Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
Portland Place auf. Ich blieb auf der gegenüberliegenden Straßenseite und ging zum Langham
Hilton weiter.
Ungefähr 50 Meter vor dem Hotel verlief der Gehsteig unter einem Baugerüst. Dort standen zwei altmodische rote Telefonzellen, an deren Seitenscheiben jeweils mindestens 20 Geschäftskarten klebten. Ein städtischer Arbeiter würde sie irgendwann im Lauf des Tages entfernen, aber nach spätestens einer Stunde würden dort wieder neue Karten kleben.
Ich betrat die linke Telefonzelle und sah im oberen Drittel der dem Oxford Circus zugekehrten Seitenscheibe Susie Gees Karte hängen. Auf allen vieren und mit zum Kuss gespitzten Lippen wirkte sie sehr verführerisch. Ich löste die Karte von der Scheibe, holte einen breiten schwarzen Filzschreiber aus der Jackentasche und zog dort eine senkrechte Linie übers Glas.
Dann faltete ich Susies Karte zusammen, steckte sie ein und ging in Richtung Hotel weiter. Dieses Zeichen zu hinterlassen, das signalisierte, dass im toten Briefkasten eine Nachricht lag, war vielleicht etwas voreilig gewesen, aber ich erwartete keine Probleme.
Mit meiner Reisetasche in der Hand betrat ich das Langham Hilton durch die Drehtür, die ein Kerl in einer Art grünem Kaftan und einer Kopfbedeckung, die eine Mischung aus Turban und Barett zu sein schien, für mich in Gang gesetzt hatte. Er sah wie ein richtiger Spinner aus.
Die Hotelhalle war sehr luxuriös und voller Geschäftsleute und reich aussehender Touristen. Sie war indisch eingerichtet, und ich hatte die Chukka Bar links neben mir, als ich den ganz in Marmor gehaltenen
Empfangsbereich betrat.
Liv hatte mir alles genau beschrieben. Rechts führten einige Stufen zum Empfang hinauf, und geradeaus vor mir lag das Restaurant mit Tearoom. Mein Ziel war jedoch das Untergeschoss.
Dort unten war alles ebenso luxuriös wie oben. Das mit Klimaanlage und hochflorigen Teppichen
ausgestattete Untergeschoss enthielt Konferenzräume und das Geschäftszentrum. Auf einer Staffelei vor dem George Room stand eine schwarze Schrifttafel, auf der weiße Eindrückbuchstaben verkündeten: Management 2000 begrüßt seine Konferenzgäste. Ich ging daran und an den beiden Wandtelefonen vorbei, zu denen ich später zurückkommen würde, und weiter zu den Toiletten.
Gegenüber den Toilettentüren befanden sich weitere Telefone, eine Garderobe und ein Tisch mit Tee, Kaffee und Gebäck. Hinter dem Tisch saß das Servierpersonal: ein Schwarzer und eine Weiße, die sich in dem flüsternden Tonfall unterhielten, der immer bedeutet, dass Leute über ihren Chef lästern. Sobald sie mich sahen, lächelten sie das für Hilton-Personal
vorgeschriebene Lächeln; ich erwiderte es und betrat die Herrentoilette.
In einer der Kabinen setzte ich mich aufs WC und holte ein Pillendöschen aus Kunststoff, wie es Leute für ihre Tagesdosis Vitamintabletten benutzen, und eine Packung selbstklebender Klettbandstreifen aus meiner Boots-Tüte. Für den Fall, dass Liv die Seiten verwechselt hatte, klebte ich beide Hälften - die mit Haken und die mit Ösen - auf das Pillendöschen; es wäre zu peinlich
gewesen, wenn es nicht gehaftet hätte.
Ins Pillendöschen legte ich einen kleinen Zettel mit der Mitteilung: Ankunft 12., 15.15. Mehr brauchte Liv nicht zu wissen.
Ich steckte die Boots-Tüte wieder ein, überzeugte mich davon, dass die beiden kleinen Klettbandstreifen sicher hafteten, verließ die Toilette, lächelte den beiden Hotelangestellten hinter dem Tisch erneut zu, wandte mich nach rechts und ging zu den beiden ersten Wandtelefonen zurück.
Die Telefone waren ziemlich tief angebracht, damit sie auch von Rollstuhlfahrern benutzt werden konnten. Ich stellte die Reisetasche zwischen meine Beine und rückte den Stuhl näher ans Telefon heran. Liv hatte einen guten Ort für einen toten Briefkasten ausgesucht - nicht zu viel Betrieb, keine Überwachungskameras und ein logischer Grund, sich dort aufzuhalten.
Als ich mich ans Telefon setzte, eine Einpfundmünze einwarf, Susies Karte herausholte, den Hörer abnahm und ihre Nummer wählte, fragte ich mich, ob Janice und Tom auch schon für sie Kusskarten angefertigt hatten. Ich wollte, dass die Anzeige erkennen ließ, dass Geld vertelefoniert wurde, damit kein Vorbeigehender sich darüber wunderte, dass ich seit ein paar Minuten nur so tat, als telefonierte ich. Solche Kleinigkeiten konnten einen verraten.
Während ich mit der Rechten den Telefonhörer an mein Ohr hielt und auf Susie wartete, tastete ich mit der linken
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