Nie Wirst Du Entkommen
diese anonyme Quelle?«
Als sie keine Antwort gab, musterte Schmidt sie kritisch. »Sie haben also keine Quelle. Entweder haben Sie sich das aus den Fingern gesogen oder Sie haben die Cops belauscht. Also?«
Joanna sog frustriert die Wangen ein. »Das Zweite.«
»Dachte ich mir.« Er setzte sich auf seinen Stuhl und verschränkte die Finger. »Wenn Sie mir jemanden von der Spurensicherung besorgen, irgendjemanden, den ich zur Bestätigung kontaktieren kann, bringe ich die Story.«
Ja!
Die Worte, auf die sie seit zwei Jahren wartete. »Wo?«
Sein Grinsen war leicht spöttisch. »Werden Sie nicht größenwahnsinnig, Miss … Carmichael, richtig? Besorgen Sie mir eine Aussage, die einer Überprüfung standhält, und wir reden weiter.«
Das war nur fair, dachte sie. Nicht ideal, aber fair. Einen Sekundenbruchteil überlegte sie, den anderen Trumpf, den sie besaß – ihren Vater – aus dem Ärmel zu ziehen, überlegte es sich aber anders. Das wäre weder Schmidt noch ihr selbst gegenüber fair. Also begann sie, ihre Fotos zusammenzusammeln und zog die Stirn in Falten, als er seine Hand auf das erste, das mit den beiden Teenagern, legte.
»Ich habe keine Lust, wegen falscher Informationen verklagt zu werden«, sagte er glatt. »Aber diese Fotos kann ich dennoch verwenden. Sie lügen nicht.«
Joanna knirschte innerlich mit den Zähnen. »Ich auch nicht. Ich komme wieder.« Und dann war sie mit strammem Schritt unterwegs zur Polizeistation. Sie hatte keine Ahnung, wie sie an eine Bestätigung kommen sollte, aber es würde ihr gelingen.
Das Schicksal hatte ihr sozusagen eine heiße Story vor die Füße geworfen, nun würde sie aus dem Geschenk das Beste machen.
Sonntag, 12. März, 12.30 Uhr
Aidan verabscheute die Räume der Gerichtsmedizin. Selbst an einem guten Tag konnte der Geruch ihm den Magen umdrehen. Und heute schien kein besonders guter Tag zu werden. Jedenfalls für niemanden, der mit der Sache zu tun hatte.
Er trat ein und blieb direkt hinter der Tür stehen. Sein Blick fiel auf die Gestalt auf dem Untersuchungstisch. Für Cynthia Adams hatte der Tag definitiv schlecht begonnen. Falls sie wirklich Selbstmord begangen hatte, dann hatte sie dabei Unterstützung gehabt. So viel stand inzwischen fest. Jemand hatte diese Frau systematisch mit Fotos und kleinen »Gaben« gequält. Und immer wieder tauchte der Name »Melanie« auf. Murphy vermutete, dass es sich um die Frau im Sarg handelte, und Aidan war mehr als geneigt, ihm zuzustimmen.
Die Gerichtsmedizinerin hatte ihn nicht hineinkommen hören; sie war in die Betrachtung von Cynthias Händen vertieft. Zum Glück hatte sie die Leiche mit einem Tuch bedeckt. Er räusperte sich, und Julia VanderBeck sah auf. Sie trug eine Schutzbrille. Er konnte nicht verstehen, wie sie den Geruch aushielt – zumal sie sehr offensichtlich schwanger war. Seine Achtung vor Julia stieg noch ein wenig. »Du hast angerufen?«, fragte er, und sie lächelte leicht.
»Habe ich. Wo ist Murphy?«
»Er hört den Anrufbeantworter des Opfers ab und sieht sich die Überwachungsbänder aus dem Eingangsbereich ihres Hauses an.« Die Dankbarkeit des Hausmeisters McNulty hatte sich offenbar nicht darauf erstreckt, sämtliche Kameras in dem Gebäude zu sabotieren. »Er versucht herauszufinden, wer die ganzen Lilien angeschleppt hat.«
Julia nickte knapp. »Erinnere mich noch einmal an die Lilien, bevor du gehst«, sagte sie, »aber zuerst willst du sicher den toxikologischen Bericht.«
»Ja. Was war es?« Aidan nahm das Klemmbrett, das sie ihm über die Leiche hinweg reichte. Sie hatten siebzehn verschiedene rezeptpflichtige Medikamente in der Wohnung des Opfers gefunden. Vier hatte Dr. Tess Ciccotelli verschrieben. Die übrigen dreizehn stammten von anderen Ärzten und waren teilweise über fünf Jahre alt.
Julia streckte sich und presste dabei die Hände auf ihre Lendenwirbel. »Ihr habt Glück, dass ich Murphy noch etwas schulde. Ich wäre nicht für jeden mitten in der Nacht hergekommen.« Sie atmete tief aus und ließ sich langsam auf einen Hocker neben dem Tisch nieder. »In ihrem Urin war nichts von all den Mitteln nachzuweisen. Das Medikament, das ihr zuletzt verschrieben wurde, von Ciccotelli übrigens, war Xanax. Gegen Angstzustände und Depressionen. Das hätte ich eigentlich finden müssen. Tatsächlich aber fand ich PCP . In hoher Konzentration.«
Aidan zog die Stirn in Falten. »Sie kann süchtig gewesen sein.«
Sie hievte sich von dem Hocker hoch. »Komm mal
Weitere Kostenlose Bücher