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Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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an Bord. Bedachte man, welchen Auftrag ich auszuführen versuchte, hatte sie damit nicht einmal Unrecht.
    Wenig später wurde der Zug langsamer und hielt dann. In der Dunkelheit konnte ich die Umrisse einer Fabrik mit einem halben Dutzend riesiger Schornsteine erahnen. Der Haltepunkt hatte nicht mal einen Bahnsteig; die Fabrikarbeiter mussten direkt auf die Gleise aussteigen. Draußen schienen überall Leute herumzulaufen - sogar zwischen den Waggons.
    Der Zug fuhr wieder an und hielt etwa alle zehn Minuten, um eine weitere Gruppe von Arbeitern auszuspucken. Nach jedem Halt musste die alte Diesellok sich gewaltig anstrengen, um den Zug wieder in Fahrt zu bringen, und stieß schwarze Rauchwolken aus, die sich rasch mit dem Dreck vermischten, den die Fabriken in die Luft bliesen. Im Vergleich hierzu wirkte das britische Bahnsystem geradezu hochmodern, aber diese Züge waren wenigstens pünktlich, warm, sauber und bezahlbar. Vielleicht wäre es keine schlechte Idee gewesen, ein paar estnische Bahnmanager nach England einzuladen, damit sie unseren Jungs erklärten, wie man das machte.
    Der Zug schlängelte, ratterte und schlingerte durch eine Industriewüste. Nach etwa einer halben Stunde ging das Licht allmählich aus, und ich saß in völliger Dunkelheit da. Ich beschloss, dem Beispiel meines einzigen noch verbliebenen Mitreisenden zu folgen und etwas zu schlafen.
    Es war kurz nach halb zehn, und der Tag war soeben angebrochen. Der Himmel war zu allem anderen passend düster bleigrau. Durch die schmutzigen Scheiben sah ich auf beiden Seiten der Bahnstrecke tief verschneite Bäume, die eine Barriere gegen Schneeverwehungen bildeten. Hinter ihnen lagen endlos weite absolut ebene Flächen, die mit jungfräulich weißem Schnee bedeckt waren, oder riesige undurchdringliche Wälder. Die Strom- und Telefonleitungen entlang der Strecke hingen unter dem Gewicht des Schnees und der langen Eiszapfen, die sich an ihnen gebildet hatten, tief durch.
    Zwischen den Bahnhöfen fuhr der Zug weiterhin sehr langsam - vielleicht wegen des Wetters, vielleicht auch, weil die Strecke reparaturbedürftig war.
    Eine Stunde später, nach einigen weiteren Stopps, begannen die Schokoriegel und die Wurst, die ich gegessen hatte, sich bemerkbar zu machen. Ich hatte keine Toilettenschilder gesehen und wusste nicht einmal, ob es in diesem Zug Toiletten gab. Falls nicht, würde ich mich rasch im Übergang zwischen zwei Waggons hinhocken und den Leuten erklären müssen, das sei ein alter australischer Brauch.
    Ich ging durch zwei Waggons nach hinten, wobei ich in dem schlingernden Zug von einer Seite zur anderen schwankte, bis ich endlich eine Toilette fand. Sie war genau wie der Rest des Zuges: sehr schlicht, aber sauber und gut geheizt, und sie funktionierte.
    Ich riss Unmengen steifes Klopapier von der Rolle ab und warf es ins WC, bis es mehr oder weniger verstopft war. Als ich dann saß, bemühte ich mich, den natürlichen Ausscheidungsvorgang unter Kontrolle zu halten, um meine Versicherungspolice zu erwischen, die ich in zwei Kondome gesteckt und mit Hilfe von etwas Hotelseife
    aus Helsinki in meinen Hintern geschoben hatte.
    Auch das gehörte zu den Dingen, die ich im Erziehungsheim gelernt hatte. Es war die beste Methode, um sicherzustellen, dass mir die 15 Pence, die ich wöchentlich als Taschengeld bekam, nicht gestohlen wurden. Frischhaltefolie hatte allerdings nicht so gut funktioniert wie diese Kondome.
    Nachdem ich das äußere Kondom aufgeknotet, das innere herausgezogen und mir die Hände gewaschen hatte - auf diesen Toiletten gab es sogar Seife und Wasser -, war alles wieder sauber und wohlriechend. Ich war noch immer von der estnischen Eisenbahn begeistert, als ich mich plötzlich auf die Strecke Kings Lynn- London zurückversetzt fühlte: Die WC-Spülung
    funktionierte nicht.
    Ich blieb noch etwas länger, um mich zu waschen. Als ich wieder auf meinem Platz war, wurde es Zeit, den Stadtplan von Narva zu studieren und festzustellen, wo genau Konstantin zu finden sein würde. Meine neue Armbanduhr zeigte mir, dass die Zugfahrt noch etwa eine Stunde dauern würde.
    Ich schluckte weitere vier Aspirin ohne Wasser und sah wieder aus dem Fenster. Kein Wunder, dass die meisten Leute ausgestiegen waren, bevor wir dieses Gebiet erreichten. Hier begann offenbar der große industrialisierte Nordosten, den die Sowjets unter ihrer Herrschaft geschaffen hatten. Verschwunden waren die Wälder und die endlos weiten Schneeflächen; stattdessen waren

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