Niedersachsen Mafia
sein
Nitro-Spray gegen Angina pectoris einnahm. Das war eine tödliche Kombination«,
sagte Frauke.
»Es hat seine Berechtigung, dass Viagra verschreibungspflichtig
ist«, stimmte Madsack zu. »Der Arzt kann das Risiko für den Patienten
einschätzen. Aber manche Männer scheuen sich davor, sich dem Arzt
anzuvertrauen. Das ist ein heikles Thema, über Potenz zu sprechen.«
»Schon gar über Potenzschwäche«, ergänzte Frauke. »Deshalb ist Eile
geboten.« Sie sah die drei Männer in der Runde nacheinander an. »Männer sind
eitel. Sie glauben, immer wie ein allseits bereiter Hahn auftreten und über den
Hof stolzieren zu müssen. Wenn das Federkleid einmal ein wenig schlapp
herabhängt, kommt der Bauer, und es geht ab in die Hähnchenbraterei, wenn der
Hahn seinen Dienst nicht mehr verrichten kann. So fühlen sich die Herren der
Schöpfung sicher auch. Wir müssen diesen Leuten das Handwerk legen. Dabei haben
wir nicht nur die gut organisierten kriminellen Strukturen gegen uns, sondern
auch die Kunden. Schließlich sind die begeistert davon, dass sie günstig an das
Potenzmittel herankommen und es auch noch eine überstarke Wirkung zeigt. Man
wird uns vorwerfen, wir würden den Menschen auch das letzte Vergnügen rauben.«
»Sie müssen das ja wissen«, maulte Putensenf. »Das ist ein
merkwürdiges Thema, das wir hier behandeln.«
»Wir hätten es nicht nötig, wenn viele Männer nicht von diesem
unseligen Drang beseelt wären.«
»Das liegt an den Frauen, die das fordern«, hielt Putensenf dagegen.
»Männer sind wie Rosen – erst beglücken sie die Frauen, dann lassen
sie die Köpfe hängen«, lästerte Frauke. »Lassen Sie uns das Ganze an dieser
Stelle abbrechen«, fuhr sie mit Entschiedenheit fort. »Wir müssen die Quelle
finden, aus der diese gefährlichen Fälschungen auf den Markt gelangen. Was
haben wir über Günter Blechschmidt in Erfahrung bringen können?«, wandte sich
Frauke an Thomas Schwarczer.
»Blechschmidt ist vierundsechzig Jahre alt und wohnt in Salzhausen
in der Lüneburger Heide. Blechschmidt ist Rentner und bisher strafrechtlich
nicht in Erscheinung getreten.«
Putensenf klatschte zweimal in die Hände. »Bravo«, sagte er und fuhr
sich mit der Hand über den Kopf. »Ich hätte nicht gedacht, dass Meister Proper
so viele Sätze hintereinander herausbringt.«
»Wenn Sie sich noch einmal so eine Entgleisung erlauben, Putensenf,
hat das disziplinarische Konsequenzen«, fuhr Frauke den Kriminalhauptmeister
an. Immerhin hatte das zur Folge, dass Putensenf sich mit weiteren Kommentaren
zurückhielt, während Schwarczer die Beleidigung ohne jede Regung über sich
ergehen ließ.
»Lassen Sie sich von Herrn Schwarczer die Anschrift geben«, sagte
Frauke zu Putensenf. »Dann werden Sie mich begleiten. Ich möchte mich eingehend
mit diesem Blechschmidt unterhalten.«
»Wir haben noch ein paar weitere Baustellen«, warf Madsack ein, und
ergänzte, als die anderen ihn ansahen: »Simone Bassetti und Bernd Richter – was
soll mit denen geschehen? Wie lange sollen wir die warten lassen?«
»Das hat Zeit«, entschied Frauke. »Lassen Sie die ein wenig
schmoren.«
»Richter hat sich beschwert, dass nichts geschieht.«
»Sagen Sie, wir sammeln weitere Indizien«, sagte Frauke und löste
das Treffen auf.
Um diese Jahreszeit präsentierte sich die Lüneburger Heide in voller
Blüte. Frauke genoss es, sich von Putensenf fahren zu lassen. Auf der Höhe von
Soltau gab es Stellen, wo man von der Autobahn einen Blick auf die typische
Heidelandschaft werfen konnte. Es sah fast unwirklich aus – die blühende Heide,
dazwischen der Säulenwacholder und am Rand die Birken. Zum Idyll fehlte nur
noch eine Herde mit Heidschnucken.
Auf der Autobahn herrschte lebhafter Verkehr, insbesondere die Lkws
schienen die Fahrbahn für sich vereinnahmt zu haben und lieferten sich die
gefürchteten Elefantenrennen. Ein Blick auf die Kennzeichen zeigte, dass neben
den einheimischen Kapitänen der Landstraße auch sehr viele Fahrzeuge aus dem
europäischen Umland vertreten waren.
Sie verließen bei Egestorf die Autobahn und folgten der schmalen,
baumbestandenen Landstraße bis in das verträumte Heidedörfchen Salzhausen.
Günter Blechschmidt wohnte am Ahornbogen. Das Einfamilienhaus
unterschied sich in nichts von den Nachbargebäuden in diesem ruhigen
Wohnviertel, das irgendwann einmal geschlossen angelegt worden war und dessen
Bewohner von den Alteingesessenen als »die Neuen« bezeichnet wurden, überlegte
Frauke,
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