Nie zuvor so geliebt
anvertrauen.
„Ich habe beschlossen, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen.”
Er starrte sie verständnislos an. „Wovon redest du denn da?”
Sie seufzte und suchte nach einer Erklärung, die ihm einleuchtete.
„Ich gehe fort von zu Hause, Travis. Es ist allerhöchste Zeit, meinst du nicht? Du hast einen Job für mich geschaffen, damit ich mich nicht so nutzlos auf der Ranch fühle, aber du brauchst mich in Wirklichkeit nicht.”
„Ist dir all die Hochzeits-Aufregung zu Kopf gestiegen? Ich begreife dich nicht. Was hat deine Arbeit für mich - und ich möchte betonen, dass du ausgezeichnete Arbeit leistest - damit zu tun, dass dein Bräutigam nicht auftaucht?”
„Das ist unser Einsatzzeichen. Wir müssen gehen”, flüsterte sie hastig und zog sich den Schleier vor das Gesicht, der ihre Miene erfolgreich verbarg.
Die Kapelle war klein. Sobald sie das Portal erreichte, sah sie Chris in einem Smoking am Altar stehen und zum Eingang blicken. In diesem Moment hatte Maribeth das Gefühl, ihn zum ersten Mal als Mann zu sehen.
Er war beinahe einen Kopf größer als der Pastor neben ihm, hatte breite Schultern, schmale Hüften und lange, muskulöse Beine.
Sie hatte sein gutes Aussehen stets als gegeben hingenommen. Bis zu diesem Moment.
Seine schwarzen Augen hielten ihren Blick gefangen. Das Licht, das durch die Fenster über ihm fiel, betonte sein dunkles Haar, seine hohen Wangenknochen und sein markantes Kinn.
Er war eigentlich ein Fremder für sie, obwohl sie ihn schon so lange kannte. Denn es gab so vieles, das sie nicht von ihm wusste.
Wie konnte sie nur eine Ehe mit ihm in Betracht ziehen?
In diesem Moment sah sie einen Muskel an seinem Kiefer zucken und erkannte, dass er ebenso nervös war wie sie. Dadurch fühlte sie sich ein wenig besser.
Es mochte verrückt sein, sich auf dieses Wagnis einzulassen, aber sie taten es gemeinsam.
Sie schwor sich im stillen, alles in ihrer Macht zu tun, damit die Beziehung funktionierte. Was Chris auch sagte, er gab sehr viel auf, um ihr durch eine schlechte Phase zu helfen. Sie wollte nicht, dass er seine unge wöhnliche Impulsivität jemals bereute.
Maribeth hielt den Blick auf Chris geheftet, doch sie spürte alle anderen Blicke auf sich ruhen. Zweifellos fragten sich die Anwesenden, ob sie zu kurzsichtig war, um zu sehen, dass der Bräutigam durch Abwesenheit glänzte.
Als sie und Travis beinahe den Altar erreicht hatten, flüsterte sie ihm zu: „Würdest du als Chris’ Trauzeuge einspringen?”
Travis warf ihr einen verblüfften Blick zu. Wie gewöhnlich begriff er sehr rasch. Er drückte ihre Hand und nickte flüchtig. Dann führte er sie zu Chris und dem Pastor und trat zurück.
Kein Laut war zu hören. Alle schienen den Atem anzuhalten und darauf zu warten, dass die Braut hysterisch wurde bei der plötzlichen Erkenntnis, dass Bobby Metcalf nicht erschienen war.
Chris trat vor und nahm ihre Hand.
Maribeth hörte mehrere Leute nach Atem ringen. Gut. Inzwischen brauchten sie bestimmt Luft.
Als der Pastor fragte, wer die Braut dem Bräutigam übergab, erwiderte Travis: „Ihre Schwestern und ich.” So selbstverständlich, als wäre es geprobt, trat er dann zu Chris, statt sich auf den für ihn reservierten Platz zu begeben.
Maribeth hielt unwillkürlich den Atem an, als der Pastor die Anwesenden fragte, ob jemand von ihnen einen berechtigten Einwand gegen diese Eheschließung vorbringen könnte, und darum bat, nun zu sprechen, falls es der Fall sei.
Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Megan, die neben ihr stand. Sie traute es ihr durchaus zu, die Zeremonie zu unterbrechen und eine Erklärung zu verlangen. Doch Megan starrte den Pfarrer an, so als wäre er ein weißes Kaninchen, das Zaubertricks vollführte.
Schweigen war die Antwort auf die rituelle Frage, und Maribeth konnte wieder atmen.
Zum gegebenen Zeitpunkt präsentierte Chris die Eheringe. Sie hatte sie noch nicht gesehen. Sie waren wundervoll - breite, kunstvoll verzierte Goldreife, die im Kerzenschein funkelten.
Sie lächelte Chris an, als er ihr den Ring an den Finger steckte und seinen Schwur ablegte.
Er hielt ihren Blick gefangen, während er ihr die Hand reichte. Mit zitternden Fingern schob sie den Ring an seinen Finger und wiederholte die Trauformel.
Maribeth war sich eines anderen Menschen nie so bewusst gewesen wie in diesem Moment. Sie fühlte sich, als wären mehr als Hände vereint, mehr als Worte gesprochen worden. Irgend etwas war zwischen ihnen erwacht. Ein Gefühl
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