Nie genug (German Edition)
zwischendurch in Farbe taucht.
„Meinetwegen“, antworte ich mit einem Schulterzucken, obwohl ich lieber ablehnen möchte. Sams Blick sagt mir, dass er sich dessen bewusst ist, aber er geht nicht darauf ein.
Zwei Stunden später verabschieden sich die beiden und Sam macht sauber, um für heute Feierabend zu machen. Es ist später Nachmittag und draußen dämmert es schon. Markus hat einen Kunden, ich kann das Summen seiner Tätowiernadel bis hier hören.
„Alles gut bei dir?“, fragt Sam und schließt die letzte Schublade an seinem Arbeitsplatz. Er kommt auf mich zu und hockt sich wieder vor mich. Ich nehme sein Gesicht in meine Hände und streiche mit den Daumen über seine Wangenknochen.
„Etwas müde“, gebe ich zu. „Die letzte Nacht steckt mir noch mehr in den Knochen, als ich dachte. Ich werde halt auch nicht jünger.“ Ich versuche es mit einem Lächeln, doch ich spüre selbst, dass es meine Augen nicht erreicht.
„Das ist es nicht, und wir wissen es beide. Willst du nicht zu der Party? Es ist okay, wenn du keine Lust hast.“
„Ich bin einfach nicht gut im Umgang mit anderen Leuten.“
„Ist mir aufgefallen.“ Es gefällt mir, dass er es nicht abtut, oder mir sagt, ich soll mich einfach mehr anstrengen.
„Es fällt mir schwer, mit fremden Leuten warm zu werden. Besonders wenn sie so attraktiv sind, wie Nina und Eric. Aber Sam, so bin ich und so war ich immer schon.“
„Es ist okay. Mir ist bewusst, dass du in meiner Gegenwart wahrscheinlich immer noch verlegen vor dich hinstammeln würdest, wenn ich dich nicht so überfallen hätte.“
Ich kneife ihm in den Oberarm, kann mir aber dann doch ein Grinsen nicht verkneifen.
„Mach dich nicht lustig über mich. Deine Wirkung auf mich hat nur unwesentlich nachgelassen.“
Sam greift in meinen Nacken und zieht mich für einen Kuss runter. Er saugt leicht an meiner Oberlippe und entlockt mir damit ein Stöhnen.
„Ich mag die stille Emma“, flüstert er an meinem Mund und stupst mich vorsichtig mit seiner Zungenspitze an. Ich bin aufgeheizt von seiner Nähe. Unruhig rutsche ich auf dem Sessel hin und her, als Sam von meinem Mund kostet, doch ehe es zu weit gehen kann, löst er sich wieder von mir.
„Sollen wir etwas kochen oder uns von unterwegs was mitnehmen?“, fragt er.
„Ich hab eigentlich keinen Appetit.“
Sam sieht mich skeptisch an.
„Machst du das wegen mir?“
„Was mache ich?“
„Nichts essen. Mir fällt es schon länger auf, dass du, besonders in meiner Anwesenheit, kaum isst. Heute Mittag hattest du nur einen Salat und gestern hast du dich auch nur so abgeschossen, weil du den ganzen Tag nicht gegessen hast.“
„Kann mir nicht schaden.“
Er wird das Thema nicht fallen lassen, so weit kenne ich ihn nun schon. Sam lehnt seine Stirn gegen meine Schulter und greift in die Gürtelschlaufen meiner Hose, um mich fest an sich zu ziehen.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es gibt Dinge, die ich sagen könnte, aber ich weiß nicht, ob du es in den falschen Hals bekommst.“
„Sag es, Sam. Ich weiß selbst, wie ich aussehe.“
Er hebt wieder den Kopf und sieht mich grimmig an.
„Ich habe dir oft genug gesagt, dass ich dich attraktiv in jeder Hinsicht finde, aber was nützt es, wenn es nicht zu dir durchdringt. Es gibt nur ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind.“
„Die da wären?“
„Du gehst nicht gut mit deinem Körper um, und das strahlst du aus.“
Ich möchte ihn wegschieben und rauslaufen, doch Sam greift sofort meine verspannte Haltung auf.
„Es ist offensichtlich, dass du das nicht hören willst, Emma. Aber du hast davon angefangen. Du siehst das jetzt nur als Angriff und Bestätigung, dass ich dich gar nicht sexy finden kann, egal wie oft ich es sage.“
„Es klingt verflucht danach.“ Ich will seine Hände von mir nehmen, doch er hält mich fest.
„Hör auf dich zu wehren. Du bist so viel mehr, als du selbst siehst. Ich würde dir gerne helfen, dich besser zu fühlen. Du isst schlecht und du bewegst dich zu wenig. Nur eine kleine Verbesserung dieser Umstände, und du würdest dich viel besser fühlen. Ich kann dir dabei helfen, aber du musst mich lassen. Es geht nicht darum, dass du Gewicht verlierst, sondern dass du deinen Körper wieder besser spürst.“
„Ich hab es schon so oft versucht, aber jedes Mal falle ich in die alten Muster zurück.“ Ich sehe an ihm vorbei an die Wand, zu beschämt, in anzusehen. Meine Augen füllen sich mit Tränen und laufen Sekunden später
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