Niedersachsen Mafia
vermuten. Kommen Sie nicht
ohne Geständnis wieder«, fügte sie noch an. Sie sah dem Hauptkommissar an, dass
er zu gern gewusst hätte, warum ausgerechnet er in die Kleinstadt fahren sollte. Aber Madsack verkniff sich, Frauke zu
fragen.
Als der Hauptkommissar das Büro verlassen hatte, schloss Frauke für
einen Moment die Augen. Welche Rolle spielte Bernd Richter, dass er noch aus
dem Gefängnis heraus Anweisungen gab? Hatte Frauke etwas übersehen? Niemand
hatte bisher an die Möglichkeit gedacht, dass Richter eventuell gar nicht im Auftrag,
sondern aus eigenem Entschluss Lars von Wedell ermordet hatte, weil der junge
Kommissar etwas entdeckt hatte, was Richter hätte gefährlich werden können.
Sie ließ Massimo Trapattoni in den Verhörraum bringen und bat
Schwarczer, ihr ein paar Minuten später zu folgen.
Der Türsteher sah übernächtigt aus. Dunkle Ringe lagen um seine
Augen. Die Haare standen ihm vom Kopf ab. Ein nervöses Zucken umspielte seine
Mundwinkel. Als Frauke den Raum betrat, schien es für einen Moment, als würde
er sich auf sie stürzen wollen. Der Beamte, der Trapattoni hergeführt hatte,
machte einen Schritt auf den Italiener zu. Dann begann der Türsteher auf
Italienisch zu schimpfen. Frauke verstand es nicht, aber auch ohne Kenntnis der
Sprache war deutlich zu vernehmen, dass es eine Mischung aus Beschimpfungen und
Drohungen war. Das wurde durch die lebhafte Gestik des Mannes unterstrichen. Er
entwickelte eine ungeahnte Lebhaftigkeit und bewegte seine Hände wie ein
Gebärdendolmetscher.
»Genug mit Ihrer Theatralik«, versuchte ihn Frauke zu bremsen.
»Theatralik?«, schrie Trapattoni und machte erneut einen schnellen
Schritt auf Frauke zu. In diesem Moment öffnete sich die Tür, und Schwarczer
trat ein. Der Italiener hielt mitten in der Bewegung inne und starrte auf den
Kommissar. Das hatte Frauke bezweckt. Sie wollte Trapattoni ein wenig Furcht
einjagen, der Türsteher sollte sich an die erste Begegnung mit Schwarczer
erinnern, die für den Italiener ein schmerzhaftes Ende gefunden hatte. Zum
anderen wollte sie wissen, wie die Erscheinung Schwarczers auf ein aggressiv
auftretendes Gegenüber wirkte. Es beruhigte sie, dass der Kommissar
offensichtlich Eindruck machte.
»Warum haben Sie Friedrich Rabenstein vom Motorrad aus mit einem
Gewehr erschossen?«
»Sind Sie komplett bescheuert?«
Frauke klopfte eine Weile mit dem Druckknopf ihres Kugelschreibers
auf der Tischplatte herum. Das »Klack-klack« schien Trapattonis Nervosität noch
zu steigern.
»Lassen Sie das!«, schrie er und hielt sich mit beiden Händen die
Ohren zu.
Frauke griff in ihre Handtasche und holte eine Packung Kaugummi
heraus. Sie legte sie vor sich auf den Tisch und sah, wie Trapattoni davon
abgelenkt wurde. Wie festgenagelt ruhte sein Blick auf dem Kaugummi. Frauke
ließ ihn eine Weile zappeln, bis sie schließlich mit den Fingern schnippte und
das Päckchen über den Tisch schob.
Froh über diese Ablenkung riss Trapattoni das Paket auf, wickelte
zwei Streifen aus dem Stanniolpapier und schob sie sich in den Mund. Nervös
zerknüllte er das Papier. Frauke ließ ihn gewähren. Als er sich beruhigt hatte,
lächelte sie ihn an. Sofort war die Aggressivität wieder da.
»Eh, was soll das?«, rief Trapattoni.
»Wir haben ausgespienes Kaugummi gefunden. In der Lister Meile.
Genau an dem Fleck, an dem das Motorrad gewartet hat, bis das Signal kam, dass
ich im Eingang meines Wohnhauses stand und mich mit dem alten Mann unterhielt.
Das war ein unverhoffter Zufall. So wurde der Plan kurzfristig geändert, und
Sie haben Friedrich Rabenstein erschossen.«
Sofort verfiel Trapattoni wieder in seine Muttersprache und ließ
einen ganzen Stapel von Verwünschungen über Frauke hereinbrechen.
»Wir haben die Moto Guzzi sichergestellt. Und auf der haben wir Ihre
Fingerabdrücke gefunden. Was glauben Sie, wie begeistert Ihr oberster Chef Igor
Stupinowitsch sein wird, wenn wir nachweisen können, dass mit seinem Motorrad
der Mord vergeübt wurde. Eine Tat, die Stupinowitsch nicht angeordnet hat. Aber
das ist nicht alles. Wir werden mittels des genetischen Fingerabdrucks auch
nachweisen, dass Sie das Kaugummi ausgespuckt haben. Außerdem hat Agnezia
Boronin gestanden, dass sie Ihnen ein falsches Alibi geliefert hat. Sie waren
am Tattag miteinander intim, aber nicht so lange, wie Sie uns zunächst
vormachen wollten. In Ihrem Alfa, Signore Trapattoni, ist Necmi Özden nach
Lüneburg gefahren und hat die gefälschten Medikamente
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