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Niedersachsen Mafia

Niedersachsen Mafia

Titel: Niedersachsen Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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seinen Leib. Plötzlich
würgte er, sprang auf und rannte aus dem Raum. Dabei fiel sein Stuhl polternd
nach hinten.
    Die Tür zum Nebenraum wurde aufgerissen, und der grauhaarige Polizist
steckte seinen Kopf durch den Türspalt. »Was ist denn hier los?«, fragte er mit
einem drohenden Unterton. Dann hielt er inne, als er und Frauke durch die
geöffneten Türen vernahmen, wie Annenmeyer eine Sturzentleerung des Darms
durchlitt.
    Frauke stand auf. »Ich bin hier fertig«, sagte sie und nickte mit
dem Kopf in Richtung der Nasszellen, aus der jetzt zu vernehmen war, dass
Annenmeyers Übelkeit auch den Magen erfasst hatte, dessen Inhalt sich einen
anderen Weg ins Freie suchte. »Kümmern Sie sich um Ihren Kollegen.« Sie verließ
ohne weitere Erklärung das Polizeikommissariat in der an einem Wochenende so
friedlichen Kleinstadt Wittingen.
    Frauke hatte für die Rückfahrt den Weg über Celle gewählt. Sie war
schon auf Höhe Burgdorf, als sich ihr Handy meldete. Das Display zeigte einen
anonymen Anrufer an. Sie drückte auf den Knopf für die Freisprecheinrichtung
und meldete sich mit »Ja«.
    »Hallo«, vernahm sie eine männliche Stimme. Über Lautsprecher klang
sie ein wenig verzerrt, dennoch erkannte Frauke sie.
    »Woher haben Sie meine Nummer?«
    »Wollen Sie mich nicht zunächst einmal begrüßen und mir erklären,
dass Sie sich über meinen Anruf freuen?«, erwiderte Georg.
    »Gibt es einen Grund dafür?«
    »Ja. Schließlich haben wir einen angenehmen Abend miteinander
verbracht.«
    »Was kann ich für Sie tun?«, antwortete Frauke schnippisch. Sie war
sich selbst nicht sicher, ob sie sich über den Anruf freuen oder ärgern sollte.
Woher kannte Georg ihre Handynummer? Selbst wenn er am Morgen ihre Handtasche
durchgesehen hatte, gab es dort keinen Hinweis auf den Anschluss. Er musste
sich folglich das Gerät näher angesehen und die Funktion »eigene Rufnummer«
aufgerufen haben. Das missfiel ihr.
    »Och«, sagte Georg. »Wenn Sie so direkt fragen … Nehmen Sie meine
Einladung für heute Abend an. Ich möchte mit Ihnen essen gehen. Und bevor Sie
mit einer Ausrede kommen … Sie haben in der letzten Nacht erholsam geschlafen.
Das Argument, Sie bräuchten die Nachtruhe, zählt also nicht.«
    Frauke musste innerlich schmunzeln. »Bei Ihnen zu Hause? Und welche
Droge wollen Sie mir dann verabreichen?«
    »Keine. Und ich möchte Sie auch an einen neutralen Ort führen.«
    »Gut«, entschied Frauke. »Aber den bestimme ich.«
    Georg schien für einen Moment enttäuscht. »Was schlagen Sie vor?«
    »Ich möchte mit Ihnen zu einem Italiener.«
    »Pizza und so?«, fragte er. Es klang ein wenig geringschätzig.
    »Genau. Und zwar in Jeans.« Frauke legte Betonung auf diese Worte,
nachdem sie sich an das Ambiente in Georgs Haus und die üppige Auswahl zum
Frühstück erinnerte.
    »Welchen Verhandlungsspielraum habe ich?«
    »Keinen.«
    Georg seufzte. »Schön. Dann hole sich Sie um halb acht ab.«
    Der Mann wurde ihr immer unheimlicher. Woher kannte er ihre
Anschrift? Sie hatte sich noch nicht umgemeldet, und in ihren Papieren stand
noch die alte Adresse. Sie wollte etwas erwidern, aber Georg hatte schon
aufgelegt.
    Sie hatte Glück und fand einen Parkplatz in der Lister Meile unweit
ihrer Wohnung. Aufmerksam sah sie sich um und suchte nach verdächtigen Leuten.
Die Straße war mäßig frequentiert, aber niemand erregte ihr Misstrauen. Sie
verschloss sorgfältig ihr Fahrzeug und ging langsam zum Hauseingang. Unterwegs
blieb sie vor jedem zweiten Schaufenster stehen, sah sich um und suchte nach
einem Verfolger. Aber sie konnte niemanden entdecken. Alle Passanten schienen harmlos
zu sein.
    Mit großer Anspannung betrat sie das Treppenhaus, stets in der
Erwartung, dass jemand hinter einem Mauervorsprung lauern könnte. Du bist
übersensibilisiert, schalt sie sich selbst. Woher sollte ein Verfolger wissen,
ob und wann sie wieder ihre Wohnung betreten würde? Niemand würde sich so lange
im Treppenhaus aufhalten, schon gar nicht unentdeckt.
    Bevor sie die Wohnungstür aufschloss, entnahm sie ihrer Handtasche
die Waffe und lud sie durch. Das Schloss war durch zwei Umschließungen gesichert,
so wie sie es hinterlassen hatte. Im Flur empfing sie der muffige Geruch, der
immer noch in den Räumen waberte. Obwohl es heller Tag war und genügend
Tageslicht aus den Räumen auf den Flur fiel, knipste sie das Licht an. Die
nackte Glühbirne, die provisorisch an zwei Drähten von der Decke hing, tauchte
den Korridor in ein kaltes Licht.

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