Nick Stone - 04 - Eingekreist
einem Sonnenschirm an einem der Tische und hörten
nur das Surren der Elektroloks, weil die Blaskapelle und die Girls eine Mittagspause einlegten. Um Augen und Kopf möglichst zu schonen, trug ich wieder die Jackie-O-Sonnenbrille. Hier zu Lande hatte anscheinend nie jemand Kopfschmerzen.
Aaron nutzte die Gelegenheit, um mir die
Hintergründe des Abzugs der Amerikaner im
vergangenen Dezember zu erläutern. Dass er die
genauen Daten und Zahlen herunterrattern konnte,
unterstrich seine Verbitterung über diese Ereignisse.
Insgesamt waren über hundertsechzigtausend Hektar
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der Kanalzone und Stützpunkte im Wert von über zehn Milliarden Dollar übergeben worden – und natürlich der Kanal selbst, dessen Bau und Unterhalt die USA weitere dreißig Milliarden Dollar gekostet hatten. Zurückkehren konnten die Amerikaner nur, wenn sie sich auf den
DeConcini-Vorbehalt beriefen, der eine militärische Intervention gestattete, falls der Kanal gefährdet war.
Lauter interessante Informationen, aber für mich war es wichtiger, bestätigt zu bekommen, dass Michael Choi diese Woche an der Universität sein würde.
»Klar«, sagte Aaron nickend. »Diese Woche sind alle wieder da. Für die meisten Leute hat das Semester schon letzte Woche begonnen.«
Auf der Weiterfahrt zu Chois Haus kamen wir durch
Fort Clayton. Aaron erklärte mir, seit dem Abzug der Amerikaner habe Charlie sich in der Kanalzone große Flächen gesichert, um sie zu bebauen.
Der einzige Posten, der heutzutage an der Einfahrt
Wache hielt, war ein alter Knacker, der auf der Veranda des Wachgebäudes schlief und ein halb volles
Marmeladenglas mit einer undefinierbaren Flüssigkeit neben sich stehen hatte. Er wirkte ziemlich ungehalten, als Aaron kurz hupte, damit er die Schranke öffnete.
Clayton würde vielleicht einmal ein Technologiepark werden, aber vorerst war es noch nicht soweit. Wir
fuhren an verlassenen Unterkünften vorbei, zwischen denen hohes Gras wucherte. Die Spuren der U.S. Army waren noch sehr deutlich zu sehen. Über dem Eingang eines Gebäudes stand in Schablonenschrift auf einer Stahlplatte: Building 127, HQ Theater Support Brigade, 194
Fort Clayton, Panama, U.S. Army South. Ich fragte mich, ob unsere SOUTHCOM-Bosse uns in meiner Zeit in
Kolumbien unsere Satellitenfotos und Befehle vielleicht aus eben diesen Gebäuden übermittelt hatten.
Das Gelände sah aus, als sei es vor einem
heranziehenden Hurrikan evakuiert worden. An den
Kinderschaukeln zwischen verlassenen Bungalows und
von Palmen umstandenen einstöckigen
Apartmentgebäuden waren unter dem blauen Anstrich
die ersten Rostspuren zu erkennen. Auf der Anzeigetafel des Baseballfelds, das dringend gemäht werden musste, war noch das Ergebnis des letzten Spiels zu lesen.
Warnschilder ermahnten uns, wegen spielender Kinder nicht schneller als fünfzehn Meilen zu fahren.
Wir erreichten die andere Seite des riesigen
Militärkomplexes und fuhren in die Berge hinein. Der Dschungel drängte von beiden Seiten bis an die schmale, kurvenreiche Asphaltstraße heran. Ich konnte nur
ungefähr fünf Meter weit hineinsehen; danach
verschwamm alles zu einem grünen Wall. Ich kannte
eine Geschichte aus den Sechzigerjahren von einer
Patrouille auf Borneo, auf der ein Mann eine
Schusswunde erlitten hatte. Sie war nicht tödlich, aber er musste ausgeflogen werden. Seine Kameraden ließen ihn gut versorgt am Fuß des Hügels zurück, den sie
bestiegen, um einen Platz für den Rettungshubschrauber zu roden, der ihn ins Lazarett fliegen sollte. Das war keine große Sache, und der Verwundete wäre bei letztem Tageslicht ausgeflogen worden, hätten sie nicht den fatalen Fehler gemacht, niemanden bei ihm
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zurückzulassen und auch ihre Aufstiegsroute nicht zu markieren. Sie brauchten über eine Woche, um ihn zu finden, obwohl er keine hundert Meter entfernt am Fuß des Hügels lag. Als sie ihn fanden, war er tot.
Die Sonne brannte auf die Windschutzscheibe und
zeigte mir alle Insekten, die dagegengeklatscht und von den Scheibenwischern verteilt worden waren. Aaron
musste Mühe haben, die Straße zu erkennen.
Dies war Sekundärdschungel, in dem man nur äußerst
mühsam vorankam. Ich bewegte mich lieber durch
Primärdschungel, in dem das Laubdach viel höher ist und kaum Sonnenlicht den Erdboden erreicht, der
deshalb weniger bewachsen ist. Trotzdem ist die
Fortbewegung auch dort mühsam, weil der Boden von
allem möglichen Getier bevölkert ist.
Graue Wolken begannen am
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