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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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»Magister, haltet still. Ich muss Euch von den Flüchen befreien.«
    »Später«, brummte Shannon. »Die Wächter werden bald hier sein. Schnell, wir müssen Fellwroth dazu bringen …«
    »Magister!«, schnauzte Nicodemus. Seine Stimme klang fest, obwohl seine Hände kalt vor Angst waren. »Schweigt und haltet still!«
    Shannon setzte sich auf die Fersen. »Gut, gut, aber beeil dich. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit!«
    Um den Fluch zu heben, musste Nicodemus seinen Lehrer berühren. Doch als er sich der Wange des alten Zauberers näherte, erstarrte er, und seine Hand zitterte.
    »Ich bin nicht mehr der Unglücksbote«, sagte er leise zu sich selbst. »Ich werde den Fluch nicht verschlimmern. Jetzt bin ich der Halkyon.«
    So hatte sich Nicodemus das nicht vorgestellt. Nun war er dochendlich im Besitz des Smaragds, und mit seiner Schreibschwäche hätten doch auch seine Zweifel und Ängste verschwinden müssen.
    »Ich bin der Halkyon«, sagte er zuversichtlich und presste seine Handfläche gegen die Shannons Wange. Der alte Zauberer hielt den Atem an.
    Auf einmal konnte Nicodemus durch Shannons Haut und Sehnen seinen Magen ausmachen, wobei er nicht das rosa Fleisch sah, sondern das zyanfarbene Leuchten des Primustextes. Unter den gleichmäßigen Falten der Magenwand fielen ihm fünf Verdickungen ins Auge, die heller strahlten als ihre Umgebung.
    Nicodemus machte sich daran, die Geschwüre aufzulösen. Das war eine schwierige Aufgabe, denn Fellwroth hatte Shannons Primusprosa grausam entstellt. Außerdem zuckte sein Lehrer jedes Mal zusammen, wenn er eine Geschwulst löste.
    »Bist du fertig?«, fragte Shannon, als Nicodemus schließlich seine Hand zurückzog. Vor Schmerz war das Gesicht des Zauberers mit einer glänzenden Schweißschicht überzogen.
    »Den schlimmsten Schwulst habe ich aus Eurem Magen entfernt, doch es gibt noch andere, kleinere Geschwüre an anderen Organen. Sie wachsen nicht so schnell …«
    »Heile sie später«, sagte Shannon, während er Azure wieder auf ihren altbekannten Platz auf seiner Schulter hievte. »Lange wird es nicht mehr dauern, dann erfahren die in Starhaven, wo wir sind, und kommen uns holen.«
    Nicodemus half seinem Lehrer auf. »Aber was haben wir denn von den Zauberern zu befürchten?«
    Shannon machte einen ersten wackeligen Schritt. »Wenn der Provost die Wahrheit über dich erfährt, Nicodemus, dann stecken wir im tiefsten Sumpf der Geschichte, und wenn wir nicht seine Gefangenen werden wollen, müssen wir so viel wie möglich von dem Ungeheuer erfahren.«
    Nicodemus drehte sich zu Fellwroth um, der immer noch gefesselt und geknebelt am Boden lag.
    Deidre hatte sich inzwischen aufgerappelt und war zu Boanns Schrein hinübergegangen. Fellwroth hatte den Stein zwar mit einemNuminusschild umgeben, doch die Avatara hatte ihre Arme durch die Prosa gezwängt, um die Hände gegen den Menhir pressen zu können.
    Ihre Berührung schien dem Schrein Kraft zu geben, denn die rote Aura um den Stein dehnte sich beständig aus.
    »Ungeheuer, sagt mir die Wahrheit.« Shannon war zu Fellwroth gehumpelt. »Was wisst Ihr über den Krieg der Sprachen?«
    Aus blutroten Augen funkelte Fellwroth ihn an. Als Shannon ihn vom Knebel befreite, lachte er nur. »Womit wollt Ihr mir denn drohen, Magister? Mit Folter? Mit Tod? Davon lasse ich mich nicht bezwingen. Alter Narr, Euch werde ich niemals dienen.« Die blutroten Augen suchten Nicodemus. »Doch vielleicht dem Jungen.«
    Stirnrunzelnd sagte Nicodemus: »Worauf wollt Ihr hinaus?«
    Fellwroth grinste. »Du brauchst mich vielleicht nicht, um den Alten von seinen Flüchen zu befreien, aber ich befehlige die Separatisten. Lass mich am Leben, und ich werde dir das Kommando über die Dämonenanbeter und ihre gesamten Mittel übertragen. Dann kannst du als neuer Kaiser herrschen.«
    »Redet doch nicht solchen Unsinn«, erwiderte Nicodemus barsch. »Lieber schmore ich in der Hölle, als gemeinsame Sache mit Euch zu machen.«
    Doch Fellwroth ließ seinen Blick weiter auf Nicodemus ruhen. »Überlege es dir. An die Zauberer kannst du dich nicht wenden, denn sie werden nicht von ihrem Glauben abrücken, dass du der Unglücksbote bist. Sie werden dich einsperren und quälen. Und diesem Mädchen, das wie eine Druidin gekleidet ist, kannst du erst recht nicht trauen. Mich hat sie hintergangen, und dich wird sie ebenso hintergehen.«
    Nicodemus stockte das Herz. »Deidre hat Euch betrogen?«, fragte er, und seine erste Begegnung mit Fellwroth im Speicherturm kam

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