Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
Vom Netzwerk:
erledigt, würde das Winterwetter ihm den Rest gegeben haben. Tom hatte viele Talente, aber vom Überleben bei arktischer Kälte verstand er nichts.
    Ich war sauer, ohne recht zu wissen, ob ich das seinet-oder meinetwegen war. Aber dann gab ich mir einen Ruck und schrieb ihn ab. Das muss man irgendwann tun, damit man den Kopf frei hat, um sich auf wichtigere Dinge zu konzentrieren, an denen ich wahrlich keinen Mangel hatte.
    Toms Gepäckschein ließ ich, wo er war. Falls mein jetziges Vorhaben schief ging, hatte ich so eine
    Bargeldreserve und einen neuen Reisepass, den ich allerdings noch mit meinem Bild würde versehen
    müssen.
    Obwohl ich mir alle Mühe gab, nicht mehr an Tom zu denken, tat er mir aufrichtig Leid, während ich den stetigen Strom von Reisenden beobachtete, der durch die 377
    Ein- und Ausgänge flutete. Meine Lügen und falschen Versprechungen waren schuld daran, dass Tom jetzt erfroren im Schnee oder irgendwo zusammengekrümmt in einem amerikanischen Leichensack lag. Verstärkt wurde mein Schuldgefühl dadurch, dass ich mir bewusst war, dass ich wegen des Geldes, das ich nun nicht bekommen würde, ebenso sauer war wie wegen seines Todes.
    Ich schob diesen Gedanken beiseite, vergrub meine Hände noch tiefer in den Jackentaschen und umfasste die Läufe der P7. Mich ärgerte, dass ich die Reisetasche mit der Wolldecke, auf der mein Hintern es warm und
    bequem gehabt hätte, voreilig in einen Abfallcontainer gestopft hatte. Und ich ärgerte mich, weil ich wusste, dass zukünftig auch Toms Tod zu den peinlichen kleinen Pannen gehören würde, die mir in den Stunden vor
    Tagesanbruch den Schlaf raubten.
    Auf dem Bahnhof herrschte Hochbetrieb. Der
    Weihnachtsmann hatte bereits zweimal die Runde
    gemacht, um Geld für vernachlässigte Rentiere oder dergleichen zu sammeln. Reisende schleppten von
    draußen Schnee herein, der dank der großen
    altmodischen Heizkörper in den Eingangsbereichen zu Pfützen schmolz, die sich allmählich immer weiter in die Bahnhofshalle hinein ausbreiteten.
    Ich sah auf meine Baby-G. Es war 14.17 Uhr, also war ich schon seit über vier Stunden hier. Ich lechzte nach einem weiteren Kaffee, aber ich musste die Eingänge im Auge behalten; außerdem würde ich, sobald ich etwas trank, irgendwann auf die Toilette müssen, und ich 378
    konnte mir nicht leisten, Liv zu verpassen, wenn und falls sie hier aufkreuzte.
    Dies würde ein langer Tag – und vielleicht auch eine lange Nacht – ohne Essen und Kaffee werden. Was
    Unauffälligkeit betrifft, ist es keine schlechte Idee, sich auf einem großen Bahnhof herumzutreiben; damit kommt man ziemlich lange durch.
    Ich veränderte meine Sitzhaltung auf meinem kalten, fast gefühllosen Hintern nochmals und beschloss, keine Zeit mehr damit zu vergeuden, über die Ereignisse im Microsoft-Haus nachzugrübeln. Die Tatsachen waren klar: Ich hatte kein Geld verdient, Tom war tot und ich konnte bei den Amerikanern und erst recht bei der Firma gewaltig in Verschiss geraten sein. Kam meine
    Beteiligung heraus, würde ich damit enden, dass ich in eine Stütze einbetoniert mithalf, ein
    Überführungsbauwerk für die neue
    Hochgeschwindigkeitsstrecke durch den Eurotunnel zu tragen. Ich hatte nie viel Angst vor dem Tod gehabt, aber von den eigenen Leuten umgelegt zu werden, musste doch etwas deprimierend sein.
    Je länger ich darüber nachdachte, was letzte Nacht gelaufen war, desto feindseliger wurde meine Stimmung Liv und Val gegenüber. Ich musste einen Plan
    ausarbeiten, der mir trotzdem verschaffte, was ich brauchte, und durfte keine Zeit und Energie darauf vergeuden, Rachepläne zu schmieden. Von allem konnte man davon keine Klinikrechnungen bezahlen. In meinem Kopf entstand allmählich Plan B. Die Maliskija würde für Kellys Behandlung aufkommen, wenn ich Valentin 379
    entführte und ihr gegen Barzahlung anbot. Ich riskierte seit Jahren mein Leben – und meistens für weniger Geld.
    Ich hatte noch keine rechte Vorstellung davon, wie ich Plan B in die Tat umsetzen würde; ich würde
    improvisieren müssen. Jedenfalls musste die erste Phase daraus bestehen, dass ich Liv weismachte, ich hätte das ThinkPad mit dem heruntergeladenen Material, sei aber wegen der Katastrophe von letzter Nacht nur noch bereit, mit Val persönlich zu verhandeln – und nur hier in Finnland. Kreuzte er tatsächlich mit dem Geld auf, konnte ich es ihm vielleicht einfach abnehmen und mir die Arbeit mit der Entführung sparen.
    Aber das war nicht die Nachricht, die ich

Weitere Kostenlose Bücher