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Niedersachsen Mafia

Niedersachsen Mafia

Titel: Niedersachsen Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Es soll wie eine
Verzweiflungstat aussehen.«
    Der Pfleger nickte verständig. »So würde ich es auch einschätzen.
Der Doktor hat sich auch so geäußert. Es ist merkwürdig, dass das Ganze
geschah, nachdem Richter Besuch von seinem Anwalt bekommen hatte.«
    »Von Dottore Alberto Carretta?« Der Advokat tauchte Frauke viel zu
oft auf.
    »Ich glaube, ja. Wie gesagt – wir sind hier nur die Krankenstation.«
    Der Pfleger hatte keine Bedenken, Frauke zu Bernd Richter zu führen.
Der lag in einem Krankenbett, hatte das Rückenteil hochgestellt und blätterte
sichtbar lustlos in einer Illustrierten. Richters Gesicht war fast genauso weiß
wie die Bettwäsche.
    »Hallo, Richter«, sagte Frauke knapp in scharfer Tonlage, als der
ehemalige Polizist erstaunt aufblickte. »Um es vorweg klarzustellen: Mich
können Sie mit Ihrer Aktion nicht beeindrucken.« Dabei nickte sie in Richtung
der verbundenen Hände. »Ich hätte Sie für intelligenter gehalten. Und die
Leute, die hinter der Organisation stehen, sicher auch. Versager wie Sie laufen
Gefahr, dass irgendwann jemand vorbeikommt und Ihnen richtig den Garaus macht
und nicht so stümperhaft wie bei Ihrem Versuch.«
    Richter öffnete den Mund und schnappte nach Luft. Frauke schien mit
ihrer forschen Art den richtigen Ton getroffen zu haben. Richter war mit
Sicherheit durch die Untersuchungshaft zermürbt. Sein Widerstand war noch nicht
gebrochen, aber er begann zu bröckeln.
    »Es ist merkwürdig, dass Ihr alter Spezi Annenmeyer Sie aufsucht,
nachdem er von Dottore Carretta dazu aufgefordert wurde. Was wollte Annenmeyer?
Was hat er Ihnen ausgerichtet? Musste der brave Familienvater als Bote
herhalten und eine Verbindlichkeit abtragen, die aus dem Kreditgeschäft
resultiert, in das Sie ihn verstrickt haben? Schämen Sie sich gar nicht,
Unschuldige mit einzubeziehen? Nein!« Frauke schüttelte heftig den Kopf. »Sie
begehen sogar einen kaltblütigen Mord an einem jungen Kollegen. Hinterrücks und
feige. So etwas Widerwärtiges habe ich noch nie erlebt.«
    Richter hatte sich aufgerichtet. Er war puterrot angelaufen. Seine
Hände zitterten, als er sich die Ohren zuhielt. »Aufhören!«, rief er. »Sie
sollen aufhören.«
    Frauke brauchte keine Bestätigung, dass ihre Anwürfe ins Schwarze
getroffen hatten. Unbarmherzig fuhr sie fort.
    »Halten Sie mich für dumm? Annenmeyer wurde vorgeschickt, um Ihnen
die Botschaft zu überbringen, dass Sie Dottore Carretta als Anwalt einschalten
sollten. Sie wollen es nicht, weil Sie glauben, wir kommen nicht hinter Ihre
Verbindungen zur Organisation. Irrtum, Richter! Das haben auch die Hintermänner
erkannt. Sie werden langsam labil. Und solche Leute sind gefährlich. Man traut
Ihnen nicht mehr. Jetzt stehen Sie unter Kuratel des Anwalts.«
    Gern hätte Frauke gesagt, dass sie Carretta für den Advokaten der
Organisation hielt, der mit Sicherheit wesentlich mehr wusste, als er je
zugeben würde. Doch so weit durfte sie sich nicht vorwagen. Der Anwalt war
nicht nur erfahren, sondern auch durchtrieben. Er würde ihren Vorstoß mit
juristischen Mitteln erfolgreich vereiteln.
    »Ich habe mit von Wedells Freundin gesprochen. Die beiden jungen
Leute waren gerade dabei, sich ein gemeinsames Leben aufzubauen. Das haben Sie
aus niedrigen Beweggründen zerstört. Sie haben nicht nur ein Leben ausgelöscht.
Können Sie den Eltern ins Gesicht sehen?«
    Richter verbarg sein Gesicht in den Handflächen. »Aufhören!«, schrie
er laut. »Aufhören!« Sein ganzer Körper vibrierte.
    Plötzlich wurde die Tür aufgerissen, und der Pfleger stürmte herein.
Sein Blick wechselte zwischen Frauke und Richter hin und her.
    »Was geht hier vor?«, rief er. Dann schnauzte er sie an. »Das geht
entschieden zu weit. Sie verlassen sofort das Zimmer.« Er streckte seine Hand
Richtung Tür aus.
    Frauke warf Richter einen letzten verächtlichen Blick zu. Dann
verließ sie den Raum. Sie war hochzufrieden, weil Richter durch sein Verhalten
mehr verraten hatte, als sie es jemals erhofft hatte. Es waren nur Vermutungen
gewesen, die sie vorgetragen hatte. Jetzt hatte sie Gewissheit.
    Nachdem sie die Justizvollzugsanstalt verlassen hatte, machte sich
ihr leerer Magen bemerkbar. Sie sah auf die Uhr. Mit ein wenig Glück würde sie
es noch zum Café Kröpcke zum sonntäglichen Frühstücksbüfett schaffen.
    Wenig später saß Frauke an einem Tisch mit einem älteren Ehepaar,
das dem Akzent nach aus dem nördlichen Schleswig-Holstein stammte und unentwegt
mit großer Begeisterung

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