Nie genug (German Edition)
schon über.
„Dann machst du etwas falsch, Pinkpants. Denn nichts essen ist keine Lösung, soviel kann ich dir verraten.“ Er wischt mir die Tränen von der Wange und küsst meine Stirn. „Wenn du hungerst, dann tust du nichts anderes, als Heißhungerattacken zu provozieren. Jetzt hör auf zu weinen und lass mich dich heute Abend bekochen.“
„Warum bist du so perfekt, Sam?“
„Bin ich nicht. Aber ich tue, was ich kann.“
13.
Mit einem Glas Rotwein in der Hand sitze ich auf der Küchenarbeitsplatte und sehe Sam beim Kochen zu. Er bewegt sich sehr routiniert. Scheinbar kann er sich besser um seine Ernährung kümmern als ich.
„Kennst du deine leiblichen Eltern?“, platze ich unvermittelt raus. Keine Ahnung, was da in mich gefahren ist. Es könnte ja durchaus sein, dass es für Sam ein empfindliches Thema ist.
„Sorry, Sam. Das war unsensibel. Du musst nichts sagen.“
Er sieht auf und lächelt mich an, offenbar habe ich ihn doch nicht verärgert.
„Du hast jedes Recht, diese Frage zu stellen. Nein, ich kenne meine leiblichen Eltern nicht. Die Adoption lief anonym. Ich hätte Einsicht in die Akten fordern können, aber ich wollte nicht. Von meinen Eltern weiß ich, dass meine leibliche Mutter ursprünglich aus Südafrika stammt, aber die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Sie war bei meiner Geburt siebzehn Jahre alt und hat mich mit drei Monaten zur Adoption freigegeben. Mein leiblicher Vater ist nicht bekannt. Gibst du mir bitte noch eine Paprika?“
Ich greife in den Kühlschrank und reiche ihm eine rote Paprikaschote.
„Warum wolltest du nicht? Sag mir, wenn ich zu neugierig bin.“
Sam legt das Messer beiseite, putzt sich die Hände am Geschirrtuch ab und kommt zu mir. Er stellt sich zwischen meine Knie und nimmt mir mein Glas ab, um selbst einen Schluck zu trinken.
„Du bist nicht irgendwer, Emma. Du darfst mir solche Fragen stellen. Nur um das grundsätzlich klarzustellen, meine Adoption ist kein empfindliches Thema. Es ist einfach so, dass ich Eltern habe. Großartige Eltern. Ich weiß nicht, was mich erwartet, wenn ich versuche, zu meiner leiblichen Mutter Kontakt aufzunehmen. Sie hat damals eine respektable Entscheidung getroffen und mir ein Leben ermöglicht, dass sie mir vermutlich nicht hätte bieten können. Vielleicht will sie mich sehen, vielleicht aber auch nicht. Von meiner Seite ist kein Verlangen da, sie kennenzulernen. Es ist nicht so, als hätte ich schlechte Gefühle ihr gegenüber. Eigentlich habe ich in dieser Richtung gar keine Emotion, außer dass ich ihr wünsche, dass sie ihr Leben heute besser im Griff hat als damals. Mein Leben ist gut und bisher ohne nennenswertes Drama ausgekommen. Ich weiß es zu schätzen, wenn das so bleibt.“
Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Sam ist so klar in seinen Gefühlen. Für ihn gibt es nur „ganz oder gar nicht“. Er ist einfühlsam, aber nicht überemotional. Eine beneidenswerte Eigenschaft.
„Findest du, dass ich gefühlskalt bin?“, fragt er, als ich nicht reagiere.
„Nein, ganz im Gegenteil. Ich beneide dich um deine Klarheit, was solche Sachen betrifft. Du bist realistisch, aber kalt finde ich das nicht. Und wenn das Essen so gut schmeckt, wie es jetzt schon riecht, dann bist du Heiratsmaterial.“
„Ist das so?“ Er zieht eine Augenbraue hoch und genießt es, dass ich wieder rot anlaufe.
„Keine Panik, süße Emma. Ich bin keiner von den Typen, die bei dem bösen H-Wort gleich laufen gehen.“ Er drückt mir einen saftigen Kuss auf die Stirn, nimmt noch einen Schluck aus meinem Weinglas und widmet sich wieder der Essenszubereitung.
Mit Sam Zeit zu verbringen ist einfach, unkompliziert. Nach dem Essen haben wir gemeinsam die Küche aufgeräumt und sitzen uns nun in einer angenehmen Stille auf der Couch gegenüber. Sam hat einen Block auf den Knien und zeichnet konzentriert vor sich hin, während ich noch ein paar Seiten schreibe.
Irgendwann klappt er seinen Zeichenblock zu und wirft ihn auf den Tisch. Er wartet geduldig, bis ich zu ihm aufsehe.
„Ich mach gleich Schluss für heute“, sage ich und begebe mich auch schon ans Abspeichern.
„Arbeite ruhig weiter, Emma. Du siehst gut aus auf meiner Couch, ich mag das.“
Selbst wenn ich wollte, mit seiner Hand auf meinem Oberschenkel kann ich mich sowieso nicht mehr konzentrieren. Ich schließe meinen Laptop und lege ihn auf dem Tisch ab.
„Ich muss gleich nach Hause, Sam. Es ist schon spät.“
Kopfschüttelnd nimmt er meine Hand und
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