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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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St Kilda Road zu stehlen. Nach seiner Version hatte ein reicher Mann die Sache aus Rachsucht finanziert. Das Gemälde war für Europa bestimmt gewesen. Wyatt hatte das Gemälde — getarnt als Druck aus dem Museumsshop — herausgeholt, doch anschließend war das Vorhaben gescheitert und das Gemälde in das Museum zurückgekehrt.
    Â»Genau so könnten wir vorgehen«, schlug Raymond vor.
    Wyatt wollte, dass sein Neffe die Sache durchdachte. »Diesmal geht es aber um fünfzehn Gemälde, manche davon so groß wie ein Küchentisch. Dafür brauchen wir einen Transporter, egal ob wir die Nacht im Gebäude verbringen oder nicht.«
    Verstimmt brütete Raymond eine Weile vor sich hin. »Spricht irgendwas dafür, dass die Bilder unbedingt in ihren Rahmen bleiben müssen?«
    Â»Du bist auf dem richtigen Weg.«
    Â»Wir rollen sie zusammen und stecken sie irgendwo hinein.«
    Â»Ja.«
    Â»Installateure und Elektriker laufen oft mit PVC-Rohren durch die Gegend.«
    Â»Du hast es erfasst«, sagte Wyatt.
    Raymond warf den Möwen eine Stück Sandwich zu. »Was soll eigentlich der ganze Zirkus? Wenn du schon weißt, was du willst, warum sagst du’s mir nicht und ich mach’s dann?«
    Â»Weil ich dir gar nichts sage. Du kommst ganz von selbst auf die Antworten.«
    Â»Bin ich ein Kind? Sind wir hier in der Schule? Du bist ’n Arsch.«
    Wyatt blickte in die andere Richtung. Ihm war bewusst geworden, wie jung Raymond noch war. Mit seinen Fragen wollte er selbstständiges Denken provozieren. Wyatts Wunsch war es, dass Raymond Probleme erkannte und Lösungen entwickelte, hinterfragte und nachsann. In Wyatts Welt hieß gute Arbeit gründliches Nachdenken, lückenlose Wahrnehmung und richtiges Handeln.
    Und er konnte nicht leugnen, dass Raymond ihn richtiggehend aus der Fassung gebracht hatte. Diese Kassette mit Fotografien, Briefen und Zeitungsausschnitten — unprofessionell und auf seltsame Weise menschlich und gewöhnlich. Das war eine Seite der menschlichen Natur, die Wyatt nicht begreifen konnte. Aber der wirkliche Schlag ins Kontor, das war Steer. Steer war ein Problem, und weil er Steer bei der Flucht geholfen hatte, war auch Raymond eins. Selbst als er jetzt das Rein und Raus der Handwerker verfolgte, fragte sich Wyatt, ob die Polizei einen konkreten Verdacht habe, wer hinter Steers Ausbruch stecke. War dieser Job erst mal erledigt, würde er alle Brücken zu dem Jungen hinter sich abbrechen.
    Er beobachtete die Enten im Schilf rund um den Teich, beobachtete die Studenten und beobachtete eine Taube, die sich auf dem Stromkabel des Baugeländes niederließ. »Okay, wann würdest du loslegen?«
    Â»In der Nacht zu Sonntag.«
    Â»Weshalb?«
    Â»Dann sind nicht viele Leute da.«
    Â»Und?«
    Â»Der Raub würde nicht vor Montagmorgen entdeckt werden.«
    Â»Richtig. Obwohl wir auch am Freitagabend reingehen könnten.«
    Â»Würde ich nicht tun.«
    Â»Warum nicht?«
    Raymond zeigte auf die Handwerker. »Diese Typen werden Samstagmorgen arbeiten.«
    Wyatt nickte. »Andererseits werden wohl kaum Studenten oder Angestellte am Sonnabend auftauchen, nicht, wenn sie den ganzen Tag Bohren, Hämmern und Transistorradios ertragen müssen, und das heißt, niemand wird da sein, dem das Verschwinden der Bilder auffallen könnte. Unwahrscheinlich, dass die Handwerker es bemerken oder sich überhaupt darum kümmern.«
    Â»Und es gibt keinen Grund, vor Montag in den Lagerraum der Bibliothek zu gehen.«
    Â»Genau.«
    Â»Dann also Freitag. Bleibt nur noch die Frage, wie und wann wir die Bilder rausholen.« Raymond zuckte mit den Achseln. »Immerhin müssen wir uns keine Gedanken über Alarmanlagen und Kameras machen.«
    Â»Aber Gedanken über die Nachtwächter.«
    Â»Tarnung«, murmelte Raymond. »Wir verstecken die Bilder in Versandröhren aus PVC und verkleiden uns.«
    Â»Ja.«
    Sie verfielen in Schweigen. Schließlich sagte Raymond. »Wir müssen so aussehen, als gehörten wir dorthin.«
    Â»Na klar.«
    Schweigen.
    Â»Putzkolonne?«, schlug Raymond vor.
    Wyatt schüttelte den Kopf. »Nicht in einem Gebäude, das noch renoviert wird.«
    Wyatts Neffe war mit einem Mal verärgert. »Das hätte Chaffey alles bedenken müssen.«
    Wyatt ahnte, dass diese Verärgerung weniger mit Chaffeys unzulänglichen Informationen als

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