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Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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und wünschte mir, ich könnte hier bleiben, wo das Brausen des Durchlauferhitzers das Duett von nebenan übertönte, aber ich hatte noch fünf weitere Minen zu verarbeiten. Ich ließ das Wasser laufen und ging mit einer weiteren Tellermine aus sowjetischer Produktion, die tropfnass am Holzstiel des
    Gummistampfers hing, nach nebenan zurück.
    Im Zimmer war es jetzt so kalt, dass meine Nase zu laufen begann. Ich wischte sie vorsichtig mit einem Jackenärmel ab, um kein »Marzipan« auf freiliegende Hautstellen zu bekommen, setzte mich vor die zweite Mine und machte mich daran, den Sprengstoff
    herauszukratzen.
    Plastiksprengstoff ist lediglich eine Masse, die bei der Zündung fast augenblicklich zerfällt. Bis dahin sind die meisten dieser Verbindungen harmlos und nicht
    wasserlöslich. Manche Arten von Plastiksprengstoff kann man sogar verbrennen, ohne dass sie detonieren; sie helfen einem nur, sehr schnell heißes Kaffeewasser zu bekommen. Werden sie jedoch gezündet, sind sie
    hochexplosiv, und dank dieser Brisanzwirkung können 556
    sie sogar hartes Material wie Stahl zerstören.
    Ich hatte noch vier weitere Tellerminen auszukratzen und verzehrte mich nach einem Kaffee, aber hier gab es bestimmt keinen Zimmerservice, jedenfalls nicht die Art, an die ich dachte. Also arbeitete ich einfach weiter, kratzte Sprengstoff heraus, walzte ihn zu Fladen aus und schnitt ihn in vier Zentimeter breite Streifen – alles von den Geräuschen des Bären nebenan begleitet, der auf sein letztes Grunzen hinzuarbeiten schien. Ich konnte nur hoffen, dass er danach in einen Winterschlaf verfallen würde.
    Etwa eine Stunde später, als der gesamte Sprengstoff in Streifen vor mir lag, klappte ich die Klinge des Leathermans heraus und steckte sie zwischen die
    Heizelemente des künstlichen Kaminfeuers. Dann legte ich das erste Styroporformteil mit der glatten Seite nach unten aufs Bett. Da Zimmermann mich ärgerte, weil ich immer wieder über ihn hinwegsteigen musste, packte ich ihn an den Füßen und zog ihn näher an die Tür heran, wobei sein Kopf dumpf auf dem Teppichboden
    aufschlug, als er aus der Nylondecke rutschte. Ich umgab den Kopf wieder mit der durchgeweichten Decke und wischte mir die Hände an seinem schwarzen
    Rollkragenpullover ab.
    Mit dem Handtuch als Topflappen nahm ich den
    heißen Leatherman vom Feuer und säbelte damit alle Vorsprünge des Styroporformteils ab. So erhielt ich ein Teil mit fast einem Meter Seitenlänge, das auf einer Seite eben und auf der anderen nahezu eben war. Als nächstes markierte ich mit der heißen Klinge sieben bis acht 557
    Zentimeter vom Rand entfernt eine ungefähr zwei
    Zentimeter breite Rille. Der Gestank des verbrennenden Styropors war noch durchdringender als der
    Marzipangeruch.
    Nachdem ich die Klinge wieder erhitzt hatte, begann ich die Rille umgekehrt V-förmig auszuschneiden, so dass ringsum eine keilförmige Vertiefung entstand, in der vier sehr lange Toblerone-Riegel mit den Spitzen nach oben zu liegen schienen. Die Sprengstoffstreifen würden auf die Seiten dieses imaginären Schokoriegels gelegt werden, und wenn der fertige Rahmen zum Einsatz kam, würde seine flache Unterseite an das zu sprengende Objekt gepresst werden.
    Man kann eine Brücke nicht in die Luft jagen, indem man sie einfach nur mit großen Dynamitstangen behängt.
    Um Beton, Mauerwerk oder Stahl mit geringstem
    Materialverbrauch und höchstem Wirkungsgrad zu
    zerstören, muss man die Sprengkraft kanalisieren, indem man den Munroe-Effekt nutzt. Wegen des
    Dreißiggradwinkels, den die Seiten des dem Objekt zugekehrten Toblerone-Riegels bildeten, würde der größte Teil der Spreng-Wirkung in Richtung Grundfläche des imaginären Schokoriegels gehen. Hätte der
    Dreikantriegel aus Kupfer bestanden, hätte die
    Sprengladung für mehrere Zentimeter Panzerstahl
    ausgereicht, weil das bei der Detonation schmelzende und mitgerissene Kupfer den Stahl durchstanzt hätte. Ich hatte kein Kupfer, nur Styropor, aber allein die Brisanz des Plastiksprengstoffs würde ausreichen, um die
    gewünschte Wirkung zu erzielen.
    558
    Meine durch Nitroglyzerin ausgelösten
    Kopfschmerzen waren jetzt wirklich schlimm. Ich
    schluckte vier weitere Aspirin, so dass mir nur noch vier blieben.
    Als ich mit der nochmals erhitzten Klinge
    weiterschnitt, waren draußen auf dem Korridor die Stimmen zweier Männer zu hören, die sich zu streiten schienen. Wenig später gesellte sich eine Frau zu ihnen, die zu versuchen schien, die beiden zu

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