Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
der Tür mit Blick über den See stehen, und ich hörte sie etwas murmeln, während der Große eine Hand in den Bund seiner Jogginghose steckte und sich ungeniert kratzte. Aus Tonfall und Sprachmelodie ihres Murmelns schloss ich, dass die beiden Arabisch sprachen. Sie schlossen die Tür hinter sich, schlenderten an der Wäschespinne vorbei und kamen direkt auf mich zu.
Ich erstarrte und gestattete mir nur noch kurze, flache Atemzüge. Ihre Schritte dröhnten wie das schwerfällige Trampeln von Godzilla.
Die beiden Männer blickten auf den See hinaus, während sie herangeschlendert kamen, und beobachteten vermutlich die Angler. Sie ahnten nichts von mir, aber ich musste akzeptieren, dass ich in die Scheiße geraten konnte. Ich war davon überzeugt, dass sie mich sehen würden; ich schaute nach rechts, wo der Sportbogen keine zehn Zentimeter von meiner Hand entfernt lag. Aber ich zwang mich dazu, abzuwarten und Ruhe zu bewahren.
Mein Körper war angespannt, zu schneller Reaktion bereit. Was würde ich tun, wenn sie mich entdeckten? Kampf - das war die einzige Lösung. Ich konnte nicht nur freundlich grinsen und behaupten, ich hätte mich verlaufen. War ich schnell genug und verwickelte mich nicht in meinem Tarnnetz, konnte ich sie mir mit dem Bogen vom Leib halten. Nein, das würde nicht funktionieren. Ich würde wegrennen und hoffen müssen, dass die beiden Kerle nicht bewaffnet waren. Ich vergewisserte mich im Geiste, dass ich alle wichtigen Dinge in meinen Taschen hatte.
Sie blieben stehen. Sie wechselten noch ein paar Worte, dann nahm Men in Black einen letzten Zug von seiner Zigarette, ließ sie achtlos zu Boden fallen und trat sie aus. Er hatte das Schild, das ihn aufforderte, nur Fußspuren zu hinterlassen, offenbar nicht gelesen.
Die beiden machten ungefähr zehn Meter vor meinem Posten kehrt und gingen den Hügel zur Zufahrt hinter dem Haus hinauf. Sie hatten nur den bequemsten Weg gewählt, denn auf der anderen Seite des Hauses stieg das Gelände steiler an. Der mickrige Kleine ging voraus.
Als ich sie zur Zufahrt hinaufgehen sah, wurde mir klar, dass sie die Umgebung des Hauses kontrollierten. Sie hielten
Ausschau nach irgendwelchen Spuren nächtlicher Besucher. Sie verließen die Zufahrt, kamen wieder den Hügel herunter und hielten dabei auffällig Abstand vom Haus. Das konnte nur bedeuten, dass es hier Annäherungsmelder gab. Außer den mit Scheinwerfern gekoppelten Bewegungsmeldern mussten am Haus Sensoren installiert sein, die bei jeder Annäherung Alarm auslösten. Aus der Route der beiden Kerle schloss ich, dass die von Annäherungsmeldern überwachte Zone rund um das Haus zwölf bis fünfzehn Meter breit sein musste.
MiB zündete sich die nächste Zigarette an, als sie wieder die Zufahrt erreichten, und verschwand dann, noch immer mit seiner Gebetskette spielend, hinter dem Haus. Ich nutzte diese Unterbrechung, um die Kamera, das Zweigbündel hinter mir und den sicheren Verschluss meiner Taschen zu überprüfen.
Nach vier Minuten kamen die beiden auf der anderen Seite des Hauses - der dem See zugekehrten Seite - zum Vorschein und gingen zu dem auf seinem Trailer liegenden Boot. Sie kletterten hinein, ließen den Motor an und gaben Gas, bis er blaue Zweitaktschwaden aus dem Auspuff pumpte. Dann stellten sie den Motor ebenso plötzlich wieder ab, sprangen heraus und verschwanden eifrig redend durch die Lücke zwischen den beiden Flügeln des Garagentors. Wenig später hörte ich den Motor des Geländewagens anspringen. Er konnte nicht wegfahren, weil das Boot noch vor der Garage stand. Das zeigte mir, dass die Jungs ihre Sache verstanden: Sie kontrollierten alles - auch ihre Fluchtfahrzeuge für den Fall, dass sie schleunigst abhauen mussten.
Der Motor wurde abgestellt, und dann blieb es still. Die beiden kamen nicht wieder zum Vorschein.
Ich wusste jetzt, dass sich im Haus mindestens zwei Männer aufhielten, und ich wusste auch, dass es einen direkten Zugang vom Haus zur Garage geben musste.
Das war’s dann für die nächsten Stunden. Ich lag einfach nur da, beobachtete das Haus und versuchte, jeweils einem Auge etwas Ruhe zu gönnen. Ab und zu hörte ich hinter mir ein Boot über den See tuckern, und im Haus wurde einige Male die Klospülung betätigt. Aus der Ferne kam manchmal das Geschrei am Wasser spielender Kinder herüber, aber ansonsten war nichts Ungewöhnliches zu hören.
Um 10.15 Uhr beobachtete ich, wie Mom, Dad und ihre beiden Söhne aus dem Nachbarhaus ihr Boot zu Wasser
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