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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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Nicodemus’ wutverzerrtes Gesicht. Aufgeschlagen neben dem Jungen schwebte ein alter, in weiße Sätze gewundener Kodex.
    Der Welpe musste einen Zensorzauber in einer ihm unbekannten Sprache versucht haben. »Da haben wir ihn ja, unseren Nicodemus in seiner ganzen Herrlichkeit. Der Erbe der kaiserlichen Familie, der nichts weiter zustande bringt als kakographisches Blech.«
    Nicodemus holte erneut aus. Amüsiert hob Fellwroth die Hand, um den Text in sinnlose Wörter zu verwandeln.
    Doch Nicodemus hatte gar keinen Zauber in seiner Hand geformt. Stattdessen stürzte er sich auf Fellwroth und verpasste ihm einen Schlag mit der Faust.
    Durch den kurzen Hautkontakt bekam Fellwroth einen bildhaften Einblick in Nicodemus’ Vergangenheit: eine wunderschöne Frau mitlangem braunem Haar, die Geschichten vorliest. Aber private Erinnerungen scherten Fellwroth jetzt herzlich wenig, er beschwor eine riesige Magnuswelle herauf, die Nicodemus mitriss und auf den Steintisch schleuderte. Das Zauberbuch prallte gegen die Tischplatte und blieb aufgeschlagen neben Nicodemus liegen.
    »Genug jetzt!«, brüllte Fellwroth und hielt den Smaragd empor. »Heute, Nicodemus Weal, wird dein Geist gespalten.«
    Ein hauchdünner Numinusabsatz sickerte aus dem Smaragd und bildete ein filigranes Schwert. Fellwroth trat einen Schritt vor, und dann schlug er damit zu.
    Verzweifelt versuchte Nicodemus zurückzuweichen, doch seine Hände fanden auf dem rutschigen Tisch keinen Halt.
    Der Dämon wirbelte das Schwert durch die Luft, und als es nur noch eine Handbreit von Nicodemus’ Braue entfernt war, brach plötzlich karmesinrotes Licht aus Boanns Schrein hervor, suchte und traf Fellwroths Hand.
    Schwer war Fellwroth zwar nicht getroffen worden, doch es genügte, um seinen bleichen Fingern den Smaragd zu entreißen.
    Der Edelstein fiel.
    Kaum hatte Fellwroth den Kontakt zu dem Smaragd verloren, zerfiel die Schneide des Schwertes, und harmlose, dumpfe Satzfragmente spritzten Nicodemus ins Gesicht.
    »Nein!«, brüllte der Dämon.
    Lautlos landete der grüne Stein auf Nicodemus’ Brust.
    In diesem Moment begriff Fellwroth, dass ihn der Smaragd verraten hatte: Irgendwie hatte der Stein mit Boanns Schrein in Verbindung gestanden und sie wissen lassen, wann und wie er zu befreien war.
    Sanft schloss sich Nicodemus’ Hand.
     
    Auf dem Weg zu den Ställen im Spirischen Viertel klärte Kale Amadi über Johns plötzliches Auftauchen und den Angriff des Golems auf. Zu Amadis großer Erleichterung folgten ihnen zwei der Getreuen des Provost, der Rektor und die Bibliotheksvorsteherin, dicht auf. Sie kamen gerade von einem geheimen Treffen, in dem Amadi sich bemüht hatte, dem Provost die Vorkomnisse der letzten beiden Tage zuschildern. Es sah nicht gut aus für sie. Zum Glück hatte Kale sie darauf mit den unerhörten Neuigkeiten gerettet.
    Als sie bei den Ställen ankamen, hatten bereits zwei ihrer Wächter John von dem Stasiszauber befreit. Obgleich sie den Hünen danach sofort in einen Fesselzauber gelegt hatten, durfte er doch zumindest auf einem Stuhl Platz nehmen und bekam von ihnen ein Glas Wasser gereicht.
    »John«, sagte Amadi, als sie vor ihm stand. »Wo sind Shannon und Nicodemus?«
    Er schob die Unterlippe vor und sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Ihr würdet es mir nicht glauben«, antwortete er schleppend.
    »Ich weiß von dem Golem«, erwiderte sie kurz angebunden. »Beim Blute des Los, und wie ich von dem Golem weiß! Und mir bleiben ein, vielleicht auch zwei Tage, um zu beweisen, dass dieses Wesen existiert, ansonsten wird der Provost mir meine Magie nehmen.«
    Der Hüne dachte einen Moment nach und nickte dann. »Nico und der Magister sind losgezogen, um den Verfasser des Golems in der Spindle-Brücke anzugreifen.«
    Amadi atmete tief durch. »Das ist ziemlich weit von hier. Und eine Mannschaft zusammenzustellen, wird Zeit kosten.« Sie hielt inne. »Du sagtest ›in‹ der Brücke?«
    »Geht dorthin«, sagte John. »Ihr werdet schon sehen, was ich meine. Nur …« Er zögerte. »Nur nehmt alle verfügbaren Zauberschreiber mit … und wappnet Euch mit Euren mächtigsten Worten.«

Kapitel 43
    Weder wurde er durch gleißendes Licht geblendet, noch verspürte er auf irgendeine andere Weise eine plötzlich gesteigerte Macht. Alles erschien ihm wie zuvor.
    Und dennoch wusste Nicodemus genau, was jetzt zu tun war. Mit der rechten Hand umschloss er den Smaragd fester und legte die Linke auf die aufgeschlagene Indexseite.
    Sein Geist

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