Niederschlag - ein Wyatt-Roman
hämmern und er sagte dem Buschbanditen Adieu. Es war eine Sekundensache und in derselben Sekunde umriss er klar Ziele und Grenzen seines zukünftigen Lebens. Erstens: Er würde sich nicht mehr mit Kleinkram abgeben. Nie wieder Provinzstädte mit ihren bescheidenen Banken. Zweitens: Er brauchte ein groÃes Ding, das ihm seinen Anteil am Eliza-Dean-Projekt sicherte. Drittens: Er brauchte einen fähigen Komplizen.
Diesmal traf er Chaffey auf einer Parkbank nahe dem Royal Exhibition Building. Der Anbau aus Spiegelglas warf scharfe, irreale Spiegelungen der Haupthalle und der Gärten zurück und auch die Abbilder der umherschlendernden Liebespaare waren nur mehr verzerrte, verbogene Konterfeis aus einem Spiegelkabinett.
»Ich mach beides«, sagte Raymond. »Ich hole deinen Knacki aus der Untersuchungshaft und klaue die Gemäldesammlung.«
Der fette Anwalt warf mit einem Kieselstein nach einer Taube. »Freut mich zu hören, Junge. Steer wird bald seinen Prozess bekommen, also muss er in den nächsten paar Tagen abhauen.«
»Fünfzehntausend hast du gesagt? Nicht gerade üppig, wenn man das Risiko bedenkt, das die Sache mit sich bringt.«
»Mach es oder lass es bleiben, Junge. Das ist kein billiges Unternehmen. Deine Rolle ist nur ein Teil davon. Da wären noch seine neue Identität, ein sicherer Weg, um das Land verlassen zu können, die Knete, damit er über die Runden kommt, bis er Fuà gefasst hat. Hinzu kommt, was du und seine Freundin an Sachen für notwendig haltet. Plus einer neuen Identität für sie und einem Ticket nach drauÃen.«
»In Ordnung, in Ordnung, habâs begriffen, ich mach es für die fünfzehn Riesen. Du hast gesagt im Voraus, oder?«
»Im Voraus, aber nur bei diesem Job.«
Es bedeutete einen kleinen Abstieg in Raymonds Karriere und er schämte sich dafür. Das war nicht die Art von Coup, die Wyatt klarmachen würde.
»Diese Gemälde«, sagte er.
»Da wirdâs ebenfalls langsam eng. Wir reden nicht von diesem Wochenende, sondern vom nächsten. Zwei Tage, wenn die Sammlung abgehängt und eingelagert und die Alarmanlage wegen der Renovierung abgeschaltet ist.« Chaffey drehte seinen dicken Schädel, um einem Mädchen hinterherzusehen, das gerade vorbeiging. »Wie ich gesagt habe, ein Job für zwei. Hast du jemanden gefunden?«
»Mein Onkel käme infrage.«
Chaffey schwieg. Dann warf er einen weiteren Kieselstein. »Hab diese Woche etwas über ihn gehört, was nicht gerade Vertrauen weckt.«
»Und das wäre?«
»Er wollte ein paar Juwelen an eine Versicherung verscherbeln und wäre den Bullen dabei fast in die Arme gelaufen.«
Raymond fühlte sich hin- und hergerissen. Er konnte sich vorstellen, wie sein Onkel tickte, doch weshalb hatte er ihm nicht von dem geplatzten Deal erzählt und sich mit ihm darüber amüsiert? Immerhin waren sie doch Verwandte.
Und ... hatte Wyatt die Juwelen noch?
»Aber er wurde nicht erwischt.«
»Wohl wahr«, sagte Chaffey.
»Und er hat schon mal Gemälde gestohlen«, sagte Raymond. »Dieser Kunstkram ist nun mal nicht mein Ding.«
Vor seinem geistigen Auge tauchte sein Apartment auf. Zusammen mit den Möbeln hatte er auch ein halbes Dutzend Drucke gemietet.
»Sieh zu, dass du ein Treffen mit ihm arrangieren kannst«, sagte Chaffey.
Muss ihn erst mal finden, dachte Raymond. Er räusperte sich und sagte: »Was den Ausbruch betrifft â «
»Ja?«
»Das bleibt unter uns. Mein Onkel muss davon nichts erfahren.«
Chaffey schwang seinen dicken Schädel herum. Raymond spürte die Kraft des durchdringenden Blickes. Männer wie Chaffey kamen jeden Tag mit Korruption in Berührung. Das korrumpierte sie und machte auch vor ihren Einsichten nicht Halt.
»Du meinst, er würde das nicht begrüÃen«, sagte Chaffey schlieÃlich und nur zu gern hätte Raymond ihn dafür erwürgt.
FÃNFZEHN
Chaffey telefonierte herum, bat um einige Gefallen, machte Versprechungen, und als man Steer schlieÃlich ins Untersuchungsgefängnis in Sunshine verlegt hatte, fuhr Chaffey mit dem Taxi dorthin. Das Gefängnis wurde privat geführt und versuchte, sich selbst vorzumachen, dass eine Menge heller, frischer Farbe, natürliches Licht und eine Lage inmitten anderer öffentlicher Gebäude ausreichte, um auf der Höhe moderner Inhaftierungspraxis zu
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