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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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blass und schmächtig, ein zerzauster grauer Haarkranz schmückte sein Haupt. Auch wenn sich seine Augen schon leicht getrübt hatten, waren die schwarzen Pupillen immer noch deutlich im Braun der Iris auszumachen.
    Nicodemus räusperte sich. »Magister Shannon lässt herzliche Grüße bestellen und bittet Euch in sein Studierzimmer.«
    »Ausgezeichnet, ausgezeichnet, immer eine Freude, Shannon zu sehen«, sagte Smallwood und lächelte abwesend. Er klappte das Buch zu. »Und wer bist du?«
    »Nicodemus Weal, der Lehrling von Magister Shannon.«
    Mit zusammengekniffenen Augen lehnte sich Shannon vor. »Ah, Shannons jüngstes Kakographie-Projekt.«
    »Wie bitte?«
    »An den Namen des vorigen Jungen erinnere ich mich nicht mehr. Und dich habe ich noch nie gesehen.«
    Dabei überbrachte Nicodemus ihm schon seit fast zwei Jahren schriftliche Botschaften. Doch jetzt hatte er zum ersten Mal persönlich mit ihm gesprochen. »Entschuldigt, Magister, aber die Sache mit dem Kakographie-Projekt verstehe ich nicht so recht.«
    Smallwood reckte die Arme und rückte seine Kapuze zurecht, die wie Shannons weiß gefüttert war. »Ach, weißt du, Shannon nimmt seine Arbeit mit den Jungen vom Speicherturm sehr ernst. Und stets hat er einen Lieblingskakographen. Es kursieren die abenteuerlichsten Gerüchte über ihn. Wie stolz er immer ist, wenn sich einer von euch eine Zauberreife zweiten Grades verdient hat.«
    »Ja, Magister«, sagte Nicodemus und versuchte, ein möglichst unbeteiligtes Gesicht zu machen. Zwar hatte er Gerüchte über Shannons ehemalige Karriere in Astrophell gehört, doch nie ein Wort über sein gegenwärtiges Amt als Hausvater des Speicherturms.
    »Was genau musst du eigentlich für Shannon tun, um deinen Grad zu bekommen?«, fragte Smallwood.
    »Er hat einen Zauber geschrieben, mit dem er meine Runen inseinen Körper ziehen kann. Es hilft ihm beim Schreiben längerer Zaubertexte. Wir hoffen, dass, wenn genügend Linguisten mich als Hilfe empfinden, sie mir dann eine Zauberreife zweiten Grades verleihen werden, eine Kapuze mit weißem Futter.«
    »Ah ja, und ich soll wohl der Erste sein, der deine Hilfe zu schätzen lernt.« Smallwoods Lächeln wirkte aufrichtig. »Ich glaube, du wirst mir und Shannon morgen assistieren. Sehr aufregend und vielversprechend, der Exputationszauber, an dem wir uns versuchen werden.«
    »Es ist mir eine Ehre dabei zu sein, Magister.«
    »Unterrichtest du schon?«
    Nicodemus gab sich alle Mühe, selbstbewusst zu klingen. »Sezieren ja, aber Zauberschreiben bislang noch nicht. Ich freue mich schon darauf.«
    »Ja, lass nicht locker, bis Shannon dich lässt. Solange du nicht Kompositionslehre unterrichtet hast, wird dir die Akademie die Reife vorenthalten, bis du fünfzig bist.« Der Blick des Linguisten wanderte zu den Büchern auf seinem Schreibtisch. »Braucht mich Shannon jetzt gleich?«
    »Ich glaube schon, Magister.«
    Smallwood erhob sich. »Ausgezeichnet, ausgezeichnet. Ich danke dir, Nicolas. Hat mich gefreut. Du darfst jetzt gehen.«
    »Nicodemus, Magister.«
    »Ja, natürlich, Nicodemus.« Er hielt inne. »Verzeihung, aber sagtest du Nicodemus Weal?«
    »Ja, Magister.«
    Smallwood musterte Nicodemus eingehend. »Natürlich«, sagte der Zaubermeister schließlich und wurde auf einmal ernst. »Wie konnte ich dich nur vergessen, Nicodemus. Ich danke dir für die Botschaft. Du kannst gehen.«
    Mit einem kurzen Nicken zog sich Nicodemus zurück. Hastig lief er den Gang hinunter und entschwand am Ende über eine schmale Wendeltreppe. Shannon hatte ihn angewiesen, unverzüglich zum Speicherturm zurückzukehren, also lief er die Treppe im Dauerlauf hinab und eilte durch die von Fackeln beleuchtete Eingangshalle.Dort wandte er sich nach Westen, ging an lornischen Wandteppichen und vergoldeten Arkaden vorbei.
    Doch nahm er ihre Schönheit heute gar nicht wahr.
    Ihn quälte, was Smallwood über Shannon gesagt hatte. Die Lehrlinge wussten alle, dass Shannon damals in Astrophell in Ungnade gefallen war, aber Smallwood hatte angedeutet, dass es Gerüchte neueren Datums gab, die Shannon und die Kakographen betrafen.
    Nicodemus biss sich auf die Lippe. Smallwood war für seine Zerstreutheit bekannt. Womöglich verwechselte er alte Gerüchte mit neuen. Doch wenn das der Fall war, was genau hatte Smallwood verwechselt, als er Shannons »jüngstes Kakographie-Projekt« und seinen neuen »Lieblingskakographen« erwähnte?
    An einer engen Treppe bog Nicodemus ab und stieg die Stufen hoch.
    Erst vor

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