Niedersachsen Mafia
luden direkt zum Betrachten ein.
Frauke war nicht überrascht, dass sich kein Namenshinweis an der
Klingelknopfleiste fand. Mit ein wenig Mühe fanden sie den Hausmeister, der
sich zunächst beharrlich weigerte, ihnen behilflich zu sein.
»Brauchen Sie nicht so ein Papier, so ein Dingsbums?«, zeigte er
sich starrköpfig.
»Wir möchten keine Hausdurchsuchung machen, sondern mit Herrn
Stupinowitsch sprechen«, erklärte Frauke.
»Ja – aber … Wie ist das mit dem Datenschutz? Ich kann doch nicht
jedem erzählen, wer in diesem Haus wohnt. Und wo.«
»Wir sind nicht jeder ,
sondern die Polizei.«
»Auf Ihre Verantwortung«, sagte der Mann und erklärte ihnen, in
welcher Etage Stupinowitsch wohnte.
Es gab keinen Fahrstuhl. Sie nahmen die Treppe mit den Steinstufen
und den dunklen Holzpaneelen an den Wänden.
Zunächst rührte sich nichts in der Wohnung, als sie klingelten. Es
bedurfte mehrerer Anläufe, bis sie schlurfende Schritte hörten und eine tiefe
Bassstimme fragte: »Wer ist da?« Offenbar hatte Stupinowitsch die
Gegensprechanlage benutzt.
Schwarczer antwortete auf Russisch. Es entspann sich ein Dialog
zwischen den beiden Männern durch die geschlossene Wohnungstür, in dessen
Verlauf Schwarczer irgendwann einmal mit der flachen Hand gegen die Türfüllung
aus geriffeltem Glas trommelte.
Dann wurde es wieder ruhig.
»Was ist los?«, ragte Frauke ungeduldig.
»Er sagte, er muss sich etwas überziehen.«
Sie warteten geduldig, bis sie hörten, dass umständlich
aufgeschlossen wurde. Dann erschien Igor Stupinowitsch, in einen seidenen
Morgenmantel gehüllt. Frauke betrachtete den Russen kritisch. Der Mann war
unrasiert, die Haare ungekämmt. Es sah aus, als wäre er gerade dem Bett
entstiegen. Sie fragte sich, was Stupinowitsch in der Zwischenzeit gemacht
hatte. Das Ankleiden hatte mit Sicherheit nicht so lange gedauert.
»Polizei. Wir möchten uns mit Ihnen unterhalten«, sagte Frauke und
zeigte ihren Ausweis.
Der Russe winkte ab. »Geschenkt«, sagte er. »Ich kenne Sie.«
»Woher?«, fragte Frauke misstrauisch.
»Vom Restaurantbesuch. Dort sind wir uns begegnet, als Sie mit einem
Mann unterwegs waren.«
Frauke sah aus den Augenwinkeln, wie Schwarczer sie überrascht
ansah. Auch Stupinowitsch hatte es bemerkt. Er sah offenbar eine Möglichkeit,
Misstrauen zwischen den Beamten zu säen.
»Das war ein eleganter Herr. Wir haben uns gefragt, wie Sie
zusammengehören«, stichelte er.
»Das habe ich mich auch gefragt, als ich Sie, Dottore Carretta,
Rossi und Don Mateo Zafferano sah.«
»Wir sind Geschäftspartner.« Stupinowitsch winkte ab. »Aber das
wissen Sie doch. Wir kaufen italienisches Gemüse.«
»Warum läuft das über Hannover? Sie könnten es direkt aus Italien
beziehen, ohne den Umweg über die Bundesrepublik. Dann würde die Ware auch
nicht vergammeln, nachdem sie hinter der weißrussischen Grenze in Hrodna
eingetroffen ist«, zitierte Frauke die Aussage des Lkw-Fahrers.
Doch Stupinowitsch ignorierte die Spitze. »Die Lieferung über
Hannover ist zuverlässiger.«
»Ihnen gehört der Sexclub in der Reitwallstraße«, stellte Frauke
fest.
Stupinowitsch unternahm gar nicht erst den Versuch, es zu leugnen.
»Kommen Sie mit durch«, forderte er die beiden Beamten auf, nachdem sie bisher
auf dem Flur gestanden hatten. Er führte sie ins Wohnzimmer.
Frauke war erstaunt. Im Raum mit der hohen Stuckdecke, fast vier
Meter hoch, glänzte und funkelte es wie in einem Museum. Schwere Ölschinken mit
vergoldeten Rahmen, kunstvoll eingefasste Ikonen, dunkle Möbel mit geschnitzter
Front und eine Sitzgruppe, die Louis XIV .
gut zu Gesicht gestanden hätte. Alles wirkte barock und schwermütig. Es war
kein einheitlicher Stil zu erkennen, sondern sah eher so aus, als hätte jemand
versucht, sich mit viel Geld eine vermeintlich prunkvolle Umgebung
zusammenzukaufen.
»Setzen Sie sich«, forderte Stupinowitsch die Polizisten auf. Frauke
nahm neben Schwarczer Platz, während sich der Russe ächzend auf eine
Chaiselongue niederließ, die zwar den gleichen gestreiften Samtbezug trug wie
die anderen Sitzmöbel, aber trotzdem nicht harmonierte.
»Die Bar ist kein Sexclub«, versuchte Stupinowitsch klarzustellen.
Immerhin leugnete er nicht, der Eigentümer zu sein.
»Bar?«, sagte Frauke in verächtlichem Ton. »Das ist ein Bordell. Und
zwar ein besonders schäbiges.«
»Das ist Ihre Interpretation.«
»Wir haben bei der Razzia nicht nur illegal hier lebende Frauen
vorgefunden, sondern auch Drogen
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