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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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verdrängte jetzt seine mürrische Miene. »Was soll’s«, sagte er spöttisch, »so macht’s doch viel mehr Spaß.«
    Am Nachmittag reparierten sie das Zündschloss und fuhren den Transporter zu einer Werkstatt in Richmond, um ihn grün umspritzen zu lassen — Kostenpunkt: 999 Dollar, finanziert mit Wyatts schwindenden Reserven. Am Donnerstag sprayten sie mit Hilfe einer Schablone den Schriftzug »Asbest-Sanierungsdienst« auf die Seitenwände und beluden den Laderaum mit leeren Kisten, einer Trittleiter und Versandrohren unterschiedlichster Länge.
    Am Freitagnachmittag um vier Uhr ging es los. Sie trugen Overalls und Wyatt hatte zudem ein Klemmbrett und einen Aktenkoffer aus Aluminium dabei. Als gehörten sie genau dorthin, stellten sie den Wagen auf dem umzäunten Terrain des Materiallagers ab, stiegen aus und erkundigten sich nach dem Vorarbeiter.
    Â»Das bin ich.«
    Er war groß, schlaksig und sein Gesicht übersät mit erweiterten Äderchen. Freitag, vier Uhr. Wyatt hätte wetten können, dass der Mann nur noch Feierabend machen und die nächste Kneipe ansteuern wollte.
    Â»Die EPA schickt uns«, erklärte Wyatt und zeigte sein Klemmbrett.
    Der Vorarbeiter blickte verschreckt auf den Transporter. »Wusste gar nicht, dass wir hier mit Asbest zu tun haben. Die Schweinehunde haben uns nichts davon gesagt.«
    Â»Vielleicht ist es ja nicht an dem. Es handelt sich um reine Routine, mehr nicht.«
    Â»Ich meine, Scheiße, sind Sie mal drin gewesen? Meine Leute haben tagelang Staub eingeatmet.«
    Â»Staub ist nicht gleich Staub«, erwiderte Wyatt.
    Der Vorarbeiter blickte auf seine Armbanduhr. »Kurz vor Feierabend. Bin in zehn Minuten weg. Ich schließ noch ab und verschwinde.«
    Â»Verstehe.«
    Â»Also können Sie Ihren Wagen hier nicht parken. Ich schließe ab.«
    Â»Das geht schon in Ordnung«, sagte Raymond. »Wir lassen ihn über Nacht hier und fahren mit dem Bus nach Hause.«
    Â»Seine Frau«, erklärte Wyatt. »Sie will nicht, dass der Wagen vor dem Haus steht. Meine auch nicht. Kann man ja nachvollziehen.«
    Der Vorarbeiter fuhr sich über die trockenen Lippen. »Machen Sie, was Sie wollen. Ist mir gleich.«
    Â»Der Wagen ist sauber«, sagte Wyatt. »Keine Kontamination. Es ist die Vorstellung, die die Leute ängstigt.«
    Â»Das können Sie laut sagen.«
    Inzwischen strömten jede Menge Handwerker aus dem Gebäude. Der Vorarbeiter ließ Wyatt und Raymond stehen und in dem Tohuwabohu aus Männern, die sich lauthals unterhielten, ihre Overalls abstreiften, Pinsel säuberten und Kabel aufrollten, luden sich die beiden die Versandröhren auf die Arme und betraten das Gebäude.
    Nach den Grundrissen, die Chaffey ihnen besorgt hatte, lag die Bibliothek im ersten Stock. Sie gingen die Treppe hoch, pfiffen vor sich hin, bereit, sich über Fußball zu unterhalten, sollte ihnen jemand begegnen, und fanden den ersten Stock still und verlassen vor, angefüllt mit dem Geruch nach Farbe, Mörtel und Dichtungsmittel. Sie zogen Latexhandschuhe über und machten sich auf den Weg in den dämmrigen Flur. Wyatt zählte die Türen.
    Â»Diese hier.«
    Er rüttelte an der Klinke. Die Tür war verschlossen. Er holte ein Pick-Set aus einer Tasche seines Overall und beugte sich über das Schloss. Während er den Spanner schräg hielt, stocherte er mit dem Haken und setzte die Stifte. Als es geschafft war, atmete er aus, richtete sich auf und stieß die Tür auf.
    Sie gingen hinein und schlossen die Tür hinter sich. Es war eng und behaglich in der Bibliothek. Der Teppich war dick, die Regale waren voll gestopft mit Fachbüchern, Folianten, Diplomarbeiten, Dissertationen. Einige kleine Schreibtische, ein Tisch und Stühle, ein Sofa. »Hier gibt es sogar eine Möglichkeit zum Schlafen«, murmelte Wyatt.
    Â»Zusammen?«
    Â»Einer schläft, der andere hält Wache.«
    Â»Mach dich locker, war nur Spaß.«
    Hier war es heller als im Flur. Eine breite Fensterfront ließ das Licht der tiefer stehenden Sonne herein.
    Wyatt ging durch den Raum, hinüber zu einer Tür zwischen zwei Bücherregalen an der hinteren Wand. Hinter sich vernahm er ein Rascheln und Schaben und ließ sich sofort auf den Boden herunter.
    Â»Lass das.«
    Raymond war gerade dabei, die Vorhänge zuzuziehen. »Man kann uns sehen.«
    Â»Man kann von

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