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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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hinüber, um den Text zu untersuchen. Er war fünf Fuß hoch und drei breit, selbst jemand mit Johns Figur hätte darin bequem Platz gefunden.
    Neugierig, wie der Zauber sie wohl nach unten befördern würde, linste Nicodemus über die Brüstung. »Flammendes Blut!«, fluchte er.
    Ein Fuß unter ihm befand sich ein halber Wasserspeier, dessen Leib mit den Brückensteinen verwachsen war. Der Wasserspeier zog seine Schweinchenschnute kraus und starrte Nicodemus aus kleinenschwarzen Knopfaugen an. Trotz seines Tierkopfes hatte der Zauber den muskulösen Oberkörper eines Mannes.
    »Einer zur Zeit«, krähte er.
    Direkt unter ihm war ein zweiter Wasserspeier, sein genaues Ebenbild. Und hinter diesem kam ein dritter, und so ging es weiter bis hinunter zum Wald.
    Nicodemus blickte verwundert. »Setzen wir uns einfach nur in den Stuhl?«, fragte er. »Und ihr reicht uns bis nach unten?«
    Das schweinegesichtige Geschöpf nickte. »Reinsetzen und festhalten.«
    Als Nicodemus sich wieder aufrichtete und über die Schulter blickte, sah er direkt in die Gesichter der beiden Druiden. »Ist die Leiter auf der anderen Seite?«, fragte Deidre.
    »Nein, wir setzen uns in diesen silberleuchtenden Stuhl und lassen uns von den Wasserspeiern nach unten weiterreichen.«
    »Silberleuchtender Stuhl?«, wiederholte Kyran.
    Daran hatte Nicodemus überhaupt nicht gedacht. »Ihr könnt ihn nicht sehen, weil er in Magnus geschrieben ist. Ich zeige Euch, wo Ihr Euch hinsetzen müsst.«
    Nun entspann sich eine kurze Diskussion, in welcher Reihenfolge sie hinabsetzen sollten.
    Und während die Druiden noch in ihre Unterredung vertieft waren, warf Nicodemus einen Blick auf die eisernen Tore, die zur Brücke führten. Gut, dass der habichtköpfige Wasserspeier auch diesen Zugang bewachte.
    Deidre bestand darauf, als Erste zu gehen. Nicodemus zeigte ihr, wohin sie sich setzen und wo sie sich festhalten konnte.
    »Bin ich darin auch wirklich sicher?«, fragte sie ängstlich. »Ich halte mich nicht gerne an etwas fest, das ich gar nicht sehen kann. Woher weißt du, dass ich nicht herausfalle?« Sie schrie auf, als der Stuhl nach hinten kippte und langsam über die Brücke gesenkt wurde.
    Nicodemus lief zum Geländer und beobachtete besorgt, wie der muskelbepackte Wasserspeier den Stuhl an seinen Hintermann weiterreichte. Deidre hatte die Augen geschlossen und hielt sich so entschlossen an den Armlehnen fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.Dann ergriff der nächste Wasserspeier den Stuhl und reichte ihn sogleich nach unten weiter.
    Kyran tauchte neben Nicodemus auf und ließ einen müden Lacher ertönen. »Ihr wird leicht schwindelig, aber sie hat Nerven wie Drahtseile. Jeder andere mit Höhenangst hätte sich schon längst die Seele aus dem Leib geschrieen.« Er zögerte. »Wie alt bist du eigentlich, mein Junge?«
    Als Nicodemus flüchtig zu Kyran sah, verfolgte dieser gebannt Deidres Abstieg. »Sechsundzwanzig bei Wintersonnenwende.«
    »Frisch von der Mutterbrust. Schon mal verliebt gewesen?«
    Nicodemus dachte an Amy Hern, was sie einander versprochen hatten und wie wenig davon übriggeblieben war. »Ich hoffe, zur Liebe gehört mehr als das, was ich bislang von ihr erfahren habe.«
    Wieder ließ Kyran ein feines Lachen hören. »Eine gute Antwort.«
    Verlegen schwieg Nicodemus, und gemeinsam beobachteten sie, wie Deidre unten ankam. Die Wasserspeier reichten den Lehnstuhl wesentlicher schneller hoch als hinunter.
    Als nächstes war John an der Reihe. Erstaunlicherweise folgte er stoisch allen Anweisungen. »Warum ist er so ruhig, müsste er nicht eigentlich viel verzweifelter sein?«, fragte Nicodemus.
    Kyran seufzte. »Das liegt am Schockzauber. Momentan kann er sich an gar nichts erinnern. Aber nach ein paar Stunden legt sich das wieder.«
    »Ich mache mir Sorgen, dass er auf halber Strecke die Fassung verliert. Gibt es da nicht einen Zauber …«
    Er verstummte, als Kyran sich einen Knopf vom Hemd riss und ihn John an die Brust drückte. Aus der Hand des Druiden schoss eine Kugel aus grünem Licht, das sich zu rankenden Reben verdichtete.
    »Mirakelzauber!«, flüsterte Nicodemus und das Blut schoss ihm in die Wangen.
    Die Rebe breitete sich aus und band Johns Arme an die Lehnen und seine Beine an die des Stuhls fest. Gelassen beobachtete der Hüne, wie die magische Pflanze immer größer wurde, bis er vollständig von ihr eingewachsen war. An dieser Stelle bildeten sich dicke Trauben blauvioletter Blüten aus, Blauregen.
    »Blumen«,

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