Niedersachsen Mafia
Gäste erst am Folgetag zum Arzt laufen müssen, um sich die
Verschreibung zu besorgen.«
»Sie haben ein paar Packungen auf Vorrat eingelagert? Dann
beschlagnahmen wir die«, sagte Frauke.
Schornheide sackte in sich zusammen, griff unter den Tresen und
legte drei Schachteln Viagra auf den Tisch. Frauke sah, dass es sich um die
gefälschten Verpackungen mit dem Druckfehler handelte.
»Wo haben Sie die her?«
»Ich tue den Gästen nur einen Gefallen«, verteidigte sich der
Portier.
»Ich möchte Ihre Quelle wissen.«
»Ich verdiene nichts daran. Nun, fünf Euro sind für mich als
Provision«, fügte er ungefragt an.
»Woher?«
Schornheide zögerte. Er biss sich nervös auf die Unterlippe, bis er
einen Zettel hinterm Tresen hervorholte und den Beamten überreichte. »Da rufe
ich an.«
Frauke steckte die Medikamente und die Telefonnummer ein. Dann nahm
sie die Personalien des Portiers auf.
»Kommt da noch was?«, fragte er ängstlich.
»Ungeschoren werden Sie nicht davonkommen.« Sie nahm ihm das
Versprechen ab, dass er den Lieferanten nicht über den Besuch der Polizei
informieren und warnen würde.
Im Auto reichte sie Schwarczer die Telefonnummer.
»Rufen Sie dort einmal an. Aber anonym.«
Der Kommissar holte sein Handy hervor, gab etwas ein und wartete auf
den anderen Teilnehmer.
»Wer ist dort bitte?«, fragte er nach einer Weile. Dann steckte er sein
Mobiltelefon wieder in die Tasche.
»Jemand hat sich mit ›Hallo‹ gemeldet und sofort wieder aufgelegt«,
erklärte er.
Frauke folgte der Harz-Heide-Straße bis Breitenhees, bog dort
Richtung Celle ab und fuhr nach Hannover zurück. Sie war sich nicht sicher, ob
sie die Stille im Auto genießen oder sich doch ein wenig über den schweigsamen
neuen Kollegen wundern sollte.
»Kümmern Sie sich um die Verfolgung dieser Spur«, wies sie
Schwarczer an. Der akzeptierte es mit einem Kopfnicken.
Im Landeskriminalamt hatte Frauke noch gar nicht ihr Zimmer
erreicht, als ihr Nathan Madsack entgegenkam und heftig mit einem Blatt Papier
wedelte.
»Gibt es aufregende Neuigkeiten?«, fragte sie im Weitergehen.
»Ich habe Interessantes über den Gemüseimporteur herausgefunden«,
sagte der Hauptkommissar kurzatmig und watschelte hinter Frauke her.
»Führt uns das weiter?« Sie hatten inzwischen ihr Büro erreicht.
»Das kommt auf die Bewertung an«, erklärte Madsack. »Giancarlo Rossi
ist seit sieben Jahren Geschäftsführer. Wir haben keine Anhaltspunkte, dass er
sich vorher in Deutschland aufgehalten hat. Gegen ihn liegt nichts vor. Das
gilt auch für das Unternehmen.«
»Das macht mich stutzig«, sagte Frauke und beschäftigte sich
nebenbei mit dem Hochfahren ihres Rechners.
Madsack schien irritiert zu sein.
»Machen Sie weiter«, erklärte Frauke. »Oder wussten Sie noch nicht,
dass Frauen multitaskingfähig sind? Ich kann mehrere Dinge gleichzeitig
erledigen.«
»Ich verstehe nicht … Was macht Sie stutzig?«
»Dass der Gemüseimporteur eine so saubere Weste hat. Es klingt so,
als würde man sich bemühen, ja nicht aufzufallen.«
»Das kann ich nicht beurteilen. Es wäre doch gut, wenn wir eine
unserer Spuren als falsch abhaken könnten.«
»Sie sagten, Rossi ist Geschäftsführer. Das ist doch eine GmbH? Wer
sind die Gesellschafter?«
»Das ist einer. Der hat den Betrieb vor sieben Jahren von einem
anderen Italiener übernommen. Genau genommen waren es zwei. Brüder. Die haben
mit einem Gemüsestand auf dem Wochenmarkt begonnen und sich langsam
hochgearbeitet. Dann haben sie verkauft.«
»Freiwillig?«
»Woher soll ich das wissen?« Madsack wedelte mit seinen
Aufzeichnungen. »Ich kann mich nur auf Handelsregisterauszüge und unsere
eigenen Daten stützen. Und aus denen geht nichts Nachteiliges hervor.«
»Wer hat das Unternehmen vor sieben Jahren übernommen?«
Madsack sah auf seinen Zettel.
»Mateo Zafferano heißt der Mann.«
»Was wissen wir über den?«
»Nichts. Der ist ein unbeschriebenes Blatt. Er lebt in Italien.«
»Sehen Sie, das ist es, was mich misstrauisch macht. Normalerweise
ist im wachsenden Europa nichts dagegen einzuwenden, dass tüchtige
Geschäftsleute grenzüberschreitend tätig sind.« Frauke zeigte mit einem
Kugelschreiber auf Madsack. »Wer hätte gedacht, dass man mit simplen Schinken
einen solchen Schwindel aufziehen kann wie in unserem ersten Fall? Auch da
steckten Italiener dahinter.«
»Haben Sie etwas gegen Ausländer?«, mischte sich Jakob Putensenf
ein, der unbemerkt im Türrahmen stehen geblieben
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