Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
Vom Netzwerk:
Sorgen wegen einiger der Gesandten. Möglicherweise ist es sogar gefährlich, wenn jemand sieht, was wir machen.«
    Keiner der anderen sagte ein Wort. John starrte auf seine Stiefel und Devin blickte grimmig an die Decke.
    »Ich helfe euch aufräumen«, sagte Nicodemus erschöpft.
    Schweigend arbeiteten sie nebeneinander her. Simple John stellte die Tische wieder auf, während die anderen beiden die Stühle zurechtrückten und verstreute Seiten vom Boden auflasen. Zweimal sah Nicodemus, wie Devin und Simple John sich verstohlen angrinsten, doch sobald sie seinen Blick bemerkten, stürzten sie sich wieder in die Arbeit.
    Als sie fertig waren, löschte Nicodemus die Kerzen und schleppte sich in seine Kammer. Zum ersten Mal seit dem letzten Frühling war es wieder kalt. Der Herbst ging zur Neige.
    Nicodemus formte die Zündwörter und warf sie in den kleinen Kamin. Mit einem Zauberfunken steckte er die Worte in Brand. Flackerndes Licht huschte über die bescheidene Bleibe und Nicodemus’ wenige Habseligkeiten: eine Pritsche, ein Schreibtisch, zwei Truhen, ein Waschtisch und ein Nachttopf.
    Unter der Pritsche befand sich ein Stapel weltlicher Bücher. Darunter war auch ein Ritterroman, den er einem fahrenden lornischen Händler abgekauft hatte. Der alte Knabe hatte ihm beteuert, dass dieser Roman, Der silberne Schild , der beste sei, den er je gelesen habe.
    Seine Liebe zu Rittergeschichten verfolgte Nicodemus zuweilen noch im Schlaf. Seit er nach Starhaven gekommen war, hatte er unzählige Stunden damit zugebracht, sich vorzustellen, welche nächtlichen Schrecken wohl im nahen Wald lauerten. Sowohl in seinen Nacht- als auch in seinen Tagträumen war er jedes Mal ausgezogen und hatte die imaginären Ungeheuer bezwungen.
    Als er an die eigentümlichen Widersacher dachte, die er sich in jungen Jahren ausgedacht hatte, musste er unwillkürlich schmunzeln. Uro war ein Rieseninsekt mit Stachelpanzer und sensenähnlichen Scheren. Tamelkan, dem augenlosen Drachen, wuchsen Tentakel aus dem Kinn. Und dann gab es da natürlich auch noch Garkex, den Feuertroll, der aus seinen drei Hörnern Flammen und aus dem Mund feurige Flüche spie.
    Von Monstern und Schlachten zu träumen war kindisch, das wusste Nicodemus, aber es war eine der wenigen Freuden, die er kannte.
    Seufzend warf er noch einen Blick auf das Buch. Zum Lesen war er viel zu müde.
    Er ließ sich auf die Pritsche fallen und begann die Bänder seines Gewands im Nacken zu lösen. Das Haar könnte er sich auch mal wieder kämmen.
    Er suchte den Kamm, als er das Schlagen von Flügeln vor seinem Fenster vernahm. Nicodemus wandte sich um und erblickte einen großen Vogel mit leuchtend blauem Federkleid. Um die schwarzen Augen und den gekrümmten Schnabel glänzte die Haut in strahlendem Gelb. »Körner«, krächzte der Vogel mit seiner kratzigen Papageienstimme.
    »Hallo, Azure, mein Mädchen. Hier auf dem Zimmer habe ich keine Körnchen für dich. Bringst du mir Nachricht von Magister Shannon?«
    Die Vogeldame legte den Kopf schief. »Kraulen.«
    »Einverstanden, aber was ist mit der Nachricht?«
    Azure hüpfte aufs Bett und kam auf Nicodemus zugewatschelt. Mit ihrem Schnabel zog sie sich an seinem Gewand hoch und hinauf auf seinen Schoß, dort bot sie ihm ihr Köpfchen dar; Nicodemus tat ihr den Gefallen und kraulte sie.
    »Azure, die Nachricht vom Magister ist wichtig.«
    Die Vogeldame pfiff zwei Töne, ehe sie einen Schwall goldener Sätze aus ihrem in Nicodemus’ Kopf zauberte.
    Sprachen wie Numinus, welche das Licht und andere Texte verändern konnten, wurden häufig dazu benutzt, schriftliche Nachrichten zu verschlüsseln. Solch einen Zauber hatte Azure gerade benutzt.
    Numinus hatte aber einen komplizierten Satzbau, und die Berührung eines Kakographen führte dazu, dass alle bis auf die einfachsten Numinussätze verschrieben wurden. So musste sich Nicodemus mit dem Entschlüsseln der Nachricht beeilen. Denn je länger er den Text in seinem Geist bewahrte, desto eher würde er die Rechtschreibung durcheinanderbringen.
    Mit ihren fließenden Formen erinnerten die Numinusrunen an zarte Rauchschwaden oder Glasgespinstfäden. Wenn man sie übersetzte, hatte man das Gefühl, als berühre man geschliffenes Glas. Nicodemus’ Finger zuckten ob dieses Phantomgefühls.
    Shannons Nachricht war verzwickt, und als Nicodemus sie fertig übersetzt hatte, war sie verworren:
    Nicodemus–  
    Zu nmandem ein Wort ü/ unsere Unterhaltng von vorhin, auch ncht zu deinen Flurkameraden.

Weitere Kostenlose Bücher