Niedersachsen Mafia
Frauke.
»Natürlich keine. Wenn Sie darauf hinauswollen, dass Sie Herrn
Stupinowitsch, Signore Rossi und noch einen Herrn in meiner Gegenwart in einem
Restaurant getroffen haben, dann können Sie daraus nicht zwangsläufig einen
Zusammenhang konstruieren, selbst wenn die Herren sich kennen sollten.«
Frauke verzichtete darauf, die Verbindung näher zu erläutern.
Dottore Carretta spielte auf die Geschäftsverbindung zwischen den beiden an.
Stupinowitsch kaufte Rossi das aus Italien importierte Gemüse ab.
»Sind die Geschäfte so bedeutsam, dass sich Mateo Zafferano
persönlich nach Hannover bemüht?«
Der Anwalt zeigte sich nicht erstaunt darüber, dass Frauke den Namen
des Inhabers kannte. »Sie sind tüchtig, Frau Dobermann«, sagte er und fügte
kaum hörbar an: »Vielleicht zu tüchtig.«
Es klang wie eine Drohung.
»Verteidigen Sie auch Giancarlo Rossi, den wir uns als Nächstes
vornehmen?«, fragte Frauke.
»Rossi?«, antwortete Carretta mit einer Gegenfrage. »Der führt die
Geschäfte des Gemüseimporteurs. Was liegt gegen den vor?«
Nichts, dachte Frauke. Tatsache war, dass die Arzneimittel über
Stupinowitsch geschmuggelt wurden, der Mann auch hinter dem Bordell stand und
alle Spuren ausschließlich auf den Weißrussen und seine Geschäfte wiesen. Es
gab lediglich zwei Verbindungen zwischen den beiden, Trapattonis Alfa, den sich
Rossi angeblich ausgeliehen hatte, und Necmi Özden, der mit dem Wagen nach
Lüneburg gefahren war, außerdem war der Türke spurlos mit der Tageseinnahme vom
Stöckener Wochenmarkt verschwunden.
»Dann können wir jetzt gehen?«, fragte der Anwalt und stopfte die
Unterlagen in seine abgewetzte Aktenmappe.
»Sie ja. Battaligia bleibt hier.«
»Ich lege Beschwerde ein«, protestierte der Anwalt.
»Gern«, erwiderte Frauke. »Sie kennen die Gepflogenheiten. Bitte in
zweifacher Ausfertigung und beim Ausdruck anderthalbzeilig.«
Nach dem Verhör zog sich Frauke in ihr Büro zurück. Sie war froh,
eine Weile nicht gestört zu werden. Es würde noch viel Arbeit bedeuten, die
Fakten, die sie bisher zusammengetragen hatten, so aufzubereiten, dass sie
gerichtsfest waren.
Schließlich meldete sich Madsack aus Wittingen.
»Annenmeyer hat gestanden, Bernd Richter im Untersuchungsgefängnis
sein Handy überlassen zu haben.«
»Das muss die Aufsicht doch bemerkt haben«, schimpfte Frauke.
»Leider nicht«, antwortete Madsack leise. »Da der Besucher ein
Polizist in Uniform war, hat man ihn nicht durchsucht und die beiden allein
gelassen.«
»Typisch deutsch«, fluchte Frauke. »Vor einer Uniform stehen alle
stramm.«
»Ich habe ein unterschriebenes Protokoll«, ergänzte Madsack. Es
klang, als würde er um ein Lob betteln. Doch Frauke tat ihm nicht den Gefallen.
Sie überlegte, ob sie in die Stadt gehen sollte, um eine Kleinigkeit
zu essen. Nach den unliebsamen Erfahrungen der jüngsten Zeit verzichtete sie
aber darauf.
Frauke suchte Schwarczer in dessen Büro auf. »Kennen Sie
Stupinowitschs Adresse?«
Der Kommissar nickte. »Der hat ein Apartment im Zooviertel, in der
Scharnhorststraße.«
Frauke wiederholte den Straßennamen. »So hieß ein preußischer
General mit Wurzeln im Großraum Hannover. Hoffen wir, dass Stupinowitsch nicht
über dessen strategisches Geschick verfügt. Vielmehr ist zu wünschen, dass der
Name Scharnhorst auf das angeblich unbesiegbare Schlachtschiff gleichen Namens
verweist, das schließlich doch versenkt wurde. Dort, im Zooviertel, ist doch
auch das italienische Restaurant, in dem sich Stupinowitsch mit Don Mateo
getroffen hat?«
»Richtig. Das ist eine Gegend, in der überwiegend gut betuchte Leute
wohnen. Sie ist im Krieg neben den Vororten weitgehend verschont geblieben,
sodass sich zum großen Teil die ursprüngliche Bausubstanz erhalten hat. Die
Nähe zum Zoo und zur Eilenriede sind ein zusätzliches Sahnehäubchen. Es
verwundert nicht, dass Gerhard Schröder dort früher gewohnt hat.«
»Kommen Sie«, forderte Frauke den Kommissar auf. »Das möchte ich mir
ansehen.«
Die Fahrt währte nur wenige Minuten. An der Ecke zur Gellertstraße
residierten eine Anzahl von Anwaltskanzleien sowie das griechische
Generalkonsulat.
Vor dem repräsentativen Haus mit der gewaltigen Magnolie und der
bizarren Krüppelkiefer im Vorgarten bewahrte ein gepflegter Vorgarten Abstand
zum Bürgersteig. Das Gebäude selbst war mit seinen Friesen und kunstvollen
Verzierungen eine wahre Augenweide. Es wirkte gepflegt und freundlich. Die
zahlreichen Details
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