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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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Shannon gebracht wurde? In welche Richtung sie verschwunden sind?«
    Kale nickte. »Durchs Haupttor.«
    »Wie ist das nur möglich?«, fragte die grauhaarige Wächterin entsetzt. »Das Haupttor ist doch viel zu gut bewacht.«
    Angsterfüllt sah Kale der Frau ins Gesicht. »Viele Wachen und Wächter wurden im Kampf gegen die Runenwürmer verletzt und der Rest hat sich über die Festung verteilt, um nach Nicodemus zu suchen. Das Torhaus war unbesetzt, nur zwei Wachen standen an der Zugbrücke. Beide sind jetzt tot.«
    »Schlag Alarm«, befahl Amadi. »Ruf die Suchtrupps aus Gray’s Crossing und den Wäldern zurück. Niemand hat Starhaven zu verlassen.Und sorg dafür, dass die ermordeten Wachen ordentlich bestattet werden.«
    Kale nickte.
    »Und sag den Totengräbern, sie mögen noch ein weiteres Grab ausheben«, fügte Amadi hinzu. »Denn wenn ich den Provost über alles in Kenntnis gesetzt habe, möge man mich selbst dort hineinlegen.«

Kapitel 38
    Eiskalte Regentropfen weckten Deidres windtaubes Gesicht wieder zum Leben. Der Himmel hing voller Wolken, nur hier und da riss er auf, und ein mächtiger Sonnenstrahl ergoss sich aufs Hochland.
    Lachend galoppierte Deidre über den Hochkamm, der zu beiden Seiten steil abfiel. Die tiefen Täler waren von Steinwällen durchzogen, und überall grasten Hochlandschafe. Raben gab es hier auch, in dichten Schwärmen stiegen sie in den dunklen Himmel auf oder drängten sich wie lärmende Fiederfrüchte in den vereinzelten Bäumen.
    Nachdem sie den nächsten Kamm hinter sich gelassen hatte, konnte Deidre schon den Wachturm am Eingang zu Glengorm sehen, eine der befestigten Siedlungen ihres Clans. Mit glitzernder Rüstung galoppierte sie den sonnendurchfluteten Pass entlang. Als sie durch die offenen Tore preschte, jubelten ihr die Wachen zu.
    Sie flog beinahe ins Tal hinab, nahm kaum Notiz von den verrammelten Häusern und den Holzverschlägen, die das Vieh vor den Werwölfen schützen sollten. Im Herzen des Tals lag ein See. In das graue Wasser hinein erstreckte sich ein Pier, auf dem ein kleines gemauertes Fort stand.
    Erst als sie die Ställe erreicht hatte, bremste Deidre ihre Stute ab. Die Clansmänner in den Ställen riefen ihr fröhlich zu, dann erschienen weitere Gesichter an den Fensteröffnungen.
    Deidre schwang sich aus dem Sattel und warf dem nächstbesten Jungen die Zügel zu. »Kümmer dich gut um sie«, sagte sie mit einem spöttischen Lächeln. »Sie hat einen kleinen Ritt hinter sich.« Die Umstehenden lachten über ihre Untertreibung.
    Sie hob die Faust und schrie: »Der Weiße Fuchs ist nach Dral entwischt! Nieder mit dem lornischen Reich!« Die Männer wiederholtenihren Ruf in ohrenbetäubender Lautstärke. Sie stimmte noch ein weiteres Hoch auf den Fall der lornischen Krone an und eilte dann ins Fort. Dort stürmte sie drei schmale Holztreppen hinauf, und als sie die Tür aufstieß, sah sie Kyran, der vor dem Fenster auf- und ablief. Er humpelte nicht mehr ganz so stark, doch würde er sich wohl Zeit seines Lebens mehr auf sein linkes Bein verlassen müssen. Das lange Haar hing ihm wie ein goldener Vorhang über die Schultern.
    Deidres Mundwinkel verzogen sich wieder zu einem spöttischen Lächeln. »Vor nicht einmal einem halben Jahr hat Paladin Garwyn Euch dieses Gliedmaß beinahe abgetrennt.« Sie deutete mit dem Kopf auf sein verbundenes Bein. »Vielleicht solltet Ihr es nicht so stark belasten.«
    Kyran drehte sich zu ihr um. Seine dunklen Augen glänzten erwartungsfroh. »Bei meiner Seele«, seufzte er und sank auf das linke Knie.
    Deidre schloss die Tür und kam auf ihn zu. Er wandte ihr sein frisch rasiertes Gesicht entgegen. Die Narbe unter seinem Ohr war kaum mehr als ein roter Strich. »Mein Vetter?«, fragte er. »Ist er sicher nach Dral gelangt?«
    Überrascht lachte Deidre auf. »Ihr seid immer so ernst, Kyran. Noch heute Nacht wird der Weiße Fuchs die wilden Wälder durchqueren. Eine Handvoll Waldläufer hat am Fluss auf uns gewartet. Wenn sie den Werwölfen ausweichen können, dann werden sie Kerreac in weniger als vierzehn Nächten erreichen.«
    Kyran lächelte vor Erleichterung. Er nahm ihre Hand und beugte sich darüber. »Bei Bridget, Euch gehört meine ewige Liebe, das schwöre ich.«
    Bei seiner Berührung wurde ihr ganz leicht zumute.
    Zwar deutete nichts direkt darauf hin, doch Deidre war sich ganz sicher, dass er mit »Euch« die Mehrzahl meinte und ihre Göttin mit einschloss. Mit zitternder Hand hob sie sein Kinn. »Und Ihr habt die

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