Nie zuvor so geliebt
Erlaubnis einen Tag nach seiner Ankunft bekommen hatten und er am Vortag die Eheringe gekauft hatte.
War sie verrückt geworden? Hatte sie einen allzu großen Schock erlitten? Oder war Chris’
Angebot zu verlockend, um es abzulehnen? Momentan hatte sie keine Ahnung.
„Ach, lass sie in Ruhe, Megan”, sagte Mollie. „Wenn die Braut nicht beunruhigt ist, warum solltest du es dann sein?”
Maribeth lachte beinahe über die Absurdität der Situation. Beunruhigt? Sie hatte furchtbare Angst. Vor ihrer eigenen Entscheidung. Vor ihrer Urteilsfähigkeit oder dem Mangel daran.
Vor der Zukunft. Vor einem Zusammenbruch vor allen Leuten und dem Eingeständnis, dass sie ein Volltrottel war, dass Bobby so wenig an ihr lag und es nicht einmal für nötig gehalten hatte, sich nach seiner Hochzeit mit einer anderen mit ihr in Verbindung zu setzen.
Sie wusste nicht, wie sie die vergangenen drei Tage ohne Chris durchgestanden hätte. Er hatte sehr sachlich auf ihre Zustimmung zur Hochzeit reagiert und sich um die Formalitäten sowie die Eheringe gekümmert. Er hatte sogar gelacht über ihre Mitteilung, dass sie bislang niemandem die Wahrheit verraten hatte.
Bei der Probe hatte er seine Rolle als Ersatzbräutigam so gelassen und selbstverständlich gespielt, dass Bobbys Abwesenheit von allen anderen Anwesenden lediglich mit fragenden Blicken quittiert worden war.
Megan ging zu einem der Klappstühle, die an einer Wand aufgereiht waren, und warf sich hinein. „Ich habe mit Sicherheit graue Haare, bevor dieser Tag vorübergeht.”
„Megan, du zerknautschst dein Kleid”, tadelte Mollie empört. „Ist dir eigentlich klar, dass du dich mehr wie eine nervöse Braut aufführst als Maribeth? Als du und Travis geheiratet habt, hast du nicht so ein Theater gemacht.”
Megan strich sich über das Kleid. „Travis war wenigstens rechtzeitig in der Kirche. Ist dir klar, dass die Kapelle voller Leute ist, die darauf warten, dass es endlich losgeht? Und kümmert es deine Schwester? O nein. Sie summt schon den ganzen Morgen vor sich hin, so als hätte sie keine einzige Sorge auf der Welt.”
Maribeth wandte sich vom Spiegel ab und blickte zu Megan hinüber. „Es wird alles gut.
Bitte, beruhige dich.”
Mollie bückte sich und richtete die Schleppe des Brautkleides. „Nun, wenn niemand sonst etwas sagt, muss ich es wohl tun. Ich finde, du bist eine wunderschöne Braut, Maribeth.”
„Danke. Zumindest brauchte ich kein Brautkleid zu suchen.” Sie blickte erneut in den Spiegel. „Ich bin froh, dass wir alle dasselbe Kleid tragen. Ich weiß noch, wie du es für Megans Hochzeit genäht hast. Ich war so aufgeregt und habe an den Tag gedacht, an dem ich es einmal tragen würde.”
Maribeth war darauf vorbereitet, noch ein paar Stunden lang die Rolle der überschwänglichen Braut zu spielen. In den vergangenen Tagen hatte sie ein bislang unentdecktes schauspielerisches Talent an sich feststellen können.
„Ich glaube, es wird Zeit zu …” Sie verstummte, als jemand an die Tür klopfte.
„Vielleicht ist Bobby da”, sagte Mollie und öffnete eilig.
Travis spähte in den Raum und verkündete: „Ich habe soeben das Signal bekommen. Wir können anfangen. Ihr Frauen verschwindet lieber, damit ich die Braut zum Altar führen kann.”
Megan sprang auf. „Prima. Dann ist Bobby also da”, sagte sie erleichtert und gesellte sich zu Mollie bei der Tür.
„Ich weiß nur, dass Chris und der Pastor das Startzeichen gegeben haben”, entgegnete Travis.
Mollie reichte Maribeth den Brautstrauß und küsste sie auf die Wange. „Auf geht’s. Ich bringe Megan hinaus, bevor sie einen Herzanfall bekommt.”
Travis schmunzelte schweigend, als Maribeth zu ihm trat. Die Orgel verstummte und stimmte dann die Melodie an, die das Signal für Megan und Mollie war, zum Altar zu treten.
Dann erst erkundigte er sich: „Was führst du eigentlich im Schilde?”
Es gelang ihr nicht, seinem forschenden Blick standzuhalten. „Ich weiß gar nicht, was du meinst.”
„Ich meine, dass Bobby nicht da ist und du überhaupt nicht überrascht bist. Ich vermute, dass du schockiert wärst, wenn er plötzlich auftauchte.”
„Sehr unwahrscheinlich”, murmelte sie leise.
„Also, was geht hier vor?”
Sie blickte sich im Foyer um. Es war niemand in der Nähe. Alle Gäste warteten in der Kirche auf ihren Auftritt.
Ach, was soll’s? fragte sie sich. Es war zu spät für einen Rückzieher, also konnte sie ihm zumindest einen Teil der Wahrheit
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