Niedersachsen Mafia
murmelte die Frau hinterher. »So was
Unhöfliches …«
Die beiden Beamten suchten die Straße und die Nebenstraße nach dem
Alfa ab, aber sie fanden das Fahrzeug nicht. Möglicherweise stand es noch auf
dem Großmarkt.
»Es war einen Versuch wert«, sagte Frauke, und die beiden Polizisten
fuhren zum Landeskriminalamt zurück. »Haben Sie heute Abend etwas vor?«, fragte
sie unterwegs Schwarczer. Der sah sie irritiert an.
»Wenn wir Trapattoni nicht zu Hause erreichen, müssen wir ihn an
seinem Arbeitsplatz aufsuchen.«
»Wann?«, antwortete Schwarczer mit einer Gegenfrage.
»Ich nehme an, in diesem Etablissement beginnt der Betrieb erst zu
fortgeschrittener Stunde. Holen Sie mich um zweiundzwanzig Uhr vor meinem Hotel
ab?« Sie nannte die Adresse.
Schwarczer nickte stumm.
Den Rest des Tages verbrachte Frauke in ihrem Büro, bevor sie sich
ins Hotel begab. Unterwegs hielt sie Ausschau nach Verdächtigen, die sie
beobachten könnten. Sie konnte niemanden entdecken.
Fünf Minuten vor zehn Uhr abends stand Frauke im Foyer des Hotels und
wartete auf ihren Kollegen. Drei offenbar leicht angetrunkene Gäste trafen mit
einer Taxe ein, unterhielten sich lautstark und betraten schließlich den Raum.
»Holla«, sagte einer mit unverkennbar süddeutscher Klangfärbung in
der Stimme, als er Frauke sah, und steuerte auf sie zu. »Wohin, schöne Frau?
Sie wollen doch nicht noch ausgehen.« Er wies auf die Straße. »Nichts los in
Hannover. Kommen Sie, wir machen eine Privatparty. Das ist viel lustiger.«
»Nein!«, sagte Frauke energisch.
»Püppchen, nun zier dich nicht. Ich weiß ja, dass Frauen immer so
tun müssen, als würden sie sich sträuben. Ich sag dir: Hier geht die Post ab.«
In diesem Moment hielt ein knallroter Mercedes CLK 200 vor der Tür, und Schwarczer stieg aus. Er trug
ein weißes Hemd, das weit geöffnet war und den Blick auf sein Brustbein
freigab. Mit der engen Jeans, die deutlich die männlichen Konturen zeigte, und
der Lederjacke sah er eine Spur verrucht aus. Frauke erwischte sich dabei, wie
sie ihn durch die Glasscheibe einen Moment zu lange betrachtete. Dann winkte
sie ihm zu und ging zur Tür.
»Ist das dein Sohn?«, lästerte der Mann, der sie angemacht hatte.
»Was willst du mit dem? Der sieht aus wie ein … wie ein …«, rang er nach
Worten.
»Sei vorsichtig, Ferdinand«, mahnte ihn einer seiner Begleiter, um
sich dann an Frauke zu wenden. »Entschuldigen Sie, sonst ist er nicht so. Der
Alkohol hat seine Zunge gelöst. Und zu Hause warten eine liebe Frau und seine
Kinder auf ihn. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.« Dann packte er
Ferdinand am Arm und zog ihn fort.
Schwarczer musterte Frauke. Sie spürte, wie sein Blick sie förmlich
scannte, und konnte nicht verhehlen, dass ein leichtes Prickeln über ihre Haut
zog. Dann zeigte der Kommissar auf die Beifahrertür.
»Kommen Sie«, sagte er. Waren es verloren gegangene
Höflichkeitsformen oder ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, überlegte Frauke,
dass er ihr nicht den Wagenschlag offen hielt.
»Schönes Auto«, merkte Frauke an, als sie Platz genommen hatte.
»Ist schon über zehn Jahre alt«, erwiderte Schwarczer und fuhr über
den Klagesmarkt und die enge Steintorstraße zu einem Platz namens Am Marstall.
Auf beiden Seiten säumten Wohnhäuser die als Parkplatz genutzte freie Fläche in
der Mitte. Die grelle Neonreklame an den Hauswänden warb für Nonstop-Sexkinos,
Gay-Wäsche, Automatenspielhallen, Imbisse und – Frauke war sehr überrascht –
den Fanclub des türkischen Fußballclubs Trabzonspor.
Schwarczer fand eine Parklücke unter den Bäumen und führte Frauke zu
einer kleinen Seitenstraße, die als Fußgängerzone ausgewiesen war.
»Das ist die Reitwallstraße«, erklärte er und zog die Nase kraus.
»Hannovers St. Pauli.«
Es herrschte mäßiger Betrieb auf der Straße. Ein lebhaftes
Vergnügungsviertel hätte Frauke sich anders vorgestellt. Vieles wirkte ein
wenig schmuddelig.
»Sind Sex und die Befriedigung des Spieltriebs beim Mann untrennbar
miteinander verbunden?«, fragte Frauke mit Blick auf die auch hier vorhandenen
Spielhallen.
Schwarczer lächelte. Er wusste, dass sie keine Antwort erwartete.
Die Leuchtreklame warb für asiatische Girls, zu denen laut Schild im
rot beleuchteten, düsteren Flur Frauen und Jugendliche keinen Zutritt hatten,
für das Eroscenter und die Sexworld bis zum Irrgarten für alles, von dem die
Betreiber vermuteten, dass es »Mann« Freude bereitete.
»Deshalb
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