeinen drei Punkte: erstens den Zweck des Unternehmens, zweitens den Grund dafür und drittens den Anreiz für den Operator. Mir fiel auf, wie häufig Elizabeth beim Reden blinzelte. Das bedeutete, dass sie log.
»… und unsere dort eingesetzten Leute hätte gefährden können. Für uns ist dieser Punkt natürlich am
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