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Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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fuhr über die Kette, stieg erneut aus und hängte sie wieder ein. Unter dem kleinen Steinhaufen neben dem Pfosten lag die Zwirnrolle noch genau dort, wo ich sie zurückgelassen hatte. Ich band das erste Kettenglied wieder an die Öse, legte den Zwirn unter die Steine zurück und fuhr weiter.
    Die großen Kiefern standen so dicht neben dem Weg, dass es einem vorkam, als fahre man durch einen Tunnel. Nach 250 Metern wichen die Bäume zurück und bildeten eine Lichtung, die ungefähr so groß wie vier Fußballfelder war. Ich wusste, dass sie mit Gras bewachsen war, aus dem Baumstümpfe ragten, denn im Haus hingen gerahmte Photos, auf denen sie zu sehen war, aber jetzt verschwand alles unter einer einen Meter hohen Schneedecke.
    Als der Weg sich leicht senkte, tauchte das einstöckige Haus im Scheinwerferlicht auf. Drinnen brannte kein Licht, draußen standen keine Fahrzeuge.
    Der Weg führte zu einem hölzernen Schuppen, der genügend Platz für drei Autos bot. Auch das Haupthaus war aus Massivholz erbaut; mit seinem dunkelroten
    Anstrich und den weißen Fensterrahmen hätte es ohne weiteres nach Yukon zur Zeit des Goldrauschs gepasst.
    Ich fuhr den Volvo in den Schuppen, dessen gesamte Rückwand hinter aufgestapeltem Brennholz verschwand. Eine Tür in der linken Seiten wand führte zur anderen Seite des Hauses und zum See.
    Als ich den Motor abstellte, herrschte erstmals seit vielen Stunden fast völlige Stille. Keine Schüsse, Schreie, Sirenen, Hubschrauber oder Heizungsgebläse, nur ein gedämpftes Murmeln und Rauschen, als finnische Polizisten im Scanner über finnischen Polizeikram redeten. Ich wäre am liebsten sitzen geblieben.
    Der Eingang befand sich auf der Giebelseite des Haupthauses, und der Schlüssel war unter dem Holzstapel neben der Tür versteckt - sehr originell. Ich trat ein und wurde von herrlicher Wärme umfangen. Das Haus hatte elektrische Heizkörper, die wir beim Wegfahren eingeschaltet gelassen hatten. Das arbeitsintensive Holz war nur etwas für Urlauber; außerdem hätte Kaminrauch unsere Anwesenheit verraten. Ich machte Licht und ging wieder in den Schuppen hinaus, um Valentin hereinzuholen.
    4
    Die Daunendecken hatten ihn am Leben erhalten - aber nur mit knapper Not. Nach zwei Stunden im Kofferraum schlotterte er vor Kälte.
    »Los, komm schon, raus, raus!« Ich hob seine Beine über die Kofferraumkante und zog ihn an seiner schusssicheren Weste hoch. Mit hinter den Rücken gefesselten Händen konnte er nicht viel machen, aber er schien sich vor allem darauf zu konzentrieren, die Plastikkugel nicht in seinem Mund nach hinten rutschen zu lassen, weil sie ihn sonst erstickt hätte. Verständlich; genau deswegen hatte ich sie benutzt.
    Sobald seine Beine ihm wieder gehorchten, führte ich ihn ins Haus und setzte ihn neben einem Heizkörper auf die alte grüne Samtcouch. Die Einrichtung war funktionell - nur nackter Fußboden und kahle Wände - und das Erdgeschoss bestand aus einem einzigen riesigen Raum. In die Wand gegenüber der Tür war ein offener Natursteinkamin eingebaut, und drei in gleichmäßigen Abständen aufgestellte Holzsäulen von etwa 30 Zentimeter Durchmesser stützten die Decke zum Obergeschoss. Bis auf die Couch waren die meisten Möbelstücke massiv aus Kiefer gearbeitet, und der Raum roch wie ein Holzlagerplatz.
    Ich zog das Klebeband ruckartig von Valentins Gesicht ab. Er zuckte zusammen, als ich ihm dabei Augenbrauen- und Nackenhaare ausriss. Seine Haut war kalt, ihre Färbung erinnerte an toten Kabeljau.
    Er spuckte die Plastikkugel aus, würgte und hustete. Ich verhielt mich wie der typische Brite im Ausland: Im Zweifelsfall einfach bei der eigenen Sprache bleiben und dafür umso lauter reden. »Bleib hier.« Ich deutete auf den Heizkörper, obwohl er mit auf den Rücken gefesselten Händen ohnehin nicht abhauen konnte. »Hier wird’s dir gleich warm.«
    Val sah zu mir auf und nickte.
    Ich ging zum Auto zurück, holte den Scanner und stellte ihn auf den Küchentisch. Etwa alle fünfzehn Sekunden redete jemand, aber keine dieser Meldungen klang dringend, wie es der Fall gewesen wäre, wenn die Polizei Hubschrauber eingesetzt hätte. Andererseits wurde auch nicht mit Verschwörerstimme geflüstert, was hoffentlich bedeutete, dass niemand versuchte, sich ans Haus heranzuschleichen. Aber wer konnte das schon wissen?
    Als Nächstes musste ich uns Kaffee kochen. Die Arbeitsplatte der Küche zog sich die Wand hinter mir entlang. Ich trat an den Herd und setzte Wasser auf.

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