Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
Gepäckaufbewahrung unterwegs war. Der Schneefall
hatte etwas nachgelassen, und ich spürte kaum einen Windhauch. Ein Blick quer über die Gleise zeigte mir, dass die beiden zu den Wagen etwa in der Zugmitte unterwegs waren. Ich ging langsam weiter und
beobachtete, wie sie einstiegen. Dann sah ich auf meine Armbanduhr, als sei mir plötzlich etwas eingefallen, und machte auf dem Absatz kehrt. In ungefähr 17 Minuten würden die beiden nach St. Petersburg abfahren, und es sah so aus, als müsste ich sie begleiten.
Am Ende des Zugs kam ich an zwei russischen
Zugbegleitern vorbei, die im Gepäckwagen standen und ihre großen tellerförmigen Schirmmützen weit in den Nacken geschoben hatten, während sie missmutig einen Schluck von dem Zeug nahmen, das sie in ihrer Flasche hatten.
Ich stieg in einen sauberen, aber sehr alten Waggon mit einem Seitengang auf der Bahnsteigseite und einer 383
langen Reihe von Abteilen rechts von mir. Ich folgte dem überheizten Gang und setzte mich im ersten freien Abteil auf einen der harten Polstersitze. Der starke, fast parfümierte Zigarettengeruch war aus diesen Zügen vermutlich nicht mehr herauszubekommen.
Was nun? Ich hatte Geld, aber kein Visum. Wie sollte ich über die Grenze nach Russland kommen? Sich auf der Zugtoilette zu verstecken, funktioniert nur in Agatha-Christie-Filmen. Vielleicht war mit Bestechung etwas zu machen. Ich würde den dämlichen Touristen spielen, der keine Ahnung hatte, dass er für die Einreise einen Reisepass und noch dazu ein Visum brauchte, und
erkennen lassen, dass ich mit meinen Dollars großzügig sein würde, wenn sie mich passieren ließen. Schließlich konnte nur ein Verrückter versuchen, illegal nach Russland einzureisen.
Ich saß da und beobachtete die verschneiten
Tellermützen, die auf dem Bahnsteig unter den
Gangfenstern vorbeischlenderten. Mein Puls pochte in beiden Halsschlagadern, und ich hatte starke
Brustschmerzen, während draußen Pfeifsignale schrillten und die schweren Waggontüren zugeschlagen wurden.
Noch drei Minuten bis zur Abfahrt, wie mir ein Blick auf meine Baby-G zeigte. Ich war nicht aus Angst vor Schaffnern und Grenzpolizisten nervös, sondern weil ich fürchtete, ich könnte Liv – und damit meine einzige rasche und sichere Verbindung zu Valentin – aus den Augen verlieren.
Die Tür meines Abteils wurde aufgezogen, und eine alte Frau, die einen langen Pelzmantel trug, kam mit 384
einer kleinen Reisetasche in der Hand herein. Sie murmelte etwas, auf das ich mit einem Grunzen
antwortete. Als ich den Kopf hob, sah ich aus dem Augenwinkel heraus schwarzes Leder, das sich über den Bahnsteig bewegte. Was zum Teufel war das wieder?
Draußen ging Liv, die wegen des Schneefalls den Kopf gesenkt hielt, mit ihren Tragetaschen den Bahnsteig entlang.
Ich empfand ungeheure Erleichterung, als ich
aufsprang und durch den Seitengang zur Waggontür lief.
Aber ich konnte nicht gleich aussteigen, weil ich damit rechnen musste, dass der Kurier aus St. Petersburg ihr nachsah und sich wunderte, dass noch jemand
beschlossen hatte, in letzter Minute wieder auszusteigen.
Als Liv im Gebäude verschwand, sprang ich auf den Bahnsteig, ohne zu kontrollieren, ob der Mann mich beobachtete, und hastete zu dem Eingang, durch den sie gegangen war. Ich sah ihre Mütze über den Köpfen der Menge, als sie auf den Ausgang zum Busbahnhof zuhielt.
Unterdessen musste Liv wissen, dass die Plastikbox keine Nachricht enthielt. Ich folgte ihr und wartete auf meine Chance, sie mir zu schnappen.
Ich war ungefähr 20 Schritte hinter ihr, als sie das Gebäude durch den Ausgang zum Busbahnhof verließ.
Sobald ich selbst im Freien war, blickte ich in den Schneefall hinaus. Aber ich sah nur Busse und Schlangen von Leuten, die vor ihren Einstiegen warteten. Liv musste gleich hinter dem Ausgang abgebogen sein.
Als ich die Stufen hinunterging, hörte ich hinter mir eine Stimme rufen: »Nick! Nick!«
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Ich blieb stehen, drehte mich um und sah zum
Ausgang zurück.
»Liv! Wie schön, dich hier zu treffen!«
Sie stand an einer der Säulen links neben dem
Ausgang und breitete lächelnd die Arme aus, um einen weiteren ihrer alten Freunde zu begrüßen. Ich kapierte sofort, ging auf das Spiel ein, schloss sie in die Arme und ließ mich von ihr auf beide Wangen küssen. Sie duftete wundervoll, aber so viel unter ihrer Mütze zu sehen war, war ihr Haar nicht so tadellos frisiert wie sonst und an den Enden verfilzt.
»Ich dachte, ich würde hier auf
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