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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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wichtigsten.«
    Kein schlechter Anreiz, dachte ich – auch wenn sie Scheiß redete –, vor allem dann nicht, wenn ich selbst dort eingesetzt war.
    »Was ihre Motive betrifft … nun, die brauchen Sie nicht zu kümmern.«
    Mir war bei dieser Sache langsam unbehaglich zu Mute. Ich wandte mich an Lynn. »Warum haben Sie ihr nicht einfach einen Stoß gegeben, wenn Ihnen das alles schon damals Sorgen gemacht hat?«
    »Einen Stoß?«, fragte Elizabeth hinter mir. »Einen Stoß?«
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    Lynn sah über meine Schulter hinweg und sagte im Tonfall eines Kronanwalts, der einem Lordrichter geduldig erklärt, was
    »jemand einen blasen« bedeutet: »Geld. Nein, Nick, wir haben ihr kein Geld geboten. Sie wissen so gut wie ich, dass der Dienst niemals Bestechungs- oder Schmiergelder zahlt.«
    Ich wollte meinen Ohren nicht trauen, schaffte es aber trotzdem irgendwie, keine Miene zu verziehen.
    Erstaunlicherweise gelang Lynn das auch. In Wirklichkeit sorgt der Intelligence Service gut für seine Leute. Selbst wenn ein Mitarbeiter fliegt, weil er vielleicht als Pädophiler erpresst wird oder ein wichtiges Unternehmen vermasselt hat, erhält er innerhalb des Systems einen neuen Job, was drei Vorteile hat: Der Betreffende bleibt unter Kontrolle, ist zufrieden und hält vor allem den Mund. Genau diesen Zweck erfüllt auch ein Stoß – er sorgt für Ruhe im Haus.
    Ich wünschte mir, sie würden mir einen Stoß geben. Erst vor einigen Monaten hatte ich einen Geheimdienstmann namens Clive in eine der Wohnungen begleitet, die der Intelligence Service in London unterhält. In diesen Apartments wohnt niemand; sie dienen nur für Treffs, als Ort für
    Einsatzbesprechungen und als sichere Häuser.
    Clive hatte Schwierigkeiten wegen des russischen
    Dissidenten Gordiewski bekommen, der vor einigen Jahren mit einem Kopf voller Geheimnisse in den Westen übergelaufen war. Der ehemalige KGB-Chef sollte in einem IS-Ausbildungszentrum an der englischen Südküste einen
    Fachvortrag halten. Clive und zwei andere weigerten sich, zu dieser Präsentation zu gehen; ihre Begründung lautete, Gordiewski sei ein Verräter, und es spiele keine Rolle, von welcher Seite er komme. Ich fand ihren Einwand berechtigt, 104
    aber sie wurden trotzdem entlassen, denn Ihrer Majestät Regierung war es peinlich, dass eigene Leute einen Überläufer als Verräter bezeichneten. Zwei gingen schweigend mit einer Abfindung und Jobs, die der Good Lads’ Club – die Londoner City – für sie hatte. Clive dagegen weigerte sich, das Feld zu räumen. Daraufhin beschloss das Establishment, ihm mehr Geld als seinen Kollegen anzubieten. Lehnte er auch dieses Angebot ab, würde man zu handfesteren Argumenten greifen müssen.
    Ich überredete ihn mit sanfter Gewalt, mich in ein
    Apartment in der Cambrigde Street in Pimlico zu begleiten, und hörte zu, wie sie ihm zweihundert Mille dafür anboten, dass er die Klappe hielt und einen Job in der City annahm.
    Clive griff sich das Geld, riss es aus den Plastikhüllen der Bank, öffnete das Fenster und streute es wie Konfetti hinaus.
    Als Hunderte von Scheinen auf einen Pub in der Cambridge Street herabflatterten, mussten die Gäste geglaubt haben, Weihnachten sei in den Juni vorverlegt worden. »Ich soll abhauen?«, fragte Clive. »Gut, aber das kostet euch verdammt viel mehr als das hier.«
    Ich fand das großartig und wäre am liebsten zu den Leuten hinuntergelaufen, die sich auf der Straße um
    Fünfzigpfundscheine prügelten. Clive hatte völlig Recht, fand ich; einen Verräter mag niemand – unabhängig davon, auf welcher Seite man zu stehen glaubt. Ich konnte nur hoffen, dass Sarah keine Verräterin war, denn ich mochte sie. Ich mochte sie sogar sehr gern.
    »Und Sie wissen bestimmt, dass sie nicht kassiert worden ist?«, fragte ich Elizabeth.
    Sie sah zu Lynn hinüber. »Kassiert?«
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    Zwischen ihnen sitzend kam ich mir fast wie in Wimbledon vor. Lynn musste ihr auch diesen Ausdruck erklären, weil Elizabeth vom richtigen Leben ungefähr so viel Ahnung zu haben schien wie Mickymaus.
    »Und was soll ich dagegen tun?«, fragte ich.
    Elizabeth machte es kurz. »Sie finden.«
    Ich wartete auf den Rest des Satzes. Aber der kam nicht.
    Dies war der präziseste Auftrag, den ich je erhalten hatte.
    »Wissen Sie, wo sie sein könnte? Ich brauche einen
    Ausgangspunkt.«
    Elizabeth überlegte kurz. »Sie fangen in Washington an. Ich denke, ihr Apartment wäre der logische Ausgangspunkt, nicht wahr?«
    Damit hatte sie natürlich Recht.

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